Text  und Fotos Friedrich Klawiter
EUROPEAN CIRCUS FESTIVAL LIÈGE
Liège, 17. Dezember 2011

www.europeancircus.com
Zum einundzwanzigsten Mal veranstaltet Stefan Agnessen in Lüttich zur Weihnachtszeit das "European Circus Festival", die bedeutenste Veranstaltung dieser Art in Belgien. Die attraktiven gelb-blauen Zeltanlagen waren traditionsgemäss im Parc d' Avroy installiert und die gepflegten Circuswagen komplettieren das Arrangement. Viel Tannengrün und Lichterbögen vor der Front sorgen in der Dämmerung des Winternachmittags für romantische Circusstimmung und mittels rotierender Scheinwerfer werden Muster in die umstehenden Bäume gezaubert.
Hinter dem Chapiteau sind Elefanten- und Pferdestall sowie die Raubtierwagen zu finden. Dicht an dicht sind ringsum die zahlreichen Wohnauflieger der Artisten abgestellt. Das Vorzelt trägt im Innern ein Streifendekor in zwei Rottönen. Die beiden Verkaufswagen sind dazu passend  lackiert; rot ist auch der Teppichbelag des Bodens. Geschmückte Tannenbäume sorgen für weihnachtliche Atmosphäre und einige ausgediente Raubtierpostamente gliedern stilvoll den Raum. Ein Stakettzaun trennt den Bereich einer kleinen gemütlichen Circusbar ab. Vor- und Hauptzelt sind an diesem nasskalten Tag angenehm temperiert.
Der neue Artisteneingang fällt dem regelmässigen Besucher bei betreten des Chapiteau gleich ins Auge. Ein Gitterrohrrahmen trägt zahlreiche kleine Lämpchen, die die rote Samtgardine ins rechte Licht rücken. Das sechsköpfige Orchester, seit Jahren steht die bewährte Band unter der musikalischen Leitung von Edward Tyburski, hat seinen Platz nun über dem Artisteneingang. Optisch ist der Klangkörper weitestgehend den Blicken des Publikum entzogen, da der große Schriftzug "European Circus Festival" direkt vor der Empore angebracht ist.

Gleichfalls erneuert wurde die Beleuchtungsanlage. Diese ist nun an vier Gitterrohrquadraten, die um die Masten angeordnet sind, installiert.

Die Figur des „Monsieur Loyal“ ist in francophon geprägten Circusmanegen nahezu unverzichtbar, doch hier wirkt ein wahrer Grandseigneur seiner Zunft - Christoph Ivanes, der unnachahmlich seine Sprecherrolle ausfüllt. Mit seinem einzigartigen Stil prägt er seit jeher dieses Festival. Wortgewaltig und eloquent setzt er mit oftmaligem Wechsel seiner eleganten und reich verzierten Fräcke auch optisch Akzente. Heuer erfolgt seine Begrüssung, für jedermann gut sichtbar, auf einem kleinen Posdament im Eingangsbereich stehend, da in der Manege bereits der Zentralkäfig errichtet ist.
Eric Borman und seine sieben Tiger sind als erste Darbietung des vorzüglichen Programms des European Circus Festival zu erleben. Außer einem guten  Dressurakt wird eine dekorative optische Finesse geboten - der obere Rand des Zentralkäfigs ist mit einer gerafften Schabracke verziert. Verschiedene Pyramiden und Sprungkombinationen, Hochsitzer und Teppich werden geboten. Hervorragend die Vorwärts- und Rückwärtssteiger von drei verschiedenen Tigern.
Im weiteren Verlauf der Vorstellung ist Eric Bormans Frau, Alexandra Pauwels mit einer neuen Pferdefreiheit zu sehen. Die sechs Schimmel zeigen das ABC der Manege noch mit ein wenig jugendlichem Ungestüm.
Ihre etwa neunjährige Tochter Sylvana entspringt ihrem pinkfarbenem Kabinett und zeigt ihr Können mit den Hula Hoops. Die Nachwuchsartistin beherrscht bereits ein umfangreiches Repertoire, dass sie in professioneller Weise präsentiert. Zum Abschluß der Darbietung wird sie an einem Ring emporgezogen, dabei einen Hula Hoop-Ring jonglierend.

