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Text und Fotos Friedrich Klawiter
EUROPEAN CIRCUS FESTIVAL
Lüttich, 12. Dezember 2015

www.europeancircus.com
Zum 25. Mal veranstaltet Direktor Stefan Agnessen, der vor wenigen Wochen mit der Ehrenbürgerschaft seiner Heimatstadt Seraing geehrt wurde, in dieser Spielzeit das "European Circus Festival". Wie immer ist der Circus im Herzen Lüttichs, im Parc d' Avroy, beheimatet. Die Jubiläumsausgabe des Festivals folgt stringent dem über die Jahre entwickelten eigenen Stil und bietet wiederum ein traditionelles Circusprogramm, dessen typische Ingredienzien mittels Ballett sowie hervorragendem Licht und Live-Musik gekonnt in Szene gesetzt werden.
Vor Ort präsentiert sich das Festival in neuer Optik. Erstmals stellt der Circus Belly-Wien Material und Logistic dieser Veranstaltung. Das große Kuppelzelt des Circus von Roman Zinnecker beherrscht die Szene und transportiert mit Leuchtschrift und Lichterketten Circusatmosphäre pur. Vorzelt und Tierstallungen ergänzen die Zeltanlagen. Der große Oberlicht-Kassenwagen des Circus und der elegante weiß-gelbe Frontzaun funkeln im Glanz zahlloser Lichter. Der umfangreiche, exzellent gepflegte Fuhrpark wurde um die Zelte gruppiert und die Wohnwagen nehmen den übrigen Raum restlos ein.
Das Innere des Vorzeltes bietet, da in mehreren Rottönen gehalten, eine warme Atmosphäre. Zwei mächtige Tannen sorgen auch hier für Weihnachts-Feeling. Neben den beiden großen Verkaufswagen der Circus-Restauration komplettieren eine Champagner Bar sowie eine Garderobe (!) die Einrichtung.
Drei Reihen bequemer, gepolsterter Stühle und ein Schalensitzgradin mit neun Reihen stehen für die Besucher bereit. Der breite und hohe Artisteneingang aus rotem Samt wird vom großen Namenszug des Festivals gekrönt. Dahinter haben die acht Musiker des Orchesters von Eduard Tyburski ihren Platz.

Claude Brunel ist auch in dieser Spielzeit wieder der eloquente „Monsieur Loyal“ der Show. Während er das Publikum gemeinsam mit Direktor Stefan Agnessen begrüßt, Ist auf einer Leinwand vor der Gardine ein Film, der Stationen im Leben von Andrew - Stefan Agnessens im Sommer verstorbenem Sohn – nachzeichnet, zu sehen. Er nehme von dort wo er jetzt sei, ist man überzeugt, Anteil am Geschehen in seinem Circus und als Symbol dessen lässt ein Spot einen der Sterne auf der Chapiteauplane hell erstrahlen.
Das französische Ballett „A la Folie“ kommt zu seinem ersten von zahlreichen Auftritten.
Die fünf Tänzerinnen sorgen mit ihren wechselnden aufwändigen Kostümen in den unterschiedlichen Choreographien für den notwendigen Glamour.
Marlon Zinnecker eröffnet mit der Freiheitsdressur von acht Friesen die Nummernfolge. Souverän lässt der sympathische Tierlehrer die vielfältigen Figuren ablaufen. Pirouetten, Volten, Fächer, Gegenläufe und andere Figuren werden in perfekter Manier ausgeführt. Als Da Capo präsentieren drei weiße Araber eine Reihe unterschiedlicher hervorragender Steiger.
Im weiteren Verlauf der Show sehen wir den Juniorchef des Circus Belly-Wien mit den Exoten des Hauses. Sechs Steppenkamele, deren blaue Schabracken mit dem Kostüm des Vorführers in idealer Weise korrespondieren, bieten ein umfangreiches Repertoire. Ein Ungarisches Steppenrind und Schottisches Hochlandrind gestalten zusammen mit einem sprunggewaltigen Lama das Da Capo des Auftritts.
Als „La Reine des Neiges“ wird Nadja Scholl bei ihrer Luftdarbietung annonciert. Als großes Schaubild in Szene gesetzt, sind Mandy Zinnecker und das Ballett in den Ablauf eingebunden. Die zierliche Artistin arbeitet zunächst eine Reihe kraftvoll ausgeführter Tricks an Strapaten. Den zweiten Teil des Auftritts absolviert sie an Tüchern. Weite Flüge und riskante Abfaller sind das Markenzeichen der jungen Frau und werden hier in exzellenter Weise geboten.

