Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRQUE PINDER
Metz, 29. Juni 2013


http://cirquepinder.com
Der Cirque Pinder, eines der wirklich großen reisenden Unternehmen in unserem westlichen Nachbarland, gastierte traditionsgemäß am letzten Juni-Wochenende in der lothringischen Metropole Metz. Auch in dieser Saison reist man mit vielen Eintagesplätzen und kürzte mehrtägige Gastspiele nochmals ein um möglichst viele Kommunen Frankreichs besuchen zu können.
Auf dem großzügigen Messegelände der Stadt bot der Circus dem anreisenden Besucher den wohlbekannten Anblick. Das rot und gelb gestreifte große Chapiteau beherrscht den Platz. In der langgestreckten Front nimmt der dekorative Kassenauflieger den zentralen Platz ein. Die zahlreichen Sattelauflieger samt  angekuppelten großen Anhängern, in denen die Mannschaftsquartiere untergebracht sind, nehmen die rechte Platzseite ein. Betriebsküche und Sanitärwagen komplettieren diesen Bereich.
Der Cirque Pinder verfügt, als eines der wenigen schnell reisenden Unternehmen in der heutigen Zeit, über eine separate Tierschaukasse und einen getrennten Zooeingang. In geräumigen Gehegen erwarten den Besucher u. a. Kamele, Esel, Zebra, Lamas und Norwegerpferde. Großzügig bemessen und mit einer Sandkuhle ausgestattet bietet der Elefantenpaddock seinen zwei Bewohnern eine schöne Unterkunft. Höhepunkt für jeden Tierfreund ist, wie in jedem Jahr, die umfangreiche  und mit zahlreichen Tigern und Löwen besetzte Raubtieranlage. In fünf großen Aufliegern, bzw. Anhängern, die allesamt mit großzügig bemessenen Freigehegen ergänzt sind, haben die Löwen und Tiger der aktuell in der Show auftretenden Dressurgruppe und die weißen jungen Löwen ihre Unterkunft. Die jungen, zwischen sieben und zwölf Monate alten, Tiere werden zur Zeit von Dick Chipperfield und Frederic Edelstein auf ihre künftige Karriere in der Manege des französischen Traditionscircus vorbereitet. Die Räuber der Meere, drei große kalifornische Seelöwen der Familie Jahn-Munoz komplettieren den umfangreichen Zoo.
Durch den hohen Gitterrohrbogen des Haupteinganges führt der Weg zum Chapiteau. Auf ein Vorzelt wird während der Sommermonate verzichtet und die beiden Sattelauflieger der Circusrestauration säumen den Eingangsbereich. Im Zelt warten elf Reihen eines Bankgradins und zwei Reihen gepolsterter Logenstühle auf die Besucher. Ein hoher Artisteneingang aus dunkelrotem Samt ist mit den meterhohen Lettern des Namenszuges versehen. Die Lichtanlage zeigt sich auf Höhe der Zeit, während die musikalische Begleitung der Show bei Pinder stets von CD erfolgt.
Drei Shows pro Tag sind an diesem Wochenende angesetzt, da das Gastspiel in Metz das letzte mehrtägige vor den zahlreichen Eintagesplätzen der bis Ende August dauernden „Sommertournee“ während der französischen Schulferien ist.

Nach der kurzen Begrüßung durch den neuen Sprechstallmeister des Circus, Léo Brière, der im weiteren Verlauf in angenehmer Weise die Show moderiert, beginnt die Vorstellung mit der großen gemischten Raubtiergruppe von Junior-Chef Frederic Edelstein. Drei männliche und vier weibliche Löwen sowie zwei Tiger bilden eine große Pyramide. Extrem weite Sprünge der Löwinnen von Podest zu Podest zeigen die Kraft und Eleganz der Gattung. Die Tiger treten als hervorragende Steiger und Hinterbeinläufer in Erscheinung. Hochsitzer am Platz, Fächerlauf und Teppich sind weitere Elemente der Dressur. Mit einem kühnen Hechtsprung wirft sich Frederic Edelstein auf den Löwenteppich und liebkost einige Tiere. Schmuseszenen mit einem Tiger sowie Sprünge hoch an den Käfigrand sind genauso zu bewundern, wie der abschließende „Löwenritt“ hoch auf der rotierenden Spiegelkugel.
Den Käfigabbau überbrückt Clown Pipo mit einer Reprise. Aus einem Ghetto-Blaster dröhnt „Zumba“ über die Ränge – jedenfalls so lange, bis der Manegensprecher das Gerät letztlich konfisziert. Mit einem riesigen „Luftballon“ unterhält Pipo ein weiteres Mal die Besucher beim Aufbau des Sicherheitsnetzes der Fliegenden Menschen. Begeistert gehen die Besucher auf das Spiel ein unter lautem Gejohle wird der Ballon weiter gekickt.


