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Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRQUE LOYAL
Strassen, 04. Juni 2016

Der französische Cirque Loyal Show bereist im Rahmen seiner Frühlingstournee zahlreiche Gemeinden im Großherzogtum Luxemburg. Die weitverzweigte Circusfamilie Loyal ist eine der traditionsreichsten Frankreichs, gilt doch einer ihrer Vorfahren als Schöpfer der Figur des „Monsieur Loyal“, nach dem noch heute die Sprechstallmeister in frankophonen Circussen benannt sind.
In Strassen, einer Gemeinde in der Agglomeration der Landeshauptstadt Luxemburg gab William Loyal mit seinem Circus ein dreitägiges Gastspiel. Zusammen mit Ehefrau Anita Dallau und einem Mitarbeiter betreibt der rührige Patron sein Unternehmen, nachdem die drei Töchter des Paares verheiratet sind und mit ihren Ehemännern in deren Geschäften reisen.
Auf dem ursprünglich geplanten Gelände, einer großen Grünfläche, konnte der Circus auf Grund der Witterungsbedingungen nicht aufbauen. Man musste auf einen nur wenige Meter entfernten befestigten, leider etwas beengten, Parkplatz ausweichen, der die volle Pracht des Unternehmens nicht zur Geltung kommen ließ.
Die gekonnt und professionell mittels Airbrushtechnik mit Circusmotiven gestaltete Front des Fassadenwagens, in den auch der Kassenschalter integriert ist, wird von einem schmucken Zaun flankiert. Die Zaunfelder sind mit verschiedenen großformatigen, lebhaft und phantasievoll gestalteten, Plakaten versehen. Zahlreiche Flaggen flattern auf Zaun und Fassade lebhaft in der milden Frühlingsbrise.
Direkt dahinter ist das pink-gelb gestreifte Zweimasten Chapiteau, von etwa vierzehn mal achtzehn Metern Grundfläche, aufgebaut; auf das Vorzelt musste angesichts der Platzgröße verzichtet werden. Die Zugmaschine, mit großem Kofferaufbau, der Wohnwagen der Direktion und der Chapiteauwagen sind rings um das Zelt aufgefahren. Wie in Frankreich üblich wird die Absegelung des Zeltes an den Fahrzeugen vorgenommen und auf Anker vollkommen verzichtet. Die Werbefahrzeuge des Circus, ein Kleinbus mit Lautsprecheranlage und zweiachsigem, mit Fahnen, Plakaten und Tierfiguren auffällig dekoriertem, Anhänger komplettiert das Arrangement.

Dank rationeller Ausnutzung der Raumkapazitäten und der in Frankreich erlaubten Überlänge von Schaustellertransporten ist man in der Lage, den gesamten Circus in einer einzigen Fahrt zu verlegen. Selbst große Entfernungen zwischen den Gastspielorten, während der Ferienzeit wird man wiederum die alljährliche Tour auf Campingplätzen und Ferienhaussiedlungen in der südfranzösischen Region Ardeche durchführen, stellen für das Unternehmen kein Problem dar.
Tiere führt der Cirque Loyal während seines Aufenthaltes in Luxemburg – fast – keine mit, da die Verwaltungen ansonsten keine Gastspiele bewilligen, selbst die drei kleinen Hunde erschweren den Umgang mit den Behörden. So sind Kamel, Lama, Pony und eine Schlange derzeit bei einem befreundeten Unternehmen untergebracht.
Mit vielfältigen Werbemaßnahmen bereitet William Loyal seine Gastspiele intensiv vor. Außer den zahlreichen Plakaten und der täglichen Parade des Werbewagens werden auch sämtliche Schulen und Kindergärten besucht und Flyer in großer Zahl an das potentielle Publikum verteilt. Diese Anstrengungen führen, wie wir bei unserem Besuch sehen konnten, offensichtlich zu hervorragenden Besucherzahlen.

