Text und Fotos Friedrich Klawiter
9. KÖLNER WEIHNACHTSCIRCUS
Köln, 30. November 2024
https://koelner-weihnachtscircus.de
Am Vorabend des 1. Advent feierte die 9. Auflage des Kölner Weihnachtscircus von Ilja und Katja Smit ihre Premiere. Aufgrund dessen, das man stark auf Besuchergruppen von Weihnachtsfeiern als Zielgruppe setzt, der optimale Zeitpunkt.
Auf einem Parkplatz des Kölner Messegeländes ist der Circus aufgebaut. Die Auf- und Abfahrtsrampen einer Rheinbrücke spannen sich über das Gelände und geben den Standplatz für das große weiß-blaue Chapiteau vor. Die umfangreiche Vorzeltanlage und wenige Wagen gruppieren sich um das Hauptzelt. Das Gelände ist mit einem hohen Zaun umgeben. Dessen Felder sind mit Spannbändern, die teils mit den Konterfeis von Fumagalli und Darix bzw. dem Schriftzug „Kölner Weihnachtscircus“ bedruckt sind, versehen. Ein schlichtes Portal mit dem Namenszug des Unternehmens markiert den Zugang, der unmittelbar in die Zeltanlagen mündet. Der Gastronomiebereich in den Vorzelten gliedert sich in verschiedene Zonen, da verschiedene Arrangements bis hin zur Buchung eines zwölfgängigen Tapas-Menü angeboten werden.
Am Premierenabend war die Fotowand am Red Carpet von Fotografen und Schaulustigen umlagert, da sich zahlreiche Prominenz – z.B. Max Schautzer, Henning Krautmacher, Jürgen Hingsen, Janine Kunze – angesagt hatten.
Das Spielzelt atmet eine warme Atmosphäre, die auf vielen Rottönen in der Einrichtung beruht. Drei Stuhlreihen, elfreihiges Klappsitzgradin, Balkonlogen und der hohe Artisteneingang sind in dieser Farbe gehalten. An Stelle der Manege ist eine erhöhte, mit rotem Teppich belegte Bühne vorhanden.
Die opulente Lichtanlage wird gekonnt eingesetzt und mit einem erstklassigen Design werden die Akteure hervorragend in Szene gesetzt. Während des Einlasses zieht ein raumhoher, festlich geschmückter Weihnachtsbaum – der sich sodann in Sekunden flach in eine große Box zusammenfaltet - mitten auf der Bühne die Blicke an.
Die sechs Tänzerinnen des Showballett, ihre fantastischen Haute Couture Kostüme kommen von Designerin Tatjana Oziganova, geben der Show Struktur und einigen Darbietungen den festlichen Rahmen.
Nach der Begrüßung des Publikums durch Abendregisseur Markus Köllner kommt das Ballett zu seinem ersten Auftritt.
Aus diesem Bild heraus entwickelt sich die Zopfhang-Darbietung von Polina Karvouskaya. Elegant schwebt die junge Frau durch den weiten Raum. Sie bewegt sich graziös und versteht es ausgezeichnet ihren Körper und die Gliedmaßen in extreme Positionen zu biegen.
Anmutig erobern die acht Artistinnen der „Tai An Acrobatic Troupe“ die Bühne und präsentieren spielerisch ihr Können mit den Diabolos. Synchrone Aktionen der ganzen Truppe wechseln mit Solotricks. Sehr hoch in die Kuppel des großen Chapiteau geschleuderte Diabolos verschaffen der Akteurin die notwendige Zeit, Flickflacks und Rollen auszuführen ehe das Requisits zum Ausgangspunkt zurückkehrt.
Fumagalli und sein Bruder kommen zu ihren Reprisen im ersten Teil der Show den Mittelgang hinab und nehmen mit ersten Scherzen auf der Treppe Kontakt mit ihrem Publikum auf. Magisch geht es im ersten Auftritt, in dem Markus Köllner den seriösen Part übernimmt zu. Darix zaubert, „völlig unsichtbar und ohne das jemand etwas bemerkt“ ein Tuch aus seiner in die Hosentasche von Fumagalli. Wenig später sehen wir eine Westernszene. Zum lauten Knall einer Bullpeitsche reißt Fumagalli Stücke einer Zeitungsseite ab, ehe Bruder Darix eine Kartoffel mit einem Schuß seines Revolvers teilt. Fumagallis Versuch es mit seinem Schuh gleichzutun endet hingegen unerwartet.
Später erleben wir selbstverständlich das legendäre Bienchen-Entrée, in dem Fumagallis Sohn Nico als ordnende Instanz mitwirkt. Mit Verve geht das Trio zur Sache und stringent strebt das muntere Spiel dem Kulminationspunkt entgegen.
