Text und Fotos: Friedrich Klawiter
CIRCUS Henry RENZ-MANEGE
Luxemburg, 04. Dezember 2010

www.luxemburger-adventscircus.eu
Zum fünften Mal in Folge war Henry Renz mit seinem Circus  in Luxemburg auf dem Glacis als 'Adventcircus' präsent. Zelte und Wagen im markanten gelb und blau sorgen für die Farbtupfer an einem eisigen trüben Dezembertag in der verschneiten Stadt. Mit viel Tannengrün und Lichterketten an der Front wird für die nötige weihnachtliche Atmosphäre gesorgt. Diese Stimmung setzt sich im gut beheizten, mit Weihnachtsbäumen dekorierten und zahlreichen Verkaufsständen bestückten Vorzelt fort.

Das Gradin wird hier, anders als während der Saison im Aufbau ein wenig variiert. Durch einen breiten ebenerdigen Mittelgang gelangt man zu seinem Sitzplatz. Auch im Chapiteau finden sich an der Bühne Weihnachtsbäume mit weißer und blauer Beleuchtung und die Logen sind mit leuchtenden „Eiszapfen“ versehen.
Der Besucherandrang zur Nachmittagsvorstellung war enorm und diese begann mit fast halbstündiger Verspätung. Dieses Jahr wird der Circus Manege-Renz zwei Weihnachtscircusse - in Heidelberg und Pforzheim - veranstalten und so war das für Luxemburg neue Programm schon unter dieser Prämisse zusammengestellt. An Weihnachten werden die Akteure auf die beiden Veranstaltungen „aufgeteilt“. An diesem ersten Wochenende des Adventscircus war die Crew noch nicht komplett, eine Pferdefreiheit sowie eine Trampolinnummer aus der Ukraine werden in den kommenden Tagen noch eintreffen.

Nach einer kurzen musikalischen Einleitung aus der Konserve unterstützt durch den Einsatz einer Spiegelkugel eröffnet das Clownduo Red & Blue die Spielfolge. Das Paar aus Lettland glänzt mit feiner Komik und durchdachtem Spiel, dass eine umfassende Ausbildung im Stil der russischen Schule erkennen lässt.
Zunächst kämpfen sie mit Verwicklungen ihrer oberen Extremitäten und zwei Hüten. Diese Reprise haben wir noch vom letztjährigen Auftritt hier im Adventscircus in Erinnerung, während ihre weiteren Szenen allesamt „neu“ waren. Der zweite Auftritt sieht den männlichen Partner solo gegen eine widerspenstige Glühlampe angehen.
Zusammen mit der Partnerin agiert er als Koch in der Art eines Hütchenspielers mit einem Kohlkopf. Es sind allesamt liebevoll gestaltete und gespielte Reprisen, wobei es speziell der letzten an Tempo fehlt und die Ausführung zu lang gerät.

Clown Anton ist ein älterer Artist, der in sparsamen Maske eines Vagabunden zwei Mal als Schmetterlingsjäger unterwegs ist. Eine Jongleurparodie sowie die Pausenankündigung sind die nächsten Auftritte. Schlussendlich leitet er mit seinem „Violinenspiel“ das Finale ein.
Selbstverständlich sind in diesem an Clown-Nummern reichen Programm auch Olga und Vladimir Slobudeniuk vertreten. Auch sie treten zunächst mit einer ihrer wohlbekannten Szenen, dem Spiel mit Ballons, in Erscheinung.
Neu erarbeitet haben sie sich eine höchst eigenständige Variante des Wasserentrees. Ablauf und Auflösung sind nicht unbedingt vorhersehbar und folgen nur in der Grundidee den bekannten Mustern. Ihr dritter Auftritt sieht Olga als Automatenpuppe. Als Ballerina tanzt sie mit einem Zuschauer.

Als gewöhnungsbedürftig und schwierig zeigt sich die musikalische Begleitung fast aller Darbietungen. Irische Stepptanzklänge, sowie Rapsongs sollen wohl für ein modernes zeitgemäßes Feeling sorgen, passen sich leider nicht dem Geschehen in der Manege an und unterstützen die auftretenden Artisten in keiner Weise.