Die „Shepperds Clowns“ beweisen in ihrem Entree großes Gespür für gute klassische Clownerie. Zusammen mit Christoph Ivanes wird im „Saloon“ eine Filmaufnahme geprobt und schließlich in Slow Motion dem Publikum vorgespielt. Mit schwungvoller Musik ziehen die Auguste schließlich aus der Manege. Darüber hinaus leitet August Gilberto Francesco mit seiner Popkorn-Szene die Pause ein und mit dem überaus poetischen einfangen eines Lichtstrahls wird das Finale eröffnet.
Jongleur Ivan Radev arbeitet äußerst virtuos mit Fussbällen. Sehr viele verschiedene Muster werden in schneller Abfolge von dem sympathischen Artisten in hohem Tempo geboten. Bis zu fünf Bälle beherrscht der dynamisch agierende Jongleur aus Bulgarien. Abschließend werden auf einem kleinen Handstab drei Basketbälle unterschiedlicher Größe zu einer rotierenden Pyramide aufeinander getürmt.
Eine attraktive Darbietung präsentiert uns unter der Kuppel des Chapiteau Celine Moreno. Am sogenannten "Corde Américain" zeigt die junge Frau zunächst am ruhenden Requisit einige kraftvolle Halteposen, um alsdann im vollen Schwung u. a. Nacken- und Zehenhang ohne Vorteil auszuführen. Sehr publikumswirksam verkauft sie ihren finalen Abfaller. Zwei Strapaten, deren Schlaufen ihre Fußgelenke umspannen, verlängern sich während des Sprungs.


Karah Khavak jun. und Sheena eröffnen den zweiten Programmteil mit ihrer grandiosen Reptilienshow. Die bekannte aufwändige Dekoration füllt die Manege und die beiden Protagonisten ziehen, anders als noch letzte Woche bei der Hallenshow in Paris, alle Register. Verschiedenste Boas und eine Anakonda bevölkern die Manege. Sheena teilt ihr Lager im gläsernen Sarg mit mehreren Giftschlangen und Skorpionen. Alligatoren und Kaimane wandern durch die Manege, Leguan und Waran werden präsentiert, Ratten wuseln um ein Skelett. Arachnophobie ergreift manchen Zuschauer, wenn sich Karah Khavak jun. und seine Partnerin eine Vogelspinne aufs Gesicht setzen.
Aus Moskau kommt das Duo Boiachin mit seiner hervorragenden Arbeit am Ringtrapez. Zu klassisch inspirierter Musik und ebensolchen Kostümen wird eine choreographierte Darbietung geboten. Die Handvoltigen unter der Kuppel sind von hoher Qualität und werden in erstklassiger Ausführung präsentiert.

Las Vegas im Circuszelt - Jidini' s Magic Show macht es möglich. Der französische Starmagier entführt uns mit seinen drei hübschen Assistentinnen in die Welt der Illusionen. Scheinbar nach Belieben verschwinden und erscheinen die Damen, werden in Pudel transformiert. Aus je einem schwarzen und weißen Pudel wird auf wundersame Weise ein Dalmatiner. Neu in seiner Show zerteilt der Meister mittels einer überdimensionaler Kreissäge eine unverdeckt liegende „Jungfrau“.

Die kurze Präsentation des afrikanischen Elefanten Baby durch Yeuk Bauer wird effektvoll von den fünf Kenianern der Truppe Mambo Jambo eingeleitet.
Diese afrikanischen Artisten gestalten anschließend in gewohnter Weise die Finalnummer. Limboshow und Reifen springen in vielfältigen Variationen werden routiniert geboten und anschließend betätigen sie sich als Pyramidenbauer.

Ein großes Finale beschließt stets die Vorstellungen des "European Circus Festivals". Alle Mitwirkenden werden noch einmal von Christoph Ivanes vorgestellt und ihre Leistungen gewürdigt. Ein paar kleine Zugaben, auch Elefanten Baby nimmt am Finale teil und dann bedankt sich Impressario Stefan Agnessen bei seinem treuen Publikum für den Besuch und überaus herzlichen Applaus. Nach rund drei Stunden Dauer eines erstklassigen und höchst sehenswerten Programms will der finale Beifall nicht enden und niemand verlässt seinen Platz. Die Artisten marschieren, wie es hier seit Jahren Brauch ist, entlang des Gradins ins Vorzelt. Durch das Spalier der Artisten gehen die Besucher nach draußen und viele nehmen die Gelegenheit wahr, sich mit ein paar Worten für das Gesehene zu bedanken und zu verabschieden. Mit Spannung erwarten wir wer einen der drei attraktiven Festivalpreise gewinnen wird.
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