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Text und Fotos Friedrich Klawiter
FESTIVAL du CIRQUE de NAMUR
Namur, 30. Oktober 2009
Ein erstes kleines Jubiläum konnte man in Namur begehen. Die inzwischen etablierte Veranstaltung von Emanuel Horwood erlebte ihre fünfte Auflage. Hatte man in den drei vergangenen Jahren auf das Material des Moscou Star Circus der Familie Jarz, deren Saisonprogramm auch einen Großteil der Festivalnummern ausmachte, gesetzt, wurde dieses Mal ein Wechsel vollzogen. Das Chapiteau sowie das gesamte weitere Equiment wurde vom Circus Skratt angemietet.
Die Fahrzeuge in gelb/blau können ihre „Verwandtschaft“ zum Circus Arena nicht verbergen. Gleiches gilt für das gleichermaßen gelb-blaue Chapiteau und Vorzelt. Sie sind nur um einiges kleiner als die Arenazelte. Das Skratt-Chapiteau misst sechs Meter mehr im Durchmesser als sein Vorgänger bei diesem Festival. Auch ist das Gradin komplett mit Klappsitzen bestückt und bietet mehr Zuschauern Platz als das 'Jarz-Chapiteau'. Das Vorzelt, komplett mit Holzboden und Teppich ausgelegt, wurde geschmackvoll und aufwändig dekoriert. Eine innere mit Circusmotiven bemalte Rundleinwand, mittig ein Gitterrohrbogen mit großen – regelmäßig die Farbe wechselnde – Leuchten und großer Spiegelkugel sorgen für viel Atmosphäre. Bestuhlung und der große Verkaufswagen füllen den Raum.

Die Premiere war sehr gut besucht und mit einem kurzen Opening, Kim Kenneth lässt zusammen mit einem kleinen Mädchen ein Tischchen 'schweben', erfolgt der Einstieg in das Programm. An Mignon Bratuchin ist es, mit einem 'Hohen Schule' auf einem braunen Araber, die erste Darbietung zu präsentieren.
Dann werden wir Zeugen eines Debüts. Sharon Berousek, sie ist die dreizehnjährige Tochter Mario Berouseks, präsentiert erstmals ihre Jongleur-Nummer vor Publikum. Sie beginnt mit einem kurzen Spiel mit Twirlings. Die folgenden Routinen mit bis zu fünf Keulen und Ringen ließen noch ein wenig ihre verständlicherweise vorhandene Nervosität erkennen. Es ist eine komplette Nummer, die sie sich erarbeitet hat, wenngleich ein wenig viel Tanz enthalten ist.

'Wir haben unser fünfjähriges Jubiläum, da wollten wir fünf Elefanten in der Manege haben“ erzählt uns der Direktor lächelnd vor der Show. So erleben wir die Besonderheit von zwei Elefantendarbietungen in einem Programm. Zunächst bringt Amedeo Folco seine beiden Inderinnen im Zusammenspiel mit zwei Schimmeln in die Manege.  Er bevorzugt einen extrovertierten Vorführstil, flirtet mit Logenbesuchern – läuft ins Gradin, umtanzt die Tiere, so dass deren Arbeit sehr selbständig wirkt. Es ist eine glamourös anmutende, durch publikumswirksame Showeffekte interessante Dressur, die die Zuschauer begeistert mitgehen lässt.
Völlig unterschiedlich dann die Präsentation der drei Elefanten durch Lars Hölscher im zweiten Teil. Ruhig und sachlich werden die Tricks präsentiert. Auch die gewählte klangliche Begleitung ist sehr ruhig und zurückhaltend. Pyramide der drei Tiere, Handstand auf den Stoßzähnen der Afrikanerin, überschreiten des Vorführers sind die wesentlichen Tricks. Hervorstechend der Tragetrick, zu dem ein Elefant Lars Hölscher' s Bein ins Maul nimmt und ihn einige Meter weit trägt. Hölscher arbeitet die weitem anspruchsvolleren Tricks, erreicht allerdings nicht annähernd die gleiche Resonanz im Publikum.

