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Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRQUE NICOLAS BOUGLIONE
Rocourt, 02. März 2024

https://www.nicolasbouglione.be
Nicolas Bouglione hat mit seinem gleichnamigen Circus ein wahres Circus-Juwel geschaffen. Französischer Esprit, Charme und Eleganz paaren sich mit Können und viel Einsatz zu einem exzellenten Ganzen, das vom Publikum begeistert gefeiert wird. Beim noch laufenden Premieren-Gastspiel ist der Besucherandrang dermaßen stark, das gar eine Zusatzvorstellung angesetzt werden musste.
In Rocourt, einem Vorort von Lüttich, steht der Circus auch in diesem Jahr zur Saisonpremiere auf dem Parkplatz einer Shopping Mall in exakter Formation aufgebaut. Die Mitte letzter Saison neu angeschafften Zeltanlagen werten die Optik des Circus nochmals auf. Creme und rot sind die Farben des Chapiteau, das mit feinen goldfarbenen Applikationen verziert ist, und so die Farbgebung des umfangreichen Fuhrparks aufgreift. Ein nostalgischer, 1951 gebaut, ehemaliger Markt-Verkaufswagen wurde liebevoll restauriert und wird nun als Kassenwagen verwendet. Er bietet einen besonderen, romantischen Blickfang in der Front. Diese wird ergänzt mit einem blauen Stakettzaun, der mit großen goldfarben glitzernden Reliefs von Elefanten und Steigerpferden. Ein Oberlichtwagen, bemalt mit den Konterfeis von Rosa und Joseph Bouglione, einem liebevoll dekorierten Vintage-Werbeauto und einer chromglänzenden 50er Jahre US Kenworth-Zugmaschine. Ein weiterer Tonnendachwagen ist gekonnt restauriert und dekoriert. Am modernen Toilettenwagen weisen großformatig im Vintage-Stil gemalte Artistik-Genres den Weg für „Messieurs et Madames“ und rote Samtportieren mit goldenen Trotteln rahmen den Eingang.
Im Vorzelt haben der Verkaufswagen und ein halbkreisförmiger Bartresen, in Farbe und Dekor exakt passend zum gesamten Erscheinungsbild, ihren Platz. Aus einem nostalgischen „Röhrenradio“ tönt Circusmusik, die per USB-Stick eingespeist wird.
Das Chapiteau bietet im Innern den vertrauten Anblick. Der reich mit goldglänzendem Zierwerk gestaltete Artisteneingang aus rotem Samt findet Ergänzung in prächtigen rot-goldenen Logen, die üppigst mit plastischen Elefantenköpfen und Pantherfiguren dekoriert sind. Die Manege ist komplett mit einem roten Teppich ausgelegt und die rote Samtabdeckung der Piste ist mit einer goldenen Fransenborte und kleinen Trotteln geschmückt. Den restlichen Raum im Chapiteau nimmt ein fünfreihiges Bankgradin ein.
Licht-und Soundanlage zeigen sich auf Höhe der Zeit und mittels ihres geschickten Einsatzes wird die Show perfekt in Szene gesetzt.

Vom Haupteingang her erreichen die Auguste Rony und Nico – Dome Nico Dakotas-Taini – ihr gesamtes Hab und Gut mitführend, den Circus. Auf der Suche nach der Direktion verschwinden sie rasch hinter dem Vorhang.
Eloquent und charmant begrüßt „Madame Loyal“, Celia Berthier-Caroli die Besucher im vollbesetzten Rund. Sympathisch und souverän füllt sie die im französischen Circus unverzichtbare Rolle des Manegensprechers aus, hält allerlei interessante Informationen bereit und ist der seriöse Gegenpart der Clowns.
Mit einem Spitzenact gelingt der Einstieg in die Spielfolge perfekt. Diabolojongleur Ezra Veldman begeistert mit seinem enormen Können. Die abwechslungsreiche, viele anspruchsvolle Tricks enthaltende Kür wird fehlerfrei und spielerisch leicht wirkend präsentiert. Schließlich sind es vier Diabolos, die der sympathische junge Mann zur gleichen Zeit auf der Schnur rotieren lässt.
Rony und Nico verlangen mit dem Direktor zu sprechen, als dieser nicht verfügbar ist mit der Direktorin. Das Angebot mit „Madame Loyal“ vorlieb zu nehmen schlagen sie aus. Dann geht die Reprise nahtlos in ein hervorragend gespieltes aufladen-abladen über. Alle Auftritte der Clowns sind von Können und Spielfreude geprägt. Man pflegt einen eigenen Stil, der auch neue Ideen und Wendungen in die Szenen bringt. In einem weiteren Auftritt geht das Glockenspiel von Nico und der Live-Gesang von Celia Berthier in die Amor-Reprise über. Doch der von Amor Rony abgeschossene Pfeil trifft ausgerechnet Nico.... Ronys Versuch durch einen Tennisschläger zu steigen funktioniert nicht ganz und so wird kurzerhand die Pause ausgerufen. „Musizieren verboten“ heißt es zu Beginn des zweiten Teil und dieser Klassiker wird kurz und bündig in einer eigenen Variante präsentiert. Rony und Nico versuchen sich als Hand-auf-Hand Akrobaten und schließlich begeistert die Reise nach Jerusalem das junge Publikum sehr.