Im Chapiteau stehen fünfzig Logenstühle und ein dreireihiges, rustikales Bankgradin für die Besucher bereit. Ein Manegenteppich mit gelb-pinkem Dekor markiert die Manege von etwa fünf Metern Durchmesser. Eine Plane im gleichen Dekor bildet den Artisteneingang.
Lange Schlangen bilden sich vor der Kasse und der Zustrom der Interessierten will nicht versiegen, so dass der Direktor den Einlass unterbrechen muss, um das Gradin mit weiteren sechs Segmenten zu ergänzen. Bis auf den allerletzten Platz ist das kleine Cahpiteau mit einigen hundert Besuchern gefüllt, als die Vorstellung endlich mit einiger Verspätung beginnen kann.
Madame Dallau heißt das „hochverehrte Publikum“ herzlich willkommen und kündigt „Clown William“ als erste Attraktion an. Dieser erscheint mit einem roten Koffer auf der Szene und nach ein wenig Wortgeplänkel entnimmt er dem Koffer eine Mundharmonika, auf der er eine eingängie Melodie spielt. Natürlich ist das musizieren verboten und er muss, nachdem der Trick mit dem Standortwechsel nicht akzeptiert wurde, das Instrument abgeben. Nach einander bringt er nun Trompete, Harmonika, verschiedene Trillerpfeifen zum Einsatz, ehe Frau Direktor aufgibt und er endlich auf einer weiteren Mundharmonika spielen darf.
Die folgende Hunderevue bringt eine Reihe der genretypischen Abläufe zu Gesicht. Von den zahlreichen Kindern mit vielen „Ah's“ und „Oh's“ bedacht, zeigen die Vierbeiner verschiedene Sprünge durch einen und zwei Reifen, die Arme des Vorführers und über bis zu drei Hürden. Hochsitzer und Slalomlauf um drei Kegel sind weitere Elemente der Vorführung.
Eine formidable Western-Show beginnt mit einer Reihe Lasso-Tricks, die abwechselnd von beiden Akteuren ausgeführt werden. Seilschlingen unterschiedlicher Größe werden geschickt manipuliert, durchsprungen, um Arm und Körper kreisen lassen und auch mit dem Mund rotieren lassen. Mehrere Zuschauerkinder dürfen gleichfalls ihr, mehr oder weniger vorhandenes Geschick versuchen, indem sie das rotierende Lasso übernehmen.
Mit gezielten Hieben seiner Bullpeitsche zerlegt William Loyal Zeitungseiten in den Händen der Partnerin in kleinste Papierschnipsel und schlägt einen Verschluss von einem Flaschenhals. Eine von ihm selbst hinter dem Rücken gehaltene Papierrolle durchtrennt ein gezielter rückwärtiger Peitschenhieb. Einen Schal schnippt er gekonnt zunächst von der Schulter, hernach vom Kopf und schließlich aus dem Hosenbund eines Zuschauers.

Ein weiteres Clownsentree wird vor der Pause geboten. Mit fünf ZuschauerInnen formt Clown William in flottem und pointiertem Spiel eine formidable Rockband.
Die große Tombola, mit der die Pause eingeleitet wird findet wie so oft in französischen Familiencircussen enormen Anklang und eifrig werden die Lose gekauft. Ladenhänger, Fähnchen des Cirque Loyal und „Punching Luftballons“, mit der aufblasen der Chef des Hauses kaum nachkommt, wechseln – da jedes Kind gewinnt – in Mengen den Besitzer und in dem kleinen Zelt herrscht ein unbeschreibliches Tohuwabohu. Inzwischen hat auch die Confiserie des Circus geöffnet und Madame Dallau hat alle Hände voll zu tun, schnell genug die Mengen an Popcorn zu zu bereiten und die Getränkewünsche zu erfüllen.
Sein Können auf dem Einrad präsentiert William Loyal nach der Pause. Slalomfahrt, aufheben von Gegenständen und die Balance einer Vorderradgabel gehören zu den Elementen der Nummer.
Ein plötzlich einsetzendes, sehr heftiges Gewitter gegen Ende der Pause lässt immer mehr Besucher hektisch den Ort circensischer Unterhaltung verlassen, so dass die Show vor weitestgehend geleerten Rängen endet.
Der Cirque Loyal Show richtet sich mit seinem Programm natürlich in erster Linie an ein sehr junges Publikum, bietet aber auch Erwachsenen kurzweilige Unterhaltung. Das flott ablaufende, etwa neunzigminütige Programm wird engagiert und ohne Längen dargeboten.