Text  und Fotos Friedrich Klawiter
Karlsruher Weihnachtscircus
Karlsruhe, 23. Dezember 2011

www.karlsruher-weihnachtscircus.de
Zum dritten Mal waren die riesigen gelb-roten Zeltanlagen des Karlsruher Weihnachtscircus von Joachim Sperlich auf dem Karlsruher Messplatz errichtet. Der moderne Viermaster dominiert den Platz. Weithin strahlt die Leuchtschrift über der Kasse. Weihnachtlicher Schmuck leuchtet am mit Spannbändern abgehangenen hohen Frontzaun. Die Türen ins großzügige Vorzelt sind weit geöffnet und die Massen strömen herein.
In der Mitte des Zeltes reicht ein voluminöser Weihnachtsbaum, mit goldener Krone auf der Spitze beinahe bis ans Dach. Die Restauration ist in üppig dekorierten Holzbuden, die ringsum an den Seitenwänden stehen, untergebracht. Eine gemütliche Café-Ecke lädt zum Verweilen ein.
Im Chapiteau empfängt uns ein großes komfortables, mit Einzelklappstühlen bestücktes Gradin. Es füllt den weiten Raum hinter den eleganten rot-weißen Logen.  Der Mittelteil des imposanten Artisteneingangs aus rotem, mit unzähligen Glitzersteinchen besetztem, Tuch ragt halbkreisförmig vor. Auf dem Podium verschwindet das ausgezeichnete Orchester hinter einem massiven Metallgeländer. Zwei riesige Ventilatoren zu beiden Seiten und der Gitterrohrträger mit dem Licht über dem Orchester lassen die gesamte moderne Konstruktion einem Tower ähnlich wirken.


Familie Sperlich hat die Show modern, schnell und dynamisch gestylt. Das groß aufspielende Orchester und eine exzellente Lichtregie geben ihr zusätzlichen Drive. Das Thema „Weihnachten“ bestimmt das Eröffnungsbild. Ein Weihnachtsmann in Begleitung von Clown Davis Vassallo „erweckt“ das Ballett in Engelskostümen zum Leben. Sängerin und Moderatorin Bianca Richter begleitet die Szene und schon reitet 
Merrylu Casselly auf ihrem, dank LED-Technik, strahlenden Pegasus ein. Mit ihrer harmonischen und kraftvollen Arbeit an den Strapatentüchern erleben wir ein erstes Highlight in der hohen Kuppel des Chapiteau.
Wenig später ist die junge, begabte und sehr vielseitige Artistin in einer anspruchsvollen Handstandequilibristik zu bewundern. Mit großer Körperbeherrschung zeigt sie charmant vielfältige Abläufe des Genres und lässt häufig Kontorsionselemente mit in ihre Arbeit einfließen. Erstaunen im Publikum löst immer wieder der mit den Füssen treffsicher abgefeuerte Bogenschuss auf einen Luftballon aus.
Francisco Liazeed begeistert das Publikum mit seiner kraftvollen und dynamischer Arbeit am chinesischen Mast. Mit seiner Partnerin Zaida startet er den Auftritt tanzend in der Manege. Da erklimmt er den Mast in immer neuen Varianten und bietet viele kräftezehrende Posen des Genres.

Clown Davis Vassallo überzeugt mit seinen zahlreichen Reprisen. Er „jongliert“ mit einem kleinen roten Licht, bestreitet mit vier Zuschauer-Kindern die Reise nach Jerusalem in sehr amüsanter Form, putzt die Scheibe zwischen Loge und Piste, verteilt Popcorn und dirigiert ein „Zuschauer-Orchester“. Die Szenen werden flott gespielt, werden nicht zu lange ausgedehnt und stellen die beteiligten Zuschauer nicht bloß. Die „Vassallo Clowns Family“ - Davis, sein Vater und ein weiblicher Weißclown - bilden ein klassisches Trio, dass in erster Linie mit seiner virtuosen Musikalität überzeugt.
Die bekannte Flaschenstuhl-Darbietung von René Sperlich wurde durch eine Lasershow und die Einbeziehung des Balletts nochmals aufgewertet.
In Deutschland bestens bekannt sind ist das Trio Nistorov mit seiner rasanten Rollschuhartistik. Auch in diesem Rahmen wird ihre modern choreographierte, schnelle trickreiche und gefährliche Nummer ins rechte Licht gerückt und vom Publikum gefeiert.
Schöner präsentiert erlebten wir noch nie eine Kür auf dem Tanzseil, wie die hier von Monika Sperlich präsentierte. Zu Melodien aus „Cabarett“ und optisch passender Aufmachung tanzt das Ballett unter dem Silberdraht. Sängerin Bianca Richter begleitet das Geschehen live. Feuersäulen aus drei Kanonen am hinteren Manegenrand sind zusätzliche Effekte.