Als zweite hauseigene Dressur-Darbietung ist der große Exotenzug, nun unter der gekonnten Peitschenführung von Gary Jahn, zu sehen. Sechs Kamele eröffnen die Nummer im Stil einer Pferdefreiheit. Variantenreiche Lauffiguren und Volten werden von den Trampeltieren absolviert. Nachdem drei Kamele an der Piste abliegen und ein Zebra auf einem Tonneau in der Manegenmitte sowie drei Esel zwischen den Kamelen ihre Plätze eingenommen haben, ziehen Lamas – die Kamele überspringend – und Norwegerpferde auf zwei Zirkeln im Gegenlauf ihre Bahn.
Gleichfalls im ersten Programmteil präsentiert Michael Brady die beiden indischen Elefanten des Cirque Pinder. In einer tiergerecht gestalteten Darbietung werden die beiden großen, gewichtigen alten Damen körperlich in keiner Weise überfordert. Laufarbeit, abliegen über dem Vorführer und ein Hochsitzer in der Manege gehören zu den souverän vorgetragenen Abläufen.
Mit einer Tanzszene im Tango-Stil leitet Steven Munoz zusammen mit seiner Partnerin seine Tempojonglagen ein. Geschickt agierend  lässt der Jongleur Ringe, Fußbälle und Keulen in den unterschiedlichsten Mustern umherwirbeln. Die gekonnt ausgeführten Routinen differieren in ansprechender Weise bei den einzelnen Requisiten. Mit der effektvollen Jonglage von vier hell lodernden Fackeln findet der Auftritt seinen publikumswirksamen Höhepunkt.

Drei Luftdarbietungen füllen die hohe Kuppel des Pinder-Chapiteau.
Valeri arbeitet seine tänzerisch anmutende Kür, die eine Reihe kräftezehrender Halteposen beinhaltet, an roten Tuchstrapaten. Mit fließenden, eleganten Übergängen werden die einzelnen Figuren und Abfaller verbunden.
Am Fliegenden Trapez ist die kubanische Formation Los Yolos vor der Pause zu sehen. Ein zweiter Fänger, fest über dem Fliegertrapez platziert, erweitert die Flugmöglichkeiten der drei Flieger/In. Die Sprünge werden sowohl vom Trapez, als auch zwischen den Fängern ausgeführt. Mit einem erstklasig ausgeführten doppelten Vorwärts-Salto bietet die Fliegerin ein Highlight der Darbietung, genauso, wie mit ihrem Sprung in der abschließenden Passage. Einer der beiden Herren glänzt mit einem dreifachen Salto.
Das Duo „Just two Men“, Artem Lyubanevych und Oleg Shakirov, warten mit einer starken Leistung an den Strapaten auf. Ungeheuer kraftvoll absolvieren die beiden ukrainischen Artisten ihren auftritt. Weite Flüge werden in Kombination mit zahlreichen Tricks aus dem Genre Hand-auf-Hand kombiniert und in Perfektion vorgetragen.

„Les Cardinali“ - ein klassisches potugiesisches Clowntrio, in dem Senora Cardinali charmant die Rolle des Weißclown wahrnimmt, während ihr Mann und Sohn als erstklassige Auguste überzeugen, wurden aus dem Vorjahr prolongiert. Die erstklassige Kostüme und virtuose Musikalität des Trios sind immer wieder besonders hervor zu heben.
Nach einigem Klamauk möchte Senora Cardinali mit einer Armbrust Äpfel von den Köpfen der Auguste schießen. Kaum alleine gelassen, essen diese natürlich verbotenerweise die Früchte und die Apfelstücke lassen sich auch hervorragend umher spucken. Stimmungsvolle Musik beschließt diesen Auftritt, der in engagiertem und straffem Spiel rasch die Pointen aufeinander folgen lässt.
Drei mächtige Seelöwen bringen Conchi Munoz und Gary Jahn in die Manege. In abwechslungsreicher Folge agieren die Meeressäuger als Akrobaten, Balancekünstler und zeigen sich als talentierte Schauspieler. Unter anderem fangen sie Ringe, zeigen einen „einarmigen Flossenstand“, richten sich auf der Hinterflosse auf und tragen Bälle auf der Schnauze. Sie „singen“ ins Mikrofon, schämen sich, und küssen ihre Vorführerin.

Zwei Darbietungen werden von den Artisten der Truppe „Sol de Cuba“ vom kubanischen Nationalcircus gearbeitet. Am Chinesischen Mast starten sie den zweiten Programmteil mit einer temperamentvollen Choreographie. Die leistungsstarke Nummer beinhaltet eine Vielzahl anspruchsvoller, kräftezehrender Tricks, die allesamt in schöner Ausführung dargeboten werden.
Mit der Nummer an der Russischen Schaukel findet die Spielfolge ihren Abschluss. Spektakuläre hohe und weite Flüge, die in verschiedenen Salti und Pirouetten gipfeln werden exzellent geboten. Höhepunkt ist der Flug durch einen im Zwei-Mann-hoch weit empor gehaltenen Feuerreifen.
Das Finale im Cirque Pinder ist traditionell kurz gehalten. Zu den Klängen von „Waka Waka“ kommen die mitwirkenden Artisten in die Manege und werden vom Sprecher noch einmal vorgestellt. Unter dem lebhaften Applaus des vom Gebotenen zufriedengestellten Publikums leert sich rasch der rote Ring.
Auch in dieser Saison bleibt der Cirque Pinder seinem seit vielen Jahren bewährten Konzept treu und präsentiert ein reines Nummernprogramm, dass auf den klassischen Dreiklang – Tiere, Clowns und Akrobaten – setzt und wie stets die im Hause  unverzichtbaren Eckpunkte - Flugtrapez, Clowns-Trio, Raubtiere und eine große Artistentruppe - beinhaltet.
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