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Text und Fotos Friedrich Klawiter
HOEHNER ROCK AND ROLL CIRCUS
Koblenz, 18. Mai 2024

www.hoehner.com
Die einundzwanzigste Circus Tournee der kölschen Kultband „Die Höhner“ führte die Band und ihren Rock and Roll Circus nach Aachen und Koblenz. Die gelungene Symbiose aus Kölsch Rock und Circus-Acts wird vom Publikum, das sich zum größten Teil aus Fans der Band zusammensetzt, gefeiert.
Die großen gelb-blauen Zeltanlagen des Circus Maximum von Roman Zinnecker, dessen gepflegtes Material man wiederum angemietet hatte, waren auf dem Koblenzer Circusplatz aufgebaut. Chapiteau, Vorzelt, und die dekorative Front mit dem Kassenwagen boten den passenden Rahmen für das Gastspiel. Einige Circuswagen und etliche Container – Garderoben, Sanitärbereich und Unterkünfte für die Crew – komplettierten den Außenbereich.
Die Organisation des circensischen Teils des Events obliegt der Grandezza Entertainment von Thomas Schütte und für den reibungslosen Ablauf vor Ort sind Sandor Donnert und Marco Biasini zuständig.
Das Vorzelt vereint verschiedene Bereiche. Die Circusrestauration von Gino Edwards kann mit ihrem reichhaltigen Angebot alle Geschmäcker zufriedenstellen. Im „Höhner Kino“ - einige Reihen Kinosessel vor einer Leinwand über die in Dauerschleife Filmsequenzen der Höhner-Band flimmern – kann man fünfzig Jahre „Die Höhner“ miterleben. Neben Bierbank-Sitzgruppen sind Fotowände – für jedes Bandmitglied eine – angeordnet und warten auf gemeinsame Fotos der Musiker mit ihren Fans.

Die von Regisseur Thomas Bruchhäuser inszenierte Show trägt den Titel „Vivace“ und in ihr werden die Werte, die die Band vertritt den einzelnen Acts zugeordnet und durch diese visualisiert. So wird vor jeder Nummer von Bandmitgliedern über einen Wert – z.B. Bodenständigkeit, Mut, Liebe, Zufriedenheit, Vertrauen usw. - referiert, was den Schwung bremst und die Stimmung dämpft. Die moralisierend alles überlagernde Story wirkt sehr aufgesetzt und es ist wohl dem Zeitgeist geschuldet, das schlichte Circus-Unterhaltung ohne bedeutungsschwangeren, die Gemeinschaft formenden Überbau als zu banal angesehen werden könnte.
Olivier Taquin, im Habitus seines Gehilfen, streift während des Einlasses im Zelt umher und trägt den Oberkörper einer lebensgroßen Puppe im Aussehen seiner Bühnenfigur umher. Georg Leiste hingegen drängt sich durch die Sitzreihen und sieht sich mit der Frage „Haben Sie eine Eintrittskarte“ konfrontiert. Deren verneinen führt zu seiner Verpflichtung als Requisiteur.
Mit dem traditionellen Eröffnungs-Song „Herzlich willkommen in unserer Show liebe Leute“, performt vom Höhner Frontmann Patrick Lück, und einem kurzen Charivari beginnt das bunte Spiel.
Die Fratelli Togni sorgen mit ihrem rasanten Ikarier Act für einen temperamentvollen Beginn der Nummernfolge. In rascher Folge werden die verschiedenen Kombinationen der Saltos ausgeführt und ein eindrucksvoll ausgeführter Scheinsturz löst lautstarke Reaktionen auf den Rängen aus.
Aus der vorjährigen Produktion wurde Sveat Rassihivkin mit seinem eindrucksvollen Act an den Strapaten prolongiert. Er begeistert sein Publikum stets aufs Neue mit kraftvoll ausgeführten und anspruchsvollen Tricks des Genres. Ein freihändiger Spagat ist der Höhepunkt seiner Evolutionen.
Auch seine Mutter Yulia ist erneut mit den Hula Hoops in der Höhner-Manege zu erleben.
Mit der mitreißenden Schleuderbrett-Darbietung des Trio Bokafi geht es in die Pause. Seit Jahrzehnten gehört Gabor Boros mit seinen verschiedenen Partnern zu den herausragenden Darbietungen des Genre und begeistern stets mit Trickstärke und Ausstrahlung.
Das komische Fach bedienen im Rahmen dieser Show zum einen Olivier Taquin als Automatenmensch. Hier übernimmt Höhner Frontmann Patrick Lück die Aufgabe, das Treiben des Automaten in geordnete Bahnen zu lenken.
Des Weiteren ist Georg Leiste in mehreren Auftritten, in die auch Mitglieder der Band integriert sind, zu erleben. Zunächst entpuppt sich eine große Magic-Show als fauler Zauber. Dann präsentiert sich der Komiker als „Mademoiselle Georgette“ mit einem fulminanten Auftritt auf dem Seil. Als dicke Dame, in einem Gummi-Ganzkörper-Kostüm steckend, steigt der Komiker aufs Seil, das zu beiden Seiten nur von je vier Zuschauern auf den Schultern gehalten wird.
Schließlich präsentiert sich Georg Leiste in seiner Rolle als „Clown Antonio“ mit gekonnten Pantomimen. Leider ist dieser, relativ melancholische Auftritt, unglücklicherweise direkt vor der Finalnummer platziert und nimmt den Schwung vollends aus der Show.

Der zweite Programmteil startet mit dem "Team Navas" auf dem Todesrad. Sprünge in den Kesseln, Blindlauf und Seilspringen auf der Außenbahn sind gebotenen Elemente. Doch zum Highlight der Darbietung avanciert Musiker Jens Streifling, der Zwei Runden im Rad dreht und dabei auf dem Saxophon spielt.
Alex und Lisa arbeiten eine sehenswerte Hand-auf-Hand Darbietung, die mit vielseitigen Abläufen aufwartet. In einem harmonischen Ablauf erfolgen die kraftvoll ausgeführten Handstandfiguren in eleganter Weise.
Die Finalnummer ist der Mesa Troupe auf dem Hochseil vorbehalten. Die vier Herren aus Südamerika bieten ein breites Repertoire erstklassiger Tricks. Sprünge über einen und zwei sitzende Partner, doppelte Fahrradfahrt, Zwei-Mann-Hoch, dreifacher Kopfstand, Seil springen und zweifacher freier Stand auf einem Stuhl werden u.a. in temperamentvoller Weise erstklassig gearbeitet. Höhner-Schlagzeuger Sven Braun wagt gleichfalls den Gang über das hohe Seil. Per Longe gesichert geht er zunächst hinter einem der Seilläufer bis zur Mitte der Manege um hernach alleine und freihändig weitere Schritte zu wagen. Zum Highlight der Darbietung sehen wir einen Handstand auf der Spitze einer Dreier-Pyramide.
Das Finale bringt noch einmal alle Mitwirkenden auf die Bühne. Einzelvorhänge, kleine Zugaben und abklatschen der Artisten mit den Höhnern sind feste Elemente des Ablaufs. Die Show, die in weiten Teilen sehr gute Artistik bot, klingt unter Standing Ovations langsam aus, da alle Artisten sich noch einmal um die eine Zugabe gebende Band versammeln.