Clown Tito Medina ist in drei Auftritten zu erleben. In erster Linie ist er heftig bemüht, das Publikum lautstark zu animieren, es bei seinen Gangname-Style Tanzereien gleich zu tun.
Der erste Auftritt gipfelt im einhändigen Trompetenspiel des Clowns, während er im Kopfstand auf einer stabilen Puppe steht. Ein andermal kommt, nachdem einige Luftballons zerstört wurden, ein überdimensionaler Luftballon zum Einsatz, in dessen Innerem der Clown schließlich in bekannter Weise seine Späße treibt.
Die französische Artistin Nanou präsentiert ihre Handstandequilibristik zu schwermütigen Tangoklängen aus der Konserve. In ruhigem Adagiostil werden die gängigen Figuren des Genres sicher ausgeführt. Als besondere Note werden die beiden Handstäbe zwei Mal mit weiteren aufgesteckten Elementen verlängert, so dass die Artistin ihre Tricks in immer größerer Höhe arbeitet.
Die Truppe Dolly Cretu bietet mitreißende Schleuderbrett-Akrobatik. Die acht rumänischen ArtistenInnen arbeiten eine trickstarke Darbietung in traditionellem Stil und mit der typischen Begleitmusik.

Eine vierköpfige Truppe von „The Gerlings“ ist in drei Auftritten zu erleben. Zunächst agiert man zu viert am Todesrad. Nach einigen Aktionen und verschiedenen Sprüngen in den Kesseln geht es auf die Außenbahn. Doppelter Blindlauf, Seil springen und einige hohe Absprünge sind die hier gezeigten Elemente.
Der zweite Programmteil beginnt mit dem Globe of Death der Truppe. Technische Schwierigkeiten beeinträchtigen diesen Auftritt stark. Die Kugel lässt sich nicht standsicher in Stellung bringen und zu allem Überfluss löst sich gleich beim ersten Versuch einer Fahrt eine Abseglung vollends. Schließlich drehen zwei Fahrer einige Runden im Globe, ehe es nach langwierigen und von weiteren Problemen beeinträchtigten Bemühungen mit vereinten Kräften vieler Helfer gelingt, die Stahlgitterkugel wieder aus der Manege zu bugsieren.
Als Finalnummer sehen wir drei Truppenmitglieder mit einem schwungvollen Auftritt auf dem Hochseil. Gekonnt und temperamentvoll werden viele Tricks des Genres gearbeitet. Gleichzeitige Rolle rückwärts von zwei Artisten, Seil springen – mit einem Scheinsturz, freier Stand auf einem Stuhl, Zwei-Mann-Hoch mit Absprung aufs Seil sind einige der gezeigten Figuren. Eine Dreier-Pyramide wird mit einem Kopfstand auf der oberen Ebene gekrönt und bildet den Höhepunkt des Auftritts.
Das Finale wird von Tito Medina und einem aufblasbaren Elefanten eingeleitet, das Ballett hat einen letzten großen Auftritt und Direktor Stefan Agnessen stellt seine Artisten, nachdem diese ihre Formation eingnommen haben, noch einmal vor. Wie stets bei dieser Veranstaltung nehmen die Mitwirkenden abschließend im Vorzelt Aufstellung und geben den Besuchern so Gelegenheit zu einem kurzen persönlichen Kontakt.