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Text und Fotos Friedrich Klawiter
10. FESTIVAL INTERNATIONAL DU CIRQUE DE NAMUR
Namur 24. Oktober 2014

www.festival-cirque-namur.com
Das circensische Großereignis in der belgischen Metropole an der Meuse hatte in diesem Jahr einen runden Geburtstag. Zum zehnten Mal waren die imposanten Zeltanlagen hoch über der Stadt Namur auf der Esplanade du Citadelle errichtet und Impressrio Emmanuel Horwood hatte einmal mehr eine hochkarätig besetzte Show zusammengestellt.
Auf dem Circusplatz sind die Zeltanlagen des englischen Bobby Roberts Circus, der wiederum das technische Equipment des Festivals stellt, aufgebaut. Das gewaltige sechsundvierzig Meter Chapiteau zeigt ein markantes rot-gelbes Blockstreifendesign und ist mittels eines Tunnels mit dem farblich abgestimmten Vorzelt verbunden. Der Kassenauflieger ist in einem rot-weißen Dekor lackiert und mit Leuchtelementen verziert. Einige dunkelblaue Materialtransporter des Roberts Circus sind auf der rechten Platzseite abgestellt, während die linke Seite den Artistenfahrzeugen vorbehalten ist.
Edel ausgestattet zeigt sich das Vorzelt. Rote Läufer strukturieren den Boden und an den mit schwarzem Tuch abgehängten Seitenwänden funkeln die zahllosen Leuchtpunkte der Lichtnetze und Lichterschnüre lassen die blaue Plane der Decke leuchten. Zahlreiche großformatige Artistenportraits goldenen Rahmen verleihen dem Raum einen Loungecharakter. In einer Vitrine sind die Siegertrophäen, individuell gestaltete kunstvolle Plastiken aus edlem Metall ausgestellt. Der Verkaufswagen der Circusrestauration und weitere Stände bieten ein umfassendes Warenangebot.
Im Chapiteau stehen vierzehn Reihen blauer Einzelklappsitze und drei Reihen gepolsterter Stühle in den Logen bereit, rund zweitausend Besuchern pro Vorstellung besten Sitzkomfort zu gewähren. Die roten Logenbrüstungen tragen ein aufwändiges goldenes Dekor und korrespondieren perfekt mit dem großen Artisteneingang aus rotem Samt. Eine Videowand wurde hier neu installiert und wird für verschiedene Einblendungen mit Informationen zum Programm genutzt.

Das vierköpfige Live-Orchester von Axel Bozic untermalt mit seinem erstklassigen rockigen Sound die Aktionen in der Manege und ein vorzügliches Lichtdesign trägt sehr zum Gelingen der Show bei.

Regisseur Serge Gambi hatte die Show in flottem Ablauf choreographiert.
„Alle Artisten in zwei Minuten in die Manege“ tönt es aus den Lautsprechern und allmählich kommt die Truppe in Freizeit-und Trainingskleidung aus verschiedenen Richtungen zusammen. Man unterhält sich, macht sich warm und vermittelt so einen Eindruck, wie es „hinter den Kulissen“ zugeht. Emmanuel Horwood, er ist auch in dieser Spielzeit wieder ein souveräner „Monsieur Loyal“ bei seinem Festival, tritt in den Ring, mahnt an dass es nun an der Zeit sei, das Spiel zu beginnen und begrüßt das zahlreich erschienene Publikum.
Mit seiner temperamentvollen Arbeit auf der Rola-Rola startet Paolo Kaiser die Nummernfolge. Mit cooler Attitüde reiht er die hochkarätigen Tricks aneinander – springt Seil, stapelt im Sprung weitere Rola-Bretter unter seinen Füßen und springt von einer Rola zu einer weiteren auf einem niedrigeren Piedestal. Höhepunkt der Darbietung ist nach wie vor der Rückwärtssalto von einer zu anderen Rola.
Die Hunde- und Ponykomödie von Mister Dalmatin kommt auch in diesem Rahmen gut an. Voller Eifer warten die Pudel auf ihren Postamenten um nach einem Schups eines „Kollegen“ auf dem Rücken eines Pony zu reiten. Das Headbanger Pony gibt sein Bestes und Mr. Dalmatin junior reitet eine Runde stehend. Nur die einst für die Darbietung namensgebenden Dalmatiner sind kaum noch präsent. So sind denn bei der abschließenden Polonaise hinter dem steigenden Pony nur noch zwei Hunde mit der dekorativen Fellzeichnung zu sehen.

