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Text und Fotos Friedrich Klawiter
HÖHNER ROCK AND ROLL CIRCUS
Köln, 18. Mai 2023

https://hoehner.com/hoehner-rock-and-roll-circus/
Die kölsche Kultband „Die Höhner“ feiern in diesem Jahr in 50-jähriges Bandjubiläum und zugleich 20 Jahre „Die Höhner im Circus“. So war es naheliegend, das große Jubiläums Spektakel in der Heimatstadt, in Köln zu präsentieren.
Die großen gelb-blauen Zeltanlagen, die man vom Circus Maximus von Roman Zinnecker angemietet hatte, waren auf dem Messeparkplatz an der Zoobrücke aufgebaut. Chapiteau, Vorzelt, Kassenwagen und die dekorative Front boten den passenden Rahmen für das Event. Einige der gepflegten Circuswagen der Familie Zinnecker und etliche Container – Garderoben, Sanitärbereich und Unterkünfte der Crew – komplettierten den Außenbereich.
Der circensische Bereich der Veranstaltung obliegt der Grandezza Entertainment von Thomas Schütte und für den reibungslosen Ablauf vor Ort sind Sandor Donnert und Marco Biasini zuständig.
Gino Edwards betreibt die Circusrestauration und kann mit seinem Angebot alle Geschmäcker zufriedenstellen. Neben Bierbank-Sitzgruppen und Fotowänden – für jedes Bandmitglied eine – findet sich auch das „Höhner Kino“ hier wieder. Einige Reihen Kinosessel sind vor einer Leinwand angeordnet und auf dieser flimmern in Dauerschleife Filmsequenzen aus fünfzig Jahren Höhner-Band.

Die diesjährige Show, erneut unter dem Titel „Vivace“, wurde wiederum von Regisseur Thomas Bruchhäuser gestaltet. Die der Show zu Grunde liegende Idee beruht darauf, das man die Werte, die die Band vertritt den einzelnen Acts zuordnet und durch diese darstellen lässt. So wird vor jeder Nummer von einem Bandmitglied über einen Wert – z.B. Bodenständigkeit, Mut, Bescheidenheit, Lebensfreude, Liebe usw. - referiert, was jeweils den Schwung bremst. Insgesamt wirkt die Story, die die Circus-Acts moralisierend überlagert, aufgesetzt. Warum einfache Unterhaltung aus Circusnummern und Kölschrock nicht einfach nur, ohne bedeutungsschwangeren Überbau, unterhalten darf erschließt sich uns nicht. Dies tut der Stimmung beim weitaus größten Teil des Publikums, das augenscheinlich nur wegen der Band anwesend ist, keinen Abbruch.
Noch während des Einlasses streift Olivier Taquin, im Habitus seines Gehilfen, durch die Menge und schleppt sich mit dem Oberkörper einer lebensgroßen Puppe im Aussehen seiner Bühnenfigur ab.
Georg Leiste drängt sich in die Sitzreihen und wird mit der Frage „Haben Sie eine Eintrittskarte“ konfrontiert. Sein verneinen führt schließlich zu seiner Verpflichtung als Requisiteur.
Mit dem traditionellen Eröffnungs-Song „Herzlich willkommen zu unserer Show liebe Leute“, den nun der neue Höhner Frontmann Patrick Lück performt, und einem kurzen Charivari der Artisten beginnt das bunte Spiel.
Papierreißer Mr. Lo, kein Unbekannter auf dieser Bühne, präsentiert als erster sein Können und lässt aus buntem Papier einige Figuren und Muster entstehen.
Eine erste eindrucksvolle Luft-Darbietung arbeitet Sveat Rasshivkin an den Strapaten. Die umfassende Abfolge anspruchsvoller und attraktiver Tricks des Genres wird in erstklassiger Weise ausgeführt. Ein freihändiger Spagat ist der Höhepunkt seiner Evolutionen.
Wenig später sehen wir seine Mutter Yulia mit sehr großer Manegenpräsenz ihre Hula Hoop Darbietung performen.
Seit vielen Jahren begeistert das Trio Bokafi mit seiner famosen Schleuderbrett-Darbietung. Im wieder hat sich die Zusammensetzung des Trios von Gabor Boros hat sich immer wieder verändert, doch die Trickstärke blieb über die Jahre unverändert hoch.