Maike und Jörg Probst sorgen mit ihren schwungvollen und spielerisch wirkenden Dressurdarbietungen für Stimmung im Publikum. Zunächst sind die sympathischen Tierlehrer mit ihren Pavianen in der Manege zu erleben. Diese zeigen sich als geschickte Akrobaten und interagieren komödiantisch – scheinbar ohne Zutun der Vorführer – mit ihren menschlichen Partnern. Besonders ist hervor zu heben, dass die vier Affen sich während des gesamten Auftritts vollkommen frei, sie sind nie angeleint oder in sonstiger Form einer direkten Einflussnahme unterworfen, bewegen.
Der zweite Programmteil startet mit der Haustierrevue. Ein stattlicher Esel, eine Ziegenherde, zwei Wollschweine, ein kleiner Hund und ein stolzer Hahn sind die tierischen Akteure dieser fröhlich, im alpenländischen Look, dargebotenen Dressurfolge. So werden die „Bremer Stadtmusikanten“ mit Esel, Ziege, Pavian und Hahn neu definiert.

Großartige Luftartistik bietet das Duo Tereshchenko am Fangstuhl. Der kraftstrotzende Porteur wirbelt die zierliche Fliegerin wie eine Feder durch die Kuppel. Vielerlei Salti, Pirouetten und Doppelsalto werden als Toptricks traumwandlerisch sicher und leicht wirkend ohne Vorteil geboten. Nur ein Luftkissen bietet den Artisten Schutz bei einem Absturz.
Die Liazeed begeistern mit grandioser Handstandequilibristik. In ganz großer Aufmachung  bietet das Trio, dass nur ein seltener Gast in den Circusmanegen der Welt ist, hervorragende Tricks. Kopfstand auf dem Nacken des im Handstand stehenden Partners, Handstand auf den Füssen des im Kopfstand stehenden Partners und Handstand mit zwei Partnern sind einige Beispiele aus der nicht alltäglichen, exquisiten Darbietung. Entsprechend enthusiastisch werden die Artisten beim Kompliment gefeiert.

Ein ganz großes Programm bietet der diesjährige Karlsruher Weihnachtscircus und viele hervorragende Nummer und Künstler sind hier zu erleben. Die Highlights der Show werden von René Casselly und seiner Familie geboten. Gleich drei verschiedene Darbietungen bestreitet der ausgezeichnete Dompteur mit seinen afrikanischen Elefanten.
Zunächst dirigiert er vom Gradin aus, nur mittels Stimme „Mambo“. Der Bulle steigt auf ein Tonneau, steht auf zwei Beinen, erhebt sich auf zwei Hinterbeinen, sitzt ab und trägt das Tonneau hinaus.
Anschließend arbeiten die vier Elefanten zusammen mit vier Schimmeln eine attraktive Darbietung. Pferde und Elefanten sind beritten und mit Tempo wird eine umfangreiche Laufarbeit mit zahlreichen Tricks perfekt dargeboten. Ein Elefant und einer der Schimmel zeigen parallel laufend Traversalen, springen nacheinander Seil. Es ist eine fulminante actiongeladene Show, in der es keine Sekunde Leerlauf gibt  und die die Zuschauer in ihren Bann zieht. Diese Elefantendressur bietet einen heutzutage kaum noch zu erlebenden Unterhaltungswert und doch wird sie noch einmal getoppt.
Als Finalnummer erleben wir einen weiteren Auftritt der Casselly-Elefanten. Merrylu und René jun. bieten erstklassige Akrobatik auf den Rücken der Dickhäuter. René läuft dermassen leichtfüssig über die Rücken und Köpfe der vier vorwärts eilenden Elefanten, dass viele Zuschauer die Schwierigkeit und Risiken des Tricks nicht wahrnehmen. Handstände auf Rücken und Stosszähnen werden von Spagat – ohne Handschlaufe – und Kontorsionsfigur zwischen zwei Elefanten gefolgt. René jun. springt, im Stil eines Jockeyreiters, einen Rückwärtssalto vom Zwei-Mann-Hoch auf das nachfolgende Elefantenpaar. Quick-Change, zuerst von der Reiterin eines Elefanten und dann durch diesen selbst, sah man andernorts noch nicht. Höhepunkt dieser Nummer sind die Tricks der Schleuderbrettelefanten. René jun. zeigt zunächst einen Salto auf einen Dickhäuter. Dann erfolgt ein Salto zum Zwei-Mann-Hoch, ohne jede Sicherung, auf die Schultern seiner Schwester Merrylu. Abschließend erfolgt der dreifache Salto auf den Elefanten, der in den besuchten Vorstellungen sicher gelandet wurde. Das Publikum rast vor Begeisterung und erhebt sich geschlossen zu Standing Ovations während der laufenden Darbietung!

Phantastisch gestaltet wurde das Finale im aktuellen Karlsruher Weihnachtscircus. Zwei sehr hohe Showtreppen werden beidseits vor den Artisteneingang gerollt und dutzende Downlights leuchten in den Stufen. Das Ballett tanzt die Stufen hinab, einige Girls posieren - mit leuchtenden Kostümelementen ausstaffiert - auf den Stufen. Die Artisten kommen in die Manege und werden noch einmal vorgestellt, Bianca Richter singt ein letztes Mal und im dichten silbernen Konfetti-Regen nehmen die Mitwirkenden an diesem großen Programm die stehend entbotenen Ovationen entgegen.
Der Karlsruher Weihnachtscircus hat sich in den drei Jahren seines Bestehens als absolutes Highlight unter den deutschen Weihnachtscircussen etabliert und bietet in dieser Spielzeit ein in jeder Beziehung herausragendes Programm.
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