Text und Fotos Friedrich Klawiter |
CIRCUS HELVETIA Sugiez-Nant, 04. April 2009 www.cirque-helvetia.ch |
Einer der kleinsten Circusse im Land der Eidgenossen ist Helvetia. Seit rund dreißig Jahren betreibt Daniel Maillard diesen Circus mit seiner Familie. Der Direktor zeichnet für Kasse und administrative Aufgaben verantwortlich, während seine Frau und beide Söhne einen Großteil des Programms mit erstklassigen Darbietungen gestalten. Man bereist ausschließlich einen Teil der französischsprachigen Westschweiz. Gereist wird mit einem kleinen Zweimaster, den nur wenige Materialwagen sowie die Wohnwagen der Familie und der engagierten Artisten umstehen. Gegenüber dem Vorjahr wurde einiges an Material erneuert, darunter am augenfälligsten die komplette Lichtanlage. Sie besteht nun ausschließlich aus LED-Scheinwerfern, die die Farbe ihres Lichtes wechseln können. Einige Scanner ergänzen dieses moderne Arrangement. Poetisch verträumt startet das diesjährige Programm. Natalia zaubert mit ihren Seifenblasen schnell vergängliche Kunstwerke in die Manege. Gleich im Anschluss wird es robuster, wenn die russischen Clowns Serge & Léo zum ersten Mal erscheinen. Ihre erste Reprise, in der sich alles um Wasser im Zylinder des Partners dreht, zeigt deutliche Parallelen zu Jigalov. Einige weitere Male sind sie mit nun eigenständigen Auftritten präsent. Die umfangreichste Reprise sieht sie als mehr oder weniger verhinderte Zauberer. Direktorin Brigitte Maillard gestaltet im Zusammenspiel mit dem Schweizer Artisten Mehdi Rieben zwei Darbietungen. Zunächst zeigen die beiden eine Partnerakrobatik zu Tangoklängen. Vielfältige Handstand – und Kautschuktricks folgen einander. Auflockerung, Show- und Unterhaltungswert erhält dieser sehr umfangreiche Auftritt durch seine Präsentation als Tangotanz und die diversen Hebungen. Später folgt ihre Kür am Ringtrapez und Strapatentüchern. Beide Artisten fungieren wechselweise als Porteure und zeigen ein ungeheuer reichhaltiges und effektvoll verkauftes Repertoire an Tricks der Luftakrobatik. Die einzige Dressurnummer in diesem interessanten Programm, dass weitaus mehr zu bieten hat als man in Circussen dieser Größe normalerweise erwarten kann, wird von Brigitte Maillard präsentiert. Die beiden Schweine 'Einstein' und 'Mozart' wuseln unter ihrer Anleitung durch die Manege. Hopser über Hürden, Lauf durch eine Tonne und über eine Wippe gehören zu der kurzen Trickfolge. Nicht ganz so klar ist dabei, wer wen in dieser Trickfolge vorführt. Ein junger Mann namens Philippe jongliert virtuos mit Diabolos. Sehr sicher beherrscht er seine Requisiten und wartet mit den üblichen Figuren auf. Auch zwei leuchtendes Diabolos werden im abgedunkelten Zelt auf ihre Umlaufbahn geschickt. Sein Äußeres, die Gestaltung des Kostüms ist für einen Circusartisten eher ungewöhnlich. Auch sein Präsentationsstil lässt eher vermuten, dass er ansonsten als Straßenkünstler arbeitet. Die beiden Junioren des Hauses, Julien und David, sind mit mehreren erstklassigen Nummern zu sehen. Als 'Les Strip Boys' sind sie zunächst in einer Keulenjonglage zu sehen. Wie der Name schon andeutet wechseln sie in deren Verlauf komplett ihre Kleidung. Julien zeigt in seinem ersten Soloauftritt weite und kraftvolle Flüge an den Strapaten. Sein zweites Solo zeigt ihn in modernem Outfit als Jongleur. Keulen, Bällen und Ringe sind die Requisiten mit denen er geschickt und virtuos umzugehen versteht. Sein jüngerer Bruder David zeigt in dieser Saison nur seine ungeheuer kraftvolle Akrobatik am chinesischen Mast. Alle bekannten Tricks werden von dem jungen Mann elegant und in flotter Folge geboten. Seine sehr sehenswerte Einradshow, er ist in verschiedenen Disziplinen Weltmeister bzw. WM-Vierter, pausiert in dieser Spielzeit. Aus der Ukraine kommt die Familie Tsytko mit ihrer Antipoden- und Ikariershow und lernt nach einer Saison bei Harlekin, der hauptsächlich im Kanton Bern reist, nun die Westschweiz kennen. Als raumfüllende und artistisch anspruchsvolle Darbietung sind sie folgerichtig Finalnummer. Der Junior, seit dem letzten Jahr ist er der 'Obermann', hat sichtlich an Routine, Sicherheit und Kraft gewonnen. Perfekt, wie zu Zeiten des sowjetischen Staatscircus, präsentieren Vater und Sohn ihre Tricks. Das Aufrichten der Akimoto-Leiter beansprucht beinahe die komplette männliche Artistenriege des Circus, erfordert viel Feingefühl und Geschick, da das Chapiteau enge Grenzen setzt. An die Spitze der Leiter wurde eine Art Trinka gebaut. Die Fußjonglage im Handstand auf der Leiter ist unter dieser Kuppel einfach nicht möglich und so hat man den Trick einfach variiert. Ein anspruchsvolles Programm eines kleinen Circus mündet in ein ansprechend gestaltetes Finale. Ein paar Zugaben, dann stellt Direktor Daniel Maillard die Mitwirkenden vor und verabschiedet sich bis zum kommenden Jahr. Ein überwältigender Schlussapplaus und dann erst verlassen die begeisterten Zuschauer den Circus, der als Kleincircus entgegen der bei uns landläufigen Praxis seine Programmqualität nicht ausschließlich an den kleinen Besuchern ausrichtet. |