In der Jubiläums Show waren auch einige ehemalige Band Mitglieder als Special Guest zu erleben. Der ehemalige Schlagzeuger der Band, Janus Fröhlich performte, mit Unterstützung von Georg Leiste den Song „Willi Wichtig“.
Hennig Krautmacher, siebenundzwanzig Jahre lang Kopf und Gesicht der „Höhner“ lässt es sich nicht nehmen noch einmal, rund ein halbes Jahr nach seinem – aus familiären Gründen vorgezogenen - Abschied, die beiden Jubiläen auf der Bühne mit zu feiern und versucht sich an Mentalmagie. Als entrückter Guru – er nennt es „paranormal“ - einen Stein und ein Stange Lauch in Händen haltend, fragt er im Publikum drei Informationen ab und zum Erstaunen aller finden sich die gegebenen Antworten korrekt an einer zuvor hoch über der Manege aufgehängten Tafel angeschrieben wieder. Paranormal.
Ein weiteres Mal sehen wir Henning Krautmacher mit seiner „Freundin Georgette“, alias Georg Leiste, bei dessen fulminantem Auftritt auf dem Seil. Als dicke Dame, in einem Gummi-Ganzkörper-Kostüm steckend, steigt der Komiker aufs Seil, das zu beiden Seiten nur von je vier Zuschauern auf den Schultern gehalten wird.
Von den aktuellen Musikern wagt sich Jens Streifling, mit seinem Saxophon ins Todesrad und Drummer Heiko Braun geht – mittels Longe gesichert und mit den Händen auf den Schultern eines Seilläufers gar mit aufs Hochseil.
Den umfangreichsten und anspruchsvollsten Part hat Frontmann Patrick Lück als Assistent in der Automatenmenschen Darbietung von Olivier Taquin. Er hat alle Hände voll zu tun, das Treiben des „Automaten“ in geordnete Bahnen zu lenken.

Eine hervorragende Arbeit am Chinesischen Mast bietet das Duo Acero. Eine große Anzahl anspruchsvollster Tricks wird in erstklassiger Manier ausgeführt. Gebannt und voll ungläubigem Erstaunen ob der enormen Körperbeherrschung verfolgen die Besucher das Geschehen. Mit enthusiastischem Jubel feiert das Publikum den Schlusstrick, bei dem die Partnerin im Handstand frei auf dem Körper des männlichen Part steht, während dieser sich als „Fahne“ nur mit den Händen am Mast hält.
Noch einmal erleben wir Georg Leiste, nun in seiner Rolle als Clown Antonio, in der er mit gekonnten Pantomimen aufwartet.
Zwei Mal erleben wir Mitglieder der Truppe Gerling mit spektakulären Acts. Zu Beginn des zweiten Teils wurde der Auftritt auf dem Todesrad platziert. Temperamentvoll erfolgen die variantenreichen Aktivitäten in den Kesseln. Blindlauf und Seil springen werden neben anderen Aktionen geboten und hohe Absprünge auf der Außenbahn sorgen für feuchte Hände und erschreckte Ausrufe im Gradin.
Die Finalnummer ist ebenfalls den Gerlings vorbehalten. Drei Herren und eine Dame zeigen ein sehr breites Repertoire erstklassiger Tricks auf dem Hochseil. Doppelter Aufstieg auf dem Schrägseil, Bocksprung sowie Sprünge über einen und zwei sitzende Partner, Zwei-Mann Hoch und Seil springen gehören genauso wie ein Kopfstand auf dem Seil zum Gezeigten. Den Höhepunkt des Auftritts markiert eine Dreier-Pyramide mit einem freien Stand auf einem Stuhl.
Das Finale bringt noch einmal alle Mitwirkenden auf die Bühne. Einzelvorhänge, kleine Zugaben und abklatschen der Artisten mit den Höhnern sind feste Elemente des Ablaufs und selbstverständlich müssen die Musiker Zugaben geben. Dann wird es emotional – Henning Krautmacher verabschiedet sich offiziell von seinem Publikum und seinen Kollegen. Er nimmt sein – seit Kurzem angeklebtes - Markenzeichen, den gezwirbelten Schnäuzer, ab und mit einem letzten Lied zusammen mit der Band und im Kreis aller Artisten endet seine Karriere und diese unterhaltsame Show, die in weiten Teilen sehr gute Artistik bot.