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Text und Fotos Friedrich Klawiter
HÖHNER ROCKIN RONCALLI SHOW
Köln, 20. Mai 2017

http://hoehner-rockin-roncalli.de
Mit dem Gastspiel der Höhner Rockin Roncalli Show finden die Aktivitäten des Circus Roncalli in Köln zum vierzigjährigen Jubiläum ihren gelungenen Abschluss. Auch die 18. Ausgabe der künstlerischen Allianz der beiden Kölner Institutionen „Die Höhner“ und „Circus Roncalli“ bot wieder eine gelungene Symbiose meisterlicher Manegenkunst und „kölscher Tön“.
In Köln-Deutz war der Circus auf einer Brache in der Nähe der Messehallen aufgebaut. Vier große, mit dem Logo der Show und dem Konterfei der Band bedruckte Spannbänder bilden in Verbindung mit dem cremeweißen Holzzaun die Fassade. Auf einer Seite fand Roncallis erster Kassenwagen, der im vergangenen Jahr noch mit der „roten Einheit“ auf Tour war, seinen Platz. Auf der anderen Seite wurde ein Wagen mit hohem Tonnendach platziert, dessen Seiten mit verschiedenen großflächigen Raubtiermotiven und dem kühn geschwungenen Roncalli-Schriftzug dekoriert sind. Zwei naturholzfarbene Oberlichtwagen sind im vorderen Teil des Geländes abgestellt.
Eines der typischen Roncalli-Chapiteau wurde mit einem optisch passenden, quadratischen Vorzelt kombiniert. Hier finden der prachtvolle Roncalli-Verkaufswagen der Restauration und ein großer Souvenirstand der Band ihren Platz.
Eine handvoll Roncalli-Wagen sind neben einer Anzahl Container, die als Garderoben, Kantine und Sanitärräume dienen, hinter dem Spielzelt zu finden. Wohnwagen sind kaum vorhanden, da die Mitarbeiter und Artisten zumeist in Hotels logieren.
Im Innern des Chapiteau herrscht die Roncalli typische Atmosphäre. Elegante, reich verzierte Logen, rotes Bankgradin, makellos hochglänzend lackierte Sturmstangen, der historische Artisteneingang und an Stelle der Manege eine erhöhte Bühne auf derem hinterem Bereich das Equipment der Band aufgebaut ist.

Funambola - Capriolen des Lebens“ lautet das Motto der aktuellen Show und der Pressetext zur Show sagt Folgendes dazu: Funambola ist das italienische Wort für den Seiltanz und die Seiltänzerin. „Funambola“ eine muntere Geschichte in der sich artistische Höchstleistungen und die Musik der Höhner zu einem unvergesslichen Live-Erlebnis verbinden. „Capriolen des Lebens“ widmet sich musikalsich-artistisch den großen und kleinen Gegensätzen, die unser Leben im Gleichgewicht halten.

Auch in ihrer aktuellen Produktion treten die Höhner als Begleitband ihrer Artistenkollegen auf und begeistern mit zahlreichen ihrer Hits die Besucher.
Kaum erklingen die ersten Akkorde des Auftaktliedes „Willkommen in unserer Show liebe Leute“ und Frontmann Henning Krautmacher bahnt sich singend seinen Weg vom Haupteingang auf die Bühne, kocht die Stimmung augenblicklich hoch und die Höhner Fans beginnen mit ihrer „Karnevalsparty“.
Nach dem kurzen Opening, dass das komplette Artisten-Ensemble tanzend auf der Bühne vereint, arbeitet Jose Henry Caycedo auf dem Elastikseil. Der kolumbianische Artist, im Habit eines Elfen, bietet eine Reihe hoher Sprünge und Saltos auf dem labilen Grund. Darüber hinaus ist er im Verlauf der Show immer wieder in die Auftritte seiner Kollegen eingebunden.
Die Novruzov Brothers arbeiten eine feine Hand-auf-Hand Darbietung im Al Capone Stil und würzen den Auftritt mit reichlich Comedy. Die beiden nicht mehr ganz jungen Artisten bieten starke Tricks in flottem Wechsel mit stimmigen Gags in einem rasanten Ablauf.
Einen der beiden Brüder erleben wir zu Beginn des zweiten Teils als „komischen Dirigenten“ auf dem Schlappseil.
Am „Flying Pole“ erleben wir Anna de Carvalho. Die finnische Artistin präsentiert anmutig ihre exzellente Trickfolge an den kraftraubenden Requisit. Berührt der nur an seiner Spitze aufgehängte Pole zunächst noch den Boden und rotiert, schräg stehend um seinen Zenit, führen die Aktionen der charmanten Artistin bald bis hoch in die Kuppel. Weite Flüge und elegante Bewegungsabläufe versetzen die Besucher in Faszination.

