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Text und Fotos Friedrich Klawiter
MOSCOW STAR CIRCUS  
Gent, 26. April 2009
Der Circus der Familie Jarz war in Gent inmitten der Altstadt auf einem gepflasterten (Markt)Platz anzutreffen. Unmittelbar vor einer Kirche stand der Circus. Repräsentative Gebäude rings um den Platz verleihen der Szenerie ein ansprechendes Ambiente. Der große rote Viermaster mit passendem Vorzelt und Stall wird vom umfangreichen Fuhrpark des Circus flankiert. Ein wunderbares Bild, wie es heutzutage leider kaum noch zu sehen ist. Im Chapiteau zeigt sich dann, dass auch in diesem Jahr der zweite Programmteil in, bzw. über einer Wassermanege stattfinden wird.
Nachdem der flämische Redeschwall des Ringmasters verklungen ist, startet das Programm in gewohnter Manier mit dem hauseigenen Exotenzug. Annonciert als „Vladimir Ivanov“, immerhin ist man ja im Moscow Star Circus, dirigiert Remo Jarz drei Kamele, drei schottische Hochlandrinder und vier Lamas durch den roten Ring. Ruhig und souverän agieren Vorführer und Tiere.
Seine beiden Töchter Valentina und Linda, Mädchen von ca. neun und elf Jahren, sind gleichfalls als Vorführerinnen in der Manege vertreten. Zuerst zeigt sich die größere der beiden als Chefin von sechs Ponys. Anschließend lässt die jüngere Schwester ein Pony vielfältige Figuren durch vier große Metallringe laufen. Beide Mädchen arbeiten weitestgehend selbständig, ihr Onkel Emiliano assistiert nur sehr zurückhaltend im Hintergrund, und gehen ihre Aufgaben mit großer Disziplin und Ernsthaftigkeit an.

Da aus organisatorischen Gründen alle Tiere im ersten Programmteil auftreten müssen, erleben wir die Pferdefreiheit von Emiliano Jarz noch vor der Pause. Fehlerfrei zeigen sieben andalusische Schimmel ihr Repertoire. Einige Da Capos runden den Auftritt ab.

Aus Ungarn kommen Cathy und Yozo Farkas. Die junge Frau jongliert sicher und virtuos mit selten zu sehendem Requisit. Zwei Kugeln sind mit einem etwa sechzig Zentimeter langen Seilstück verbunden. Bis zum fünf solcher Gebilde beherrscht Miss Cathy zur gleichen Zeit. Als Zugabe wirbelt sie abschließend einen großen Röhrenkubus umher.
Clown Yozo ist mit einigen Reprisen präsent. Nachhaltigen Eindruck hinterlässt seine Jonglage mit drei Zigarrenkistchen.
Im zweiten Teil präsentieren die beiden einen 'komischen Tanz'. Zu verschiedenen Rhythmen werden eine Reihe von Slapstick-Tricks auf der Bühne inmitten der Wassermanege geboten.

In sehr kurzer Zeit errichtet die nur wenige Personen umfassende Requisiteurscrew in der Pause die Wassermanege mit der erforderlichen Technik. In bekannter Art füllt ein Wasserfall von oberhalb des Artisteneingangs eindrucksvoll das Becken. Im Moscow Star Circus ist zudem entlang der Zeltkuppel ein Rohr installiert, aus dem sich während der ganzen Wassershow ein Regenvorhang in die Manege ergießt.
Immer wieder versteht es Stefania Jarz, sie die Schwester von Remo und Emiliano, mit ihren verschiedenen Nummern das Publikum zu begeistern. Im ersten Teil zeigt sie einen Quick Change, zu dem Emiliano nur dezent assistiert. Der Ablauf folgt den üblichen Mustern, wird flott und elegant präsentiert und versteht zu unterhalten. Auf der Bühne der Wassermanege präsentiert sie dann ihre Hula Hoop Show. Zunächst wird der Bezug zum Wasser mit einem Nixenkostüm hergestelllt. Nachdem sie Flossen abgelegt hat startet die schwungvolle Trickfolge. Wie so oft bei 'Circus unter Wasser' beeinträchtigen die beengten Bühnen die Artisten und lassen die Nummern gegenüber den 'normalen' Abläufen ein wenig statisch wirken. Ihre hervorragende Antipodendarbietung pausierte in der von uns besuchten Vorstellung.
Als einzige in der hohen Kuppel des Jarz-Chapiteaus sehen wir eine russische Artistin namens Ivanova am Schwungseil. Die Artistin im reifen Alter arbeitet in großer Höhe, direkt unter der Kuppel, und zeigt ohne jede Sicherung in mitreißender Performance eine große Anzahl Tricks.
Unmittelbar nach der Pause hat der erst dreizehnjährige Andre Stykan seinen großen Auftritt. Sein Requisit, ein hoher Piedestal mit vorgebauter Leiter passt gerade so auf die Plattform im Wasser. Der kraftvolle und erwachsener wirkende Junge überzeugt mit seiner Handstandequilibristik in hervorragender Manier. Ohne die geringste Unsicherheit und scheinbar ohne Anstrengung werden in elegant verschiedene Handstandfiguren, Einarmer, Waagen und Treppenläufe im Handstand gezeigt. Ein Klötzchensturz aus relativer Höhe, die Hölzer stehen hochkant aufeinander, schließt diese starke Leistung eines Nachwuchsartisten effektvoll ab.
Den artistischen Schlusspunkt zu setzen obliegt dann seinen Eltern. Seit Jahren gehört die Partnerequilibristik des Duo Stykan zu den Spitzenacts des Genres. Kraftvoll, elegant und mit perfektem Verkauf wird die publikumswirksame Darbietung gearbeitet.

Zu jedem ordentlichen 'Circus unter Wasser' gehören bunt illuminierte 'tanzende Fontänen'. Da macht auch der Moscow Star Circus keine Ausnahme. Zu klassischer Walzermusik sprühen die Fontänen in immer wieder neuen Formationen empor. Sie leiten dann zum kurzen Finale über. Dessen Darstellungsmöglickeiten sind naturgemäß durch die Wassertechnik stark limitiert. Die Mitwirkenden nehmen auf der Piste ihre Aufstellung ein, wobei sie leider ziemlich im Dunkeln verbleiben, und nehmen den begeisterten Schlussapplaus des komplett ausharrenden Publikums entgegen.