Text und Fotos Friedrich Klawiter
20. FESTIVAL DU CIRQUE DE NAMUR
Namur, 25. Oktober 2025
www.festival-cirque-namur.com


Die diesjährige Jubiläumsausgabe des von Impresario Emmanuel Horwood veranstalteten Circusfestival brachte erneut eine erstklassige Show, die in gelungener Weise traditionelle Circuskunst mit moderner Präsentation vereint, in die Stadt an der Maas. Nach bescheidenen Anfängen nahm die Veranstaltungsreihe, die mit großen Programmen in festlichem Rahmen ihr Publikum fesselt, schon bald eine rasante Entwicklung und wurde zu einem bedeutenden alljährlichen circensischen Event.
Wie eh und je sind die Zeltanlagen auf dem Circusplatz, auf der „Esplanade de la Citadelle“, hoch über der Stadt aufgebaut. Ein rot-gelb gestreiftes Chapiteau mit sehr hoher spitzer Kuppel ist mit einem dreimastigen Vorzelt im gleichen Dekor kombiniert.
Die moderne große Fassade, ein mehrteiliger Rahmen aus Gitterrohrträgern mit bunt bedruckten Spannbändern in den verschiedenen Feldern, schließt die Frontseite des Geländes ab.
Die weißen Transporte des Circus nehmen die linke Platzseite ein, während gegenüber die Wohnwagen der Mitarbeiter und Artisten in langen Reihen Platz fanden. Der rückwärtige Bereich des Geländes ist dem Stall und den Freigehegen der Pferde und Kamele vorbehalten.
Die Zeltanlagen atmen eine behagliche Atmosphäre. Roter Teppich und roter Stoff am Rondell des Vorzeltes vermitteln Wärme. Ein großer Verkaufscontainer auf der einen Seite sowie gegenüberliegend weitere Stände und eine Champagnerbar füllen den Raum.
Ein großes, steil ansteigendes Schalensitzgradin, in das drei Reihen gleichfalls ansteigender Logensitze integriert sind, füllt den Raum um die Manege restlos aus.
Die imposante Lichtanlage wird von Cedric Horwood hervorragend eingesetzt. Mit seinem hervorragenden und ausgeklügelten Lichtdesign wird die Show perfekt in Szene gesetzt. Das polnische Circusorchester unter der Leitung von Artur Palusz begleitet die Show in weiten Teilen live.
Das kurze Opening sieht das Orchester und die Lichtanlage in Aktion, dann tritt Impresario Emmanuel Horwood, der auch in dieser Spielzeit die Rolle des „Monsieur Loyal“ charmant und eloquent ausfüllt, in den Ring, um sein treues Stammpublikum zum zwanzigjährigen Jubiläum zu begrüßen.
Mit den rasanten und riskanten Balancen von Michael Alves auf der Freistehenden Leiter gelingt der Einstieg in Nummernfolge erstklassig. Die vielseitigen Drehungen mit dem Requisit münden in Sprünge mitsamt der Leiter über drei flache Hürden. Zum Höhepunkt seines Auftritts balanciert der Artist, Longen gesichert, gekonnt und sicher auf einer extrem hohen Leiter.
Einen ersten Act in der Luft bietet David Hammarberg. Nach einigen Figuren am Trapez erfolgt ein Wechsel an Bungee-Seile. Vielseitige Flüge füllen die weite Zeltkuppel.
Verschiedene Einräder setzt Kelly Folco in ihrem Auftritt ein. Zunächst springt sie auf dem Rad eine Treppe hinauf und auf dem Podium Seil. Nach dem Wechsel auf ein Stangenrad befördert die junge Frau Unterteller und Tassen per Fußkick auf ihren Kopf, wo sie sich zu einem Turm stapeln. Schließlich bringen vier Herren eine monströse Rad-Konstruktion in die Manege. In einem Metallrahmen sind fünfzehn Räder übereinander unter dem Sattel angeordnet. Das Gerät wird nicht über eine Kette angetrieben sondern die Adhäsion der Reifen überträgt die Kraft und sorgt für Vortrieb wenn die Artistin in sehr großer Höhe eine Runde um die Manege fährt.