Bert und Fred verblüffen und begeistern mit ihren außergewöhnlichen Auftritten. Fred, alias Frederique, stöckelt zumeist als taffe Lady im „kleinen Schwarzen“ mit einem klassischen roten „Monsieur Loyal“ Frack darüber auf die Bühne und bringt, für eine Circus Show, ungewöhnliche Requisiten - ein großes Messer, einen 5 Kg Hammer und Treppenleiter, eine Peitsche - mit. Mit  unmissverständlicher Geste lässt sie die Band verstummen und ein herrisches „Bert“ bringt den Partner auf die Szene. Das Messer saust aus der Kuppel auf eine kleine Zielscheibe zwischen den Oberschenkeln des auf der Bühne Liegenden. Der schwere Hammer pendelt weit mit viel Schwung an seiner Aufhängung durch den Raum und fegt einen Apfel von Berts Kopf. Die Peitsche durchtrennt schließlich eine von Bert gehaltene Salatgurke mit einem einzigen Schlag.
Im letzten Auftritt arbeitet das Paar an zwei parallel angeordneten Washington-Trapezen eine ansprechende Trickfolge. Schließlich lässt Fred Dartpfeile vom hoch in der Kuppel schwebenden Trapez weit durch den Raum auf eine Scheibe, die Bert auf dem Kopf balanciert, fliegen.

Das Duo „Pile ou Face“ ist mit zwei Auftritten zu erleben. Zunächst präsentieren sie eine gekonnt dargebotene Hand-auf-Hand Artistik. In ihren Nummern erzählen die kanadischen Artisten eine Liebesgeschichte, so auch im zweiten Auftritt am Cyr-Rad, die eine hervorragende Symbiose mit dem Liedtext des Höhner Songs eingeht. In einem perfekt vorgetragenen, nimmer stockenden Wirbel agiert das Paar im, auf und an dem Rad, zieht romantisch in sich selbst versunken seine Bahnen.
Die Hand-auf-Hand Darbietung der ukrainischen Truppe „Crazy Flight ist von verschiedenen Engagements hierzulande bestens bekannt. Die erstklassig ausgeführten und anspruchsvollen Tricks finden beim Publikum stets besonderen Anklang. Hier jedoch macht sich die starre Choreographie der Bewegungsabläufe störend bemerkbar, da die Musik der Höhner im Gegensatz zur eigentlichen, eigens für die Nummer geschriebenen Musik, keine Verbindung schafft.
Das Duo Minasov mit seinem Quick-Change und Victor Minasov mit seiner Exzentrik in einem großen Ballon waren in vielen verschiedenen Roncalli-Produktionen zu erleben. Die beiden Tempo geladenen und furios vorgetragenen Acts begeistern auch in dieser Show die Zuschauer.

Alena Ershova begeistert mit einer außergewöhnlichen Kombination von Handstandequilibristik und Hula Hoop. Ein riesiger oranger Seestern liegt auf der Bühne und langsam schält sich die junge Russin aus diesem Kostüm. Die ersten Handstandfiguren erfolgen auf der Bühne, dann erreicht sie Handstäbe und setzt ihre umfassende, perfekt vorgetragene und anspruchsvolle Trickfolge fort. Während sie im Handstand steht, nimmt sie mit einem Fuß einen Hula Hoop Reifen auf und lässt diesen rotieren. Beim abschließenden Einarmer sind es gar drei Ringe, die um Füße und Hand rotieren.
Beide Programmteile enden mit einem Auftritt der Truppe „Sol de Cuba“. Die acht kubanischen ArtistenInnen lassen die Stimmung im Zelt hochkochen. Ihre temperamentvollen, von südamerikanischer Lebensfreude und viel Tanz geprägten Auftritte erhalten durch die perfekt harmonierende Musik der Höhner noch einmal zusätzlichen Drive. Vor der Pause erleben wir die Truppe an der Russischen Schaukel. Lebhaft werden die zahlreichen gelungenen Sprünge bejubelt. Ein Sprung durch einen im Drei-Mann-Hoch gehaltenen Reifen und der Salto in einen Sessel an der Spitze einer hohen Perchestange sind die Topp-Leistungen des Auftritts.
Die letzte Darbietung des Abends gestalten vier Mitglieder von „Sol de Cuba“ hoch in der Kuppel an Bungees. An einem quadratischen Gestell sind die Gummibänder befestigt und erlauben weite Flüge der im fahlen blauen Licht und dichtem Bühnennebel schemenhaft wirkenden Artisten.
Gleich zu Beginn des großen Finales erhebt sich das Publikum von den Sitzen und überschüttet die Akteure mit tosenden Ovationen bis zum letzten Augenblick der erstklassigen Show. Kleine Zugaben der Artisten, abklatschen mit den Musikern, der Dank an Requisiteure und Techniker, der Walzer mit Besuchern - die Akteure feiern sich und gemeinsam mit ihrem Publikum.
Natürlich verlangt das Publikum, wie gewünscht, nach einer Zugabe und bereitwillig kommt die Band dem nach. Noch einmal kommen die Artisten auf die Bühne, dann fällt der Vorhang endgültig.
Für die Höhner ist allerdings noch kein Feierabend – gilt es doch am Souvenirstand im Vorzelt noch unzählige Autogrammwünsche zu erfüllen.