Das kubanische Duo Karma präsentiert im ersten Teil der Show eine veritable Hand-auf-Hand Darbietung. Die ansprechende Trickfolge ist in eine schwungvolle Choreographie eingebettet. Im zweiten Teil sehen wir das Paar mit einem selten gezeigten Genre. Der männliche Part hält mit Knien und Nacken einen großen Metallrahmen. Der obere Querholm ist als Trapezstange ausgebildet und die erstklassige und hervorragend ausgeführte Trickfolge ist der Luftakrobatik entnommen.
Sage Macaggi jongliert mit Hüten. Nach kurzer Einleitung mit einem Twirling-Stab manipuliert er einen Hut in vielfältiger Weise. Die folgenden Jonglage-Routinen steigern sich von drei über vier und fünf Requisiten und schließlich sind es sechs Hüte, die sicher in der Luft gehalten werden.
Zum Abschluss des ersten Programmteils wird die Magic Show von Ivano Jarz und den Bouglione Girls geboten. Eine Reihe ansprechender Groß-Illusionen sorgen auf den Rängen für Verblüffung und rätseln „wie es denn funktioniert“. Die elegante Präsentation verleiht dem Auftritt zusätzlichen Unterhaltungs- und Schauwert.
Im zweiten Teil erleben wir Ivano Jarz gemeinsam mit seiner Partnerin Ruth Polo an den Tuchstrapaten. Der komplett in weiß gehaltene Auftritt beinhaltet eine Reihe Partnertricks, die in weiten Flügen die Zeltkuppel füllen und beide Partner als Porteure sehen.
Einen furiosen Act auf der Rola Rola bietet Yuri Caveagna. Gekonnt und temporeich werden die waghalsigen Balancen ausgeführt. Der versierte Artist springt in den Handstand und baut sieben Bänkchen zu einem hohen Turm unter seinen Füßen auf. Zum Höhepunkt seines Auftritts türmen sich acht Rollen und Ringe unter dem Rollbrett und auf dem labilen Gebilde wird sicher die Balance gehalten.
Die Final-Darbietung gestaltet das Duo Caveagna mit seiner rasanten Kunstschützen und Messerwurf Darbietung. Abwechselnd erfolgen die Schüsse mit der Armbrust und die Messerwürfe und stets wird das Ziel perfekt getroffen. Natürlich darf der berühmte „Tell Schuss“ nicht fehlen und die abschließende Serie der Messerwürfe erfolgt auf eine schnell rotierende Scheibe samt Partnerin.
Das Finale wird von Celia Berthier mit gekonntem Live-Gesang eingeleitet. Die beiden Auguste gesellen sich hinzu und alle Artisten werden noch einmal vorgestellt. Die Direktion nimmt ihre Position ein und eine kurze Laser-Show verleiht dem großen Finale einen ganz besonderen Drive. Die Standing Ovations und der frenetische Applaus wollen kein Ende nehmen und niemand im vollbesetzten Rund verlässt das Zelt vor der Zeit. Nur ganz allmählich legt sich der Beifallssturm und die Show kommt zu ihrem Ende.
Bei Bouglione versteht man es ausgezeichnet begeisternde Shows mit hohem Unterhaltungswert zu kreieren und es ist stets ein besonderes Vergnügen diesen exzellenten Circus besuchen zu können. Chapeau.
Für deutsche Besucher bietet sich ein Besuch in Luxemburg an, wo das Unternehmen vom 30. März bis 21. April gastiert.