Text und Fotos Friedrich Klawiter
HORROR CIRCUS
Mainz, 15. Juni 2012

www.horror-circus.de
Direktor Giovanni Raymond bot mit seinem Konzept eines Horrorcircus dem Mainzer Publikum Helloween-Stimmung zum kalendarischen Sommerbeginn.

Die Fassade eines von Spinnweben überzogenen Spukschlosses empfängt die Besucher. Ein in der Ecke lehnender halboffener Sarg sorgt für ein erstes "Gänsehaut-Feeling". Eher freundlich zeigt sich das weiß-blassgelbe Streifendekor von Vorzelt und Chapiteau, die mittels eines breiten Tunnels verbunden sind. Ein Fußboden aus Kunststoffwaben ist in beiden Zelten ausgelegt.
Im Vorzelt dominiert ein wahres Geisterbahnambiente. Schummriges blaues und grünes Licht beleuchtet die üppige Dekoration. Skelette, Totenschädel, Knochen und Körperteile, Kandelaber usw. fügen sich zu einem wahren Gruselszenario zusammen.
Dichte Spinnweben behindern den Blick zur Decke und verwandeln den Verbindungstunnel in eine unheimliche Grotte. Schaurig anzuschauende Gestalten ziehen während des Einlasses die Blicke auf sich.
Das Chapiteau zeigt sich im gleichen Ambiente. Ein siebenreihiges Schalensitzgradin und zwei Reihen Logenstühle stehen den Besuchern zur Verfügung. Die flache Piste trennt den Zuschauerbereich von der Spielfläche, die komplett mit grauem Teppich ausgelegt ist. An Stelle eines Artisteneingangs dominiert der große Globe of Speed den Hintergrund des Zeltes.
Alle Akteure sind aufwändig geschminkt. Schwarz umrahmte Augen in den weißen Gesichtern, Narben und blutige Striemen zeugen vom großen Können eines versierten Airbrushkünstlers. Passend dazu sind die oftmals „zerrissenen“ Kostüme mit Theaterblut verschmiert.

Der coole Herrscher der Finsternis, Alex Ramien moderiert mit enormer Präsenz die Show. Einem fischblütigen Monster gleich, donnert er seine Worte in einen "abgerissenen Arm" und fordert den ultimativen Applaustest ein, denn „nur wer genügend applaudiert, wird dieses Zelt wieder lebend verlassen“.
Spektakuläre Akrobatik von Roman Konanchuk an der selten zu sehenden, sich im wieder verkürzenden Vertikalkette, hervorragend dargeoten, eröffnet die Nummernfolge. Kräftezehrende Halteposen und risikoreiche Abfaller folgen aufeinander. Ein Vorwärtssalto, der mit den Händen auch wieder an der Kette gefangen wird, sowie ein Doppelsalto zum Abschluss aus großer Höhe auf die Matte am Boden gesprungen, gehören zu den beeindruckendsten Tricks. Im weiteren Verlauf des Abends demonstriert der Artist seine Geschicklichkeit bei der filigranen Jonglage eines großen Röhrenkubus.
Ira Rizeva präsentiert ihre Balljonglage auf einem Billardtisch unverändert im Tangostil. Im Zusammenspiel mit ihrem Partner Dimitri erfolgen die Abläufe mit knisternder Erotik. Bis zu sechs Bälle jongliert die erfahrene Artistin in variantenreichen Mustern in flottem Ablauf. Abschließend  lässt sie leuchtende Bälle in einem großen Plexiglasdreieck skurrile Muster und Tonfolgen erzeugen. 
Im weiteren Programmverlauf sehen wir das Paar als „Duo Dimira“mit getanzter Adagioarbeit. Viele Elemente der Hand-auf-Hand Artistik fließen in diesen Auftritt, der vom werben der Geschlechter um einander handelt, ein.
Ein weiteres Mal ist Dimitri, nun mit einem jungen Mann der als Obermann agiert, zu sehen. Als Duo „Enjoy“ präsentieren die beiden eine Hand-auf-Hand Darbietung, die viele publikumswirksame Posen und Übergänge beinhaltet.

Marie Hoffmann zeigt ihr Können in zwei Luftnummern. Zunächst erfolgt ihre Arbeit am Ring. Routiniert folgen die Tricks des Genres aufeinander. Hier wird diese Nummer durch den gefühlvollen Livegesang, einer deutschen Version von „Me and Mrs. Jones“, von Premieren Special Guest Mario Loritz, Teilnehmer der Castingshow "X-Faktor", begleitet und in ihrer Wirkung gesteigert.
Vier dunkle Gestalten in Kutten tragen ein Metallbett auf die Spielfläche, in dem Marie Hoffmann liegt. Nachdem sie ihr „blutverschmiertes“ Gewand abgelegt und die roten Laken sich als Strapatentücher entpuppt haben, trägt sie gekonnt ihre zweite Kür vor. Auch in dieser Disziplin wartet die junge Frau mit einer attraktiven Darbietung auf.
John Pathic jongliert mit Hüten. Im Stil eines Gentleman-Jongleurs hantiert er mit den Requisiten, von denen bis zu fünf souverän beherrscht werden. Auflockerung erfährt dieser Auftritt durch gekonnte Tanzeinlagen a  la Michael Jackson.