Auch der artistische Part des Programms wird zum überwiegenden Teil von Duos gestaltet. So sehen wir Tatjana Lenta, viele Jahre im Circus Universal Renz als Soloartistin, bzw. mit Galina Szabo als Duo Targal engagiert, nun mit einem neuen Partner. Duo Berousini nennen sich die beiden und produzieren sich am Haltestuhl.
Das Duo Coppelia stellt die alte Frage 'Mensch oder Puppe' und verkauft mit viel Klamauk seine Kontorsionstricks, derweil die während der Saison bei Henry Renz-Manege gleichermaßen gearbeitete Perchenummer pausiert.
Sergeij ist ein junger Jongleur mit einer eigenwilligen Performance. Als cooler Hipp-Hopper  lässt er einen Basketball im Korb landen. Aus dem Brett dahinter lösen sich daraufhin drei Klötze und leiten so seine Jonglage ein. Drei weitere Mal nimmt er neue Klötzchen in Gebrauch um sie in wenigen Mustern zu jonglieren.
An Vertikalschnüren produziert sich Betty. Die junge Frau bietet die typische Abfolge von Tricks, die an Tuchstrapaten gezeigt werden.

Zwei Darbietungen werden vom Duo D & M gearbeitet. Zunächst präsentieren sie eine Adagio-Akrobatik. Komplett in weiß, Kostüme und Requisit, erinnert die kraftvolle Abfolge der Tricks an „Goldmenschen“. Den zweiten Programmteil eröffnen die beiden mit ihrer Kür an Strapatentüchern. Auch in dieser Nummer agieren beide Partner als Porteure.
Auch das Duo Musa ist zwei Mal zu sehen. Der männliche Partner - Salim - drückt seine Handstände auf einer relativ flachen Stuhlpyramide. Auf einem Tisch klinkt er den ersten Stuhl, der auch am Rücken größere Auflageflächen für die ersten Handstände aufweist, ein und arbeitet sich in bekannter Manier Stuhl um Stuhl empor. Im zweiten Auftritt wird eine Limboshow geboten. Ihren stärksten Auftritt als Duo an Tuchstrapaten zeigen sie in diesem Rahmen nicht.

Nachdem rund drei Viertel des Programms absolviert sind kommt erstmals so etwas wie Stimmung im Gradin auf, gehen die Zuschauer mit und applaudieren spontan der einzigen Darbietung mit Tieren in diesem Programm. Jean-Pierre Ferry, vor einigen Jahren häufig bei unseren westlichen Nachbarn mit seinen Schimpansen zu sehen, hat sich nun - die Affen sind alt und in einen Zoo abgegeben - eine neue Darbietung mit fünf Hunden aufgebaut. Neben einigen Magic-Tricks, die die Hunde in der Manege erscheinen lassen, werden die gängigen Abläufe des Genres gezeigt.

Liegt es am verspäteten Programmbeginn oder sind andere Gründe ausschlaggebend? Mit Beginn der Finalnummer  verlassen zunehmend mehr Besucher den Circus. Als letzte Künstlerin ist derzeit Direktionstochter Bianca Renz am Vertikalseil zu sehen. Auch dieser Auftritt wurde modern gestylt und mit einigen Tricks an vier Strapatenschlaufen ergänzt.
Zu einem kurzen bunten fröhlichen Finale versammeln sich die Akteure in der Manege und genauso gruß- und wortlos wie die gesamte Vorstellung war, endet sie auch - vor inzwischen deutlich geleerten Rängen.
Das Programm des Luxemburger Adventcircus kommt ohne hervorstechende Höhepunkte auf einem ausgeglichenen Level daher. Dieser Eindruck wird durch zahlreiche ähnlich gelagerte Darbietungen bzw. Dubletten bei den Genres verstärkt. Leider versteht es eine unglücklich agierende Licht- und Musikregie nicht, die Präsentation zu unterstützen und für ansprechendes Feeling zu sorgen. 

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