Grell und laut kommen die Rivelinos Clowns daher. Mit ihrem Box-Entree erreichen sie in allererster Linie die kleinen Zuschauer.
Kim Kenneth' s Partnerin Jessica Caveagna versteht es eine kurze Säbelbalance gut zu verkaufen. Insbesondere die hohen Flammen zu beiden Seiten der Leiter beeindrucken und lassen ihr übersteigen zu einer heißen Angelegenheit werden. Gemeinsam sind die beiden mit ihrer wohlbekannten, seit Jahren bewährten Illusionsnummer Schlusspunkt des ersten Programmteils.
Mit den 'Flying Mendoza', auch sie waren wie die meisten Artisten dieser Produktion während der Saison bei Arena in Dänemark, wird das Programm schwungvoll fortgesetzt. Sie zeigen ein umfangreiches Repertoire, dass im 'dreifachen' und der 'Passage' seine Highlights hat und mit großer Sicherheit vorgetragen wird. Leider ist die gewählte Begleitmusik nicht sehr glücklich. Die harten Techno-Beats gehen keine Symbiose mit der optischen Wahrnehmung ein, unterstützen den Verkauf der Darbietung in keiner Weise.

Nur zum Netzabbau, alle anderen Umbauten werden vom versierten Sprecher Monsieur Horwood überbrückt, agieren die Rivellinos als Reprisenauguste. Mit zwei überdimensionalen Lufballons wird das Publikum interaktiv ins Geschehen einbezogen.
Auf der freistehenden Leiter zelebriert Roby Berousek seine Kür. In hohem Tempo wirbelt er auf und mit dem Requisit umher, krönt mit einer Jonglage von fünf Keulen seine Arbeit. Zudem ist er Abendregisseur und Zeltmeister dieses Festivals.
Glen Nicolodi' s Handstandequilibristik enthält eine Menge feiner Tricks. Die besondere Note und den Erfolg beim Publikum erhält sie nicht zuletzt durch die Einbeziehung eines „mitspielenden“ Hundes.

Die Dschigitenreiterei der Truppe Khadifov erleben wir an diesem Abend zum dritten Mal, im dritten Circus innerhalb zwei Monaten. Die Saison über waren sie bei Bernhard Renz in den Niederlanden. Dort waren drei Reiter in Manege aktiv. Zum Gastspiel des 'Moscou Star Circus' in Antwerpen verstärkten sie dessen Programm und die Truppe war um ein weiteres Mitglied aufgestockt. Hier in Namur sind nun sechs Reiter präsent, die vom Truppenchef – der gleichermaßen beritten ist – dirigiert und angefeuert werden. Mit den üblichen folkloristischen Elementen beginnend, wird ein umfangreiches Spektrum der hauptsächlichen Tricks des Genres furios und perfekt geboten. Einige feurige Tänze zum Abschluss unterstreichen nochmals die schwungvolle Präsentation.

Zum Finale, das traditionell knapp gehalten wird in Namur, zaubert Kim Kenneth einen Teil seiner Kollegen aus einem großen Käfig. Emanuel Horwood verabschiedet sich und beendet diese Vorstellung. Dieses Festival hat sich bisher von Jahr zu Jahr weiterentwickelt, bekam ein eigenständiges Gefüge. Programm und Ausstattung haben permanente Aufwertung erfahren.

Bleibt noch die Preisträger zu nennen. Nachdem in den beiden ersten Jahren 'Delfine', das örtliche 'Radio Dofin' ist einer der Sponsoren, vergeben wurden, sind nun 'Schnecken' die Trophäen. Gold erhielten die Flying Mendozza, Silber bekam Amadeo Folco und Bronze die Truppe Khadikov. Auch bei diesem Festival werden ergänzende Sonderpreise ausgelobt. So gab es den 'Prix de la ville' für Roby Berousek, den 'Prix Kiwanis' für Lars Hölscher. Logischerweise erhielt Sharon Berousek eine Trophäe für hervorragende Nachwuchskünstler. Für ihr Lebenswerk und '50 Jahre Karriere' wurde Mignon Bratuchin geehrt.