Leonid Beljakov präsentiert mit seinen Hunden die einzigen Tiere in der Show. Fünf Tiere unterschiedlicher Rassen und Größen sind in seinem ersten Auftritt zu erleben. Eifrig kommen sie den Anweisungen nach und führen ihre Sprünge und Hinterbeinläufe sicher aus. Der zweite Showteil beginnt mit einem besonderen Picknick. Ein Border-Collie und Beljakov kommen, jeder mit einem feinen Picknickkorb ausgerüstet auf die Bühne und nehmen an einem Tischchen Platz. Der Hund hält u.a. seinem Herrn die Zeitung zum lesen in der benötigten Entfernung hoch und feuchtet ihm den Daumen an, damit er leichter ein Bündel "Geldscheine"zählen kann. Zu guter Letzt gelingt es ihm wunderbar sich mehrfach des Halsbandes und Leine zu entziehen und die Wurst vom Teller zu stibitzen.
Gleich zwei Mal wird in der aktuellen Produktion gezaubert. Zunächst präsentiert das Duo Monastirsky seine seit vielen Jahren bestens bekannte Quick Change Darbietung. Die eleganten Kostüme wechseln im Handumdrehen ihr Aussehen und der Auftritt verfehlt nicht seine Wirkung auf das zahlreich erschienene Premierenpublikum.
Gleichfalls im ersten Programmteil sind Vincent Vignaud und seine Companie mit effektvollen Großillusionen zu erleben. Aus dem Nichts erscheint der Magier auf einem schweren Motorrad auf der Bühne und lässt sodann seine Assistentinnen ein ums andere Mal auf wundersame Weise verschwinden oder erscheinen.
„Memory of Times“ heißt der Act von Olena Skrypets und Dmitrii Galov, in dem Hand-auf-Hand Akrobatik und Balljonglage zu einer perfekten und harmonischen Einheit verschmelzen. In einen poetisch inspirierten und tänzerisch gestylten Ablauf sind die zahlreichen akrobatischen Elemente eingebettet während sich die Balljonglage permanent von drei über vier auf schließlich fünf Bälle steigert.
„Two on the Rope“ nennen Maksim Khelmut und Juri Kharchenko ihren Act am Vertikalseil. Dieser, dem „Nouveau Cirque“ zuzuordnende Auftritt unterscheidet sich völlig von den gewohnten Abläufen des Genres und als eingeschworenem Anhänger des traditionellen Circus fehlt mir jeglicher Zugang zu diesem Stil. Die beiden Akteure agieren zumeist in Bodennähe, winden und schlängeln sich in erster Linie umeinander und um das Seil, wobei Kostüme und musikalische Begleitung eine Einheit mit dem Gezeigten bilden.
Mit der „Liaocheng Acrobatic Troupe“ ist eine weitere große Truppe in der Show zu erleben. Die elf chinesischen Artisten präsentieren zunächst eine temperamentvoll ablaufende Hutjonglage, die zahlreiche manegenfüllende Bilder bereithält. Als Finalnummer sehen wir ihren „Hoop Diving“ Act, wie Reifen springen neu auf neudeutsch genannt wird. Zahlreiche Sprünge führen durch die Reifen, die nach jedem Durchgang um einen weiteren Ring aufgestockt werden. Schließlich sind es sieben Ringe die aufeinander ruhen und eine Sprunghöhe von etwa zweieinhalb Metern erfordern.
Zwei Duos bieten mit ihrem Können die akrobatischen Höhepunkte der Show. Da sind zum einen Alex und Lisa Shpyn mit ihrer Hand-auf-Hand Darbietung. Anspruchsvolle und kräftezehrende Tricks erfolgen in hoher Anzahl. In erstklassiger Ausführung erfolgt die umfassende Abfolge hochkarätiger Aktionen des Genres und sorgt allenthalben für ungläubiges Staunen auf den Rängen.
Des Weiteren begeistern Sahrina Aganier und Tymofii Chemko hoch in der Kuppel am Luftring. Viele der hochkarätigen Tricks, die allesamt ohne zusätzliche Sicherung ausgeführt werden, sehen mindestens einen der beiden Partner im Zahnhang. In einem harmonischen Ablauf, in dem beide Partner als Porteure agieren, erfolgen die starken Tricks in eleganter und exzellenter Ausführung. Die Spannung und die Begeisterung auf den Rängen steigt permanent und zum Abschluss des Auftritts hängt das gesamte Gewicht des Duo nur an den Zähnen von Tymofii Chemko.
Das Ballett leitet das große Finale ein und Manegensprecher Markus Köllner stellt die Mitwirkenden noch einmal vor. Schließlich ist das große Ensemble versammelt und wird vom Publikum mit Standing Ovations gefeiert. Nachdem die Besucher verabschiedet sind und sich die Bühne sich, werden noch einmal Emotionen geweckt. Fumagalli und Darix umarmen und verabschieden sich von einander. Dann kehrt Fumagalli noch einmal in die Bühnenmitte zurück und verharrt ruhig ins Rund blickend. Applaus brandet auf und langsam kehren alle Artisten noch einmal zurück, nehmen noch einmal die Ovationen des restlos begeisterten Publikums entgegen ehe sich der Vorhang endgültig schließt.