Andrea Navratil zeigt am Vertikalseil eine rasant ablaufende Abfolge vielseitiger Figuren. Besonderen Drive und Nervenkitzel erhält der Auftritt durch die zahlreichen riskanten Abfaller und schließlich lässt sich die Artistin an einem Arm voll ausdrehen.
Mit vier Auftritten ist Clown Jimmy Folco in der Festivalmanege vertreten. Zunächst genügt ihm der Auftrittsapplaus nicht und Direktor Emmanuel Horwood wird mehrfach angehalten das Publikum zu lebhafteren Aktionen zu animieren, bis der Clown sich genügend gewürdigt fühlt. Wenig später sehen wir den heroischen Kampf gegen einen Hai. Dann fallen dem „Indianerhäuptling“ durch einen Peitschenhieb die Federn aus seinem Kopfschmuck.
Im Wasser-Entree verspricht Direktor Emmanuel Horwood eine Prämie von eintausend Euro, wenn es dem Clown gelingt eine Münze von der Stirn in einen Trichter im Hosenbund rutschen zu lassen. Natürlich landet ein Becher Wasser im Trichter und Jimmy Folco findet seinerseits ein Opfer für dieses Spiel. Natürlich gelingt es ihm nicht gleich und seine verzweifelten Versuche werden immer hektischer und die Wassergefäße immer größer – und er immer nasser. Letzte Rettung verspricht der Einsatz eines Gartenschlauches...
Für Nervenkitzel und Adrenalin pur sorgt das Duo Ortiz vor der Pause mit seinen verwegenen Aktionen auf dem Todesrad. Mit verschiedenen Sprüngen in den Kesseln starten die beiden Südamerikaner ihre Performance. Dann geht es nach außen. Seil springen und Blindlauf erfolgen in erstklassiger Manier, ehe hohe Absprünge auf der Außenbahn vielen Zuschauern feuchte Hände bescheren.
Ein Programm-Highlight und equestricher Leckerbissen ist zu Beginn des zweiten Programmteils zu genießen. In einer neuen Dressurschöpfung vereint Franz Renz jr. vier Steppenkamele und vier junge Araberhengste zu einer formidablen Gruppe. Ruhig und gekonnt führt der erfahrene Dresseur die Chambriere und lässt die vielseitigen Figuren elegant ablaufen. Die große Auswahl anspruchsvoller Abläufe findet ihre Krönung in einigen exzellenten Steigern.
Das Trio Incanto, drei junge Frauen aus der Ukraine, präsentiert seine ansprechende Partnerakrobatik in einem harmonischen Ablauf.
Variantenreich manipuliert Jongleur Zdenek Polach große weiße Gummibälle. Mit drei und vier Requisiten erfolgen die ersten Routinen. Dann steigert sich der Schwierigkeitsgrad über fünf auf sechs Bälle. Zum Höhepunkt des Auftritts hält der Jongleur kurz sieben Bälle in der Luft, von denen vier aus einem Metallgestell, das er um die Hüfte schnallt, in das Muster eingefügt werden.
Den finalen Auftritt bietet die Truppe „Los Ortiz“ mit ihrem famosen Act auf dem Hochseil. Doppelter Aufstieg über Schrägseile. Seil springen, Sprünge über einen, zwei und gar drei Partner, Bocksprung und dreifaches Zwei-Mann-Hoch gehören zu den erstklassig ausgeführten Tricks. Eine dreier Pyramide mit Stand auf einem Stuhl und die legendäre Siebener-Pyramide sind die Höhepunkte dieser Darbietung.
Das stimmig inszenierte Finale vereint noch einmal das Ensemble in der Manege und Direktor Emmanuel Horwood verabschiedet sein begeistertes Publikum, das die Mitwirkenden mit frenetischem Applaus und Standing Ovations feiert. Die Preisträger dieses Festivals werden traditionell vom Publikum mittels ausgelegter Stimmzettel ermittelt.