Tragende Figur des diesjährigen Programms und dem zu Folge auch mit dem ersten Preis durch die Publikumsabstimmung ausgezeichnet ist Clown Jimmy Folco. In zahlreichen Reprisen, die allesamt liebevoll ausgestattet und mit Hingabe gespielt werden, zeigt er sein umfangreiches Können. Ein raffiniertes Lichtdesign am Artisteneingang bildet die italienische Flagge (grün, weiß, rot) nach - „ich bin Patriot auch wenn wir im Fußball kein Weltmeister geworden sind“ erfahren wir von Jimmy Folco dazu im Gespräch. Zunächst jongliert er als „starker Mann“ mit Eisenkugeln, jedenfalls so lange bis er von einer am Kopf getroffen ko geht. Die Amor-Szene nimmt die bekannte Wendung und im dritten Auftritt spielt der Clown mit Zuschauern Kopfball mit Luftballons. Immer wieder werden diese von einer gestrengen Stallmeisterin – Ehefrau Claudia – konfisziert, hoch über den Kopf gehalten und zum platzen gebracht, bis sie letztlich eine kalte Dusche nimmt.  Schließlich fallen „Häuptling Jimmy“ die Federn aus dem Kopfputz, wenn „Cowboy Claudia“ die Peitsche schwingt. Den umfangreichsten Auftritt beginnt Jimmy Folco mit seiner bekannten Jonglage als Koch mit „Pizzen“. Schnell findet er vier freiwillige Mitspieler das Spiel mit den Tellern nimmt seinen Lauf. Nachdem die ersten Scherben produziert sind, werden die Mitspieler mit schweren Handschuhen und Helmen ausgerüstet und die Teller sollen hin und her geworfen werden. Eine ältere Dame, es handelt sich um die siebenundsiebzigjährige Mutter des Clowns, kommt Dank ihrer perfekt gespielten Unaufmerksamkeit und Ungeschicklichkeit beim Publikum besonders gut an.

Den artistischen Höhepunkt des Programms bietet Mitte des ersten Teils Alex Michael mit seinem Deckenlauf. An seinem extrem hoch hängenden Luftapparat zeigt er eine Fülle riskanter Tricks ohne jegliche Sicherung. Abfaller am Trapez und zwei Sprünge von einem zum anderen Trapez ohne Vorteil ausgeführt, sorgen für schweißnasse Hände auf den Rängen. Der „Lauf“ kopfüber durch die Schlaufen gewinnt an zusätzlichem Nervenkitzel als eine der Seilschlingen
„abreißt“.

Mit zwei Auftritten ist die Truppe Moros vom kubanischen Staatscircus zu erleben. Zunächst arbeiten die sieben Artisten eine manegefüllende Kombination aus Handvoltigen und Reckakrobatik. Zwischen den beiden Recks hängt in einiger Höhe ein Fangstuhl, an dem zwei Fänger ihren Platz haben. Auf diese Weise erweitern sich die Möglichkeiten für die Voltigeure und schwungvolle Positionswechsel geben der Nummer Pep. Im weiteren Verlauf der Show präsentiert die Truppe eine schwungvolle Sprungseilnummer.

Elena Gamby jongliert mit Ringen und kleinen Bällen. Einige Quick-Change Tricks lockern die Jonglagen, die teils auch im Spitzentanz vorgetragen werden, auf. Im zweiten Teil ihrer Darbietung jongliert die junge Frau bis zu sieben Bälle über den Boden.
Auch Brayan Gambi, Elenas Bruder, hat in seinem Auftritt verschiedene Genres kombiniert. So beginnt mit einigen Breakdance-Elementen ehe die verschiedenen Figuren seiner Handstandequilibristik auf einem hohen Piedestall und einer Treppe erfolgen. Abschließend springt er im einarmigen Handstand Seil.
Jana Roberts eröffnet den zweiten Programmteil mit Luftakrobatik an einer Gitterrohrkugel. Die Abläufe entsprechen denen am Ringtrapez und ein Wasserbassin ist gleichfalls in die Darbietung einbezogen.

Den Reigen der Darbietungen komplettiert die Donnert Family mit ihren beiden erstklassigen Reiter-Auftritten. Zuerst präsentieren Richard Donnert und seine Schwester Emilia ihr bekanntes Pas-de-Deux, dass von der jungen Frau als Tänzerin im spanischen Stil eingeleitet wird. Fehlerlos werden die klassischen Posen des Genres dargeboten.
Völlig zu Recht beschließt die rasante Stehendreiterei die Nummernfolge. Salti neben dem Pferd, auf dem Rücken des Pferdes und von Pferd zu Pferd werden erstklassig in der Ausführung geboten. Zwei-Mann-Hoch und etliche weitere Tricks komplettieren die Nummer. Der abschließende Sprung aller Truppenmitglieder auf den Pferderücken zum Ritt zu fünft begeistert die Zuschauer immer wieder aufs Neue.

Im großen schwungvollen Finale stellt Direktor Emmanuel Horwood seine Artisten noch einmal vor und unter dem lebhaften Applaus des Publikums verlassen diese die Manege nach vorn um im Vorzelt ein Spalier zu bilden. So bedanken sich viele Besucher mit ein paar persönlichen Worten bei den Akteure und nutzen die Gelegenheit zu einem Erinnerungsfoto mit ihrem Favoriten für die Preisvergabe über die bei diesem Festival per Besuchervotum entschieden wird.