Die Philosophie eines Horror Circusses vermittelt der englische Komiker "The Mighty Gareth" auf wunderbare Weise. Der herrlich freakige und sympathische Artist mit den auffälligen knallroten Punkbürsten auf dem ansonsten blanken Schädel  und seinem mit zahlreichen Piercings getunten Body, ist einer der Höhepunkte der Show.
In seinem ersten Auftritt bindet er einen Zuschauer in seine Feuershow ein, der das Gezeigte nachmachen soll. Überraschenderweise hat der Mann aus dem Publikum kein Problem damit,  die brennende Fackel unter seinem Unterarm langsam entlang zu führen.
Anschließend jongliert er Bälle und ein Schwert über dem Körper seines liegenden Mitspielers. Eine laufende Kettensäge, Schwert und Ball sind die Jonglage-Utensilien die zum Abschluss dieses Auftritts gekonnt zum Einsatz gebracht werden.
Sideshow-Feeling at his Best präsentiert uns The Mighty Gareth in seinem zweiten Auftritt  Eine Salatgurke muss ihr Leben lassen, so dass auch die Besucher der letzten Reihe sicher sein können, dass es sich um ein echtes scharfes Schwert handelt, dass sich seinen Weg durch die Kehle und Speiseröhre in den Magen des nervenstarken Künstlers bahnt. Die vorab in die Manege gebetene Zuschauerin zieht das Schwert mit einer gleitenden Bewegung wieder aus seinem Inneren. Ein weiterer, selten zu sehender Höhepunkt bildet das "schlucken" einer hellleuchtenden Neonröhre. Im nun komplett abgedunkelten Zelt flackern nun Teile des Halses gespenstisch auf. Auch dieses Teil findet wieder, ohne Schaden anzurichten, aus dem Körper des Künstlers heraus.

Den zweiten Programmteil eröffnet Miss Katja am doppelten Schwungseil. Zunächst erfolgen die Tricks, Spagat und Genickhang seien hier genannt, an den ruhenden Seilen. Dann werden im Schwung einige Abfaller geboten. Der gesamte Auftritt findet in sehr geringer Höhe statt.
Eine Feuernummer par excellence bieten Giovanni Raymond, Alex Ramien und Marko Semeonov. Langes halten der Flamme im Mund wechselt mit Feuer spucken in rasantem Tempo. Meterhoch lodernde Feuersäulen erzeugen zwei Akteuren gemeinsam und im Zwei-Mann-Hoch werden die letzten Flammen in die Kuppel geschickt.
Das Genre der Luftnummern ist in dieser Produktion überproportial stark vertreten und sieht in Chris Kiliano einen weiteren Akteur. Nachdem sich der über und über blutverschmierte Artist von einem Folterstuhl und aus den Klauen der Schärgen befreit hat, startet er seine Kür an den Strapaten. Weite, raumfüllende Flüge beeindrucken die Besucher genauso wie kräftezehrende Haltetricks.
Höhepunkte in beiden Programmteile liefert die Alex Ramien Truppe. Vor der Pause sind zwei ihrer Mitglieder auf dem US-Todesrad zu erleben. Rasant werden Sprünge in den Kesseln, Blindlauf, Seil springen und Aufschwung an einem Arm absolviert. Atemlose Spannung erfasst weite Teile des Publikums und mit hohen Absprüngen auf der Außenbahn findet der Auftritt seinen spektakulären Abschluss.
Für die Finalnummer wird der große Globe of Speed in der Manege in Stellung gebracht. Fünf „Freiwillige“ finden sich im Globe wieder und werden von Alex Ramien, der bei dieser Fahrt auf einen Helm verzichtet, in hohem Tempo umrundet. Dann zeigt die Truppe mit zwei und drei Fahrern ihr Können. Rasant jagen die Fahrer auf kreuzenden Bahnen durch die Kugel.
Zum Finale finden sich die Mitwirkenden um die Motorradkugel versammelt in der Manege wieder. Lang anhaltender, begeisterter Applaus zeugt davon, dass die Show beim Publikum bestens ankam. Das Konzept eines „Horror“ Circus passt offensichtlich gut zum zeitgeistlichen Helloweentrend und viele Besucher ließen sich bei der After-Show Party begeistert mit den Gruselgestalten fotografieren.
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