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Text und Fotos Friedrich Klawiter
26. EUROPEAN CIRCUS FESTIVAL
Lüttich, 16. Dezember 2016

www.europeancircus.com
Schon zum 26. Mal bietet Direktor Stefan Agnessen seinen belgischen Landsleuten wahrlich großen Circus mit seinem „European Circus Festival“ im Centrum Lüttichs, der wallonischen Metropole an der Meuse. Der seit Jahren perfektionierte eigene glamouröse Stil, mit dem das hervorragende und traditionelle Circusprogramm präsentiert wird, wurde nochmals verfeinert. Vom vollbesetzten Auditorium wurde die hervorragende Show allerbestens aufgenommen und mit riesigem Beifall und Standing Ovations gefeiert.
Zum zweiten Mal durfte der Circus Belly-Wien von Roman Zinnecker die Zeltanlagen und die entsprechende Logistik für diese Traditions-Veranstaltung stellen. Das vorzügliche und sehr gepflegte Material des Circus Belly-Wien prägt das äußere Erscheinungsbild dieses Circus Festivals. Das große Kuppelzelt beherrscht den Platz und Leuchtschrift und Lichterketten transportieren Circusatmosphäre pur. Vorzelt und Ställe komplettieren die Zeltanlagen. Der große Oberlicht-Kassenwagen und der elegante weiß-gelbe Frontzaun funkeln im Glanz zahlloser Lichter und reicher Tannenschmuck sorgen für Weihnachts-Feeling. Der umfangreiche Fuhrpark des Circus und die Wohnwagen der Artisten beeindruken die interessierten Besucher.
Das Innere des Foyerzeltes ist in verschiedenen warmen Rottönen gehalten und strahlt eine gemütliche Atmosphäre aus. Neben den beiden großen Verkaufswagen der Circus-Restauration komplettieren die obligatorische Champagner Bar und eine Garderobe die Einrichtung.
Ein Schalensitzgradin mit neun Reihen und drei Reihen gepolsterter Logenstühle stehen für die Besucher bereit. Der große Artisteneingang aus rotem Samt wird vom Namenszug des Festivals gekrönt.

Die diesjährige Produktion steht unter dem Motto „Aladin und die 1001 Nächte“ und wird mit einem erstklassigen, stimmungsvollen Lichtdesign hervorragend in Szene gesetzt.
Das herausragende Ballett „Dream's Follies“ unter der Leitung von Sebastien Lallemand bildet mit seinen zahlreichen gelungenen Auftritten den Rahmen der Show. Zu jeder Szene wechseln die fünf Tänzerinnen und zwei Tänzer die Kostüme und ihr glamouröses Auftreten im Stil des „Lido de Paris“ strukturiert das Manegengeschehen, schafft perfekte Übergänge und zaubert elegante stimmungsvolle Bilder ins weite Rund.
Claude Brunel, einer der Stars unter den französischen „Monsieur Loyal“ wurde wiederum als eloquenter Manegensprecher, im frankophonen Circus unverzichtbar, verpflichtet. Mit seinen gekonnten und informativen Moderationen bringt er die auftretenden Artisten den Zuschauern in idealer Weise näher.
Mit einem groß angelegten, glamourösen Opening werden die Besucher gefesselt. Erste Szenen des Balletts, die Begrüßung durch den „Monsieur Loyal“, die Parade der Artisten und als Krönung Nadja Scholl mit ihrer gekonnten Live-Interpretation des Liza Minelli Song "Life is a Cabaret“, bieten einen ersten Höhepunkt der Show.
Ein traditioneller Circus-Act eröffnet die Nummernfolge. Marlon Zinnecker präsentiert ein doppeltes Groß-und-Klein. Die sehr gute Dressurfolge zweier Friesen mit zwei falben Fallabella Ponys bietet eine umfangreiche Reihe raffinierter und effektvolle Aktionen die vom versierten „Maître Écuyer“ in flottem Ablauf abgerufen werden.
Im weiteren Programmverlauf präsentiert der Juniorchef des Circus Belly-Wien, im roten Frack mit reicher Goldstickerei, den vorzüglichen Achter-Zug Friesenhengste des Hauses.
Mit großer Präzision werden die vielseitigen und anspruchsvollen Figuren der attraktiven Freiheitsdressur vorgetragen. Als Da Capo zeigen sich vier temperamentvolle weiße Araberhengste mit diversen erstklassigen Steigern.

Die Pudelrevue von Jana Posna komplettiert die Auswahl der Tierdarbietungen. Die sieben quirligen Hunde unterschiedlicher Größe und Fellfarben beherrschen ein breites Spektrum unterschiedlicher Sprünge, das mit Verve gearbeitet wird. Temporeich laufen die vielseitigen Tricks ab und das Publikum nimmt lebhaften Anteil am Manegengeschehen.
Miss Mandy ist mit ihrer bestens bekannten Kür auf dem gespannten Silberdraht zu erleben. Routiniert und gekonnt werden die Balancen und Tanzschritte gearbeitet. Mit einem formidablen Spagat beschließt die sympathische junge Frau ihre Evolutionen.
Tempojongleur Aaron Zinnecker manipuliert zunächst bis zu fünf Tennisbälle in vielerlei Variationen. Die folgenden Routinen erfolgen mit Keulen ehe die Muster mit bis zu sieben Ringen folgen. Zum Abschluss des Auftritts werden drei Fackel effektvoll gehandhabt.

Der chilenische Clown Matute Alvarez ist in einigen, abwechslungsreichen Reprisen zu erleben. Er verkörpert eine sympathische Clownsfigur und unterlegt die allermeisten Aktionen mit gekonntem und stimmigen Beatboxing. In flott ablaufendem pointierten Spiel werden die einzelnen Auftritte absolviert. Als „verspäteter Zuschauer“ kommt er durch den Haupteingang in den roten Ring, wo er sich dem Manegensprecher als Clown zu erkennen gibt und als dann dem Publikum nahebringt welche Beifallsstärke für ihn angemessen sei. Im nächsten Auftritt sehen wir ihn als geschickten Musiker mit großer Trommel und Becken auf dem Rücken. Anschließend gilt es für einige Logengäste einen zugeworfenen Papierstreifen in einem Becher auf zu fangen und letztlich hilft der Clown mit einem Laubsauger nach. Zuletzt sehen wir einen fulminanten, rasant inszenierten Boxkampf mit einem gekonnten mitspielenden Zuschauer.

Nach der Pause sehen wir mit der  französischen Formation „Vol de Dames“ eine außergewöhnliche Darbietung am Fliegenden Trapez. Zwei Flieger und eine Voltigeuse nehmen ihren Platz auf der Brücke ein und zusätzlich zur üblichen Fängerposition ist eine weitere Fängerin (!) an einem Fangstuhl über der Flugbahn platziert. In einem trickstarken und mit zahlreichen Flügen auch umfangreichen Auftritt werden die, durch die zusätzliche Position erweiterten Möglichkeiten nach Kräften genutzt. Darüber hinaus arbeitet die Voltigeuse eine Reihe spektakulärer und elegant ausgeführter Tricks mit ihrer Partnerin am Fangstuhl, darunter Pirouetten und Salto, die allesamt wieder zu den Händen der Fängerin zurückführen. Ein höchst selten zu sehender, spektakulärer Trick wird zum Abschluss des Acts geboten. Die beiden Flieger landen einen parallel ausgeführten Salto zugleich an einer Stange, die der Fänger ihnen in seinen Händen entgegenstreckt.
Die Magic Show von Massimo Rossi bringt einige der vielfach zu sehenden Groß-Illusionen zu Gesicht.

In Rahmen eines großen orientalischen Bildes werden die weiteren Nummern eingebunden somit das Motto der Show harmonisch optisch umgesetzt.
In einem umfangreichen Auftritt agiert das Ballett in glanzvollen, aufwändigen „Haremskostümen“ und „Monsieur Loyal“ geht Habitus eines orientalischen Potentaten seinen Aufgaben nach. In einem großen Umzug defiliert die „Caravane exotique“ durchs weite Rund. Die Kamele und Lamas des Circus Belly-Wien folgen, mit Schabracken geschmückt, ihren Führern entlang der Piste. „Aladin“ - Adil Hajji – erscheint mit der „Wunderlampe“ auf der Szene und arbeitet eine gekonnte Handstand-Equilibristik. Zahlreiche Einarmer, Handstand-Waagen und unterschiedliche Handstandfiguren werden in sehr guter Ausführung, und mit flüssigen Übergängen versehen, gekonnt dargeboten.
Die Karawane zieht weiter und nimmt uns mit auf einen orientalischen Markt mit seinem bunten Treiben und seinen Gaucklern, ehe „Aladin“ und „Yasmin“ auf ihrem schwebenden Teppich durch die Kuppel fliegen.
Das bunte Bild mündet in den Auftritt der Truppe Hajji. Die sieben marokkanischen Artisten treten in traditioneller Weise als Pyramidenbauer und Springer vor ihr Publikum. Zunächst werden eine Reihe unterschiedlicher Pyramiden, die bis zum Vier-Mann-Hoch führen, ohne Hilfsmittel, temporeich gebildet. Im zweiten Teil der Darbietung wirbeln die Akteure rasant durch die Manege, schlagen Rad, springen Flickflacks und Saltos in vielfältiger Weise und in den unterschiedlichsten Kombinationen. Abschließend „Hassan“, Untermann der Truppe, das komplette Gewicht seiner sechs Kollegen auf seinen Schultern.

Das Finale, stets eine große und glanzvoll angelegte Inszenierung bei den Shows des European Circus Festivals, erhält in dieser Spielzeit eine besonders elegante Note durch den abermals hervorragenden Live-Gesang von Nadja Scholl. Nachdem Ballett und Artisten ihre Positionen eingenommen haben, stellt Direktor Stefan Agnessen seine Künstler noch einmal vor. Ein starker Schlussapplaus mit Standing Ovations hält die Akteure lange in der Manege, ehe sie – wie es bei dieser Veranstaltung Tradition ist – im Vorzelt Aufstellung nehmen und somit den Besuchern Gelegenheit geben, sich in einem kurzen persönlichen Kontakt zu bedanken und zu verabschieden.
Das European Circus Festival ist und bleibt ein Juwel, nicht nur der belgischen Circusszene, sondern auch der zahlreichen Weihnachtscircus-Produktionen.