Text und Fotos Friedrich Klawiter |
CIRCUS RENZ - BERLIN Goes, 29. August 2009 www.circus-renz-berlin.de |
Seit Jahren reist der Circus Renz-Berlin in allererster Linie in den Niederlanden. Nach der Trennung von seinem Bruder - dieser reist nun mit einem eigenen Geschäft in Dänemark - betreibt Bernhard Renz mit seiner Familie den Circus allein. In Goes, einer kleinen Stadt in der süd-westlichen Provinz Zeeland, steht dem Circus ein zentral gelegener, in die Altstadt und Fussgängerzone sind es nur wenige Minuten zu gehen, Parkplatz zur Verfügung. Eng geht es zu auf dem relativ kleinen, ringsum von Geschäfts- und Wohnbebauung umsäumten Platz, der nur zum Teil vom Circus genutzt werden kann. Das komplette Material ist in den Hausfarben gelb und hellblau gehalten. Ein schöner Oberlichtwagen dient als Kasse, ein paar Elemente nostalgischen Zauns und ein mit Circusmotiven dekorierter Auflieger bilden die Front. Das geräumige Vorzelt konnte nicht errichtet werden und so fällt der Blick sofort auf das große Chapiteau. Auch im hinteren Bereich geht es eng zu. Ein großer Stall mit den Pferdeboxen beherbergt auch die beiden großen indischen Elefanten, denen vor den Pferdeboxen ein Auslauf eingerichtet wurde. Ein weiteres Zelt mit den sechs Pferden der Reitertruppe sowie eine Handvoll Wagen stehen dicht an dicht. Der Raubtierwagen von Markus Koritnik mit den Tigern, die Gruppe ist noch nicht manegenreif, bildet seitlich die Abgrenzung zum Parkplatz. Durch eine Straße vom Platz getrennt, ist unter hohen Bäumen auf einem kleinen Wiesenstreifen ein Paddock für die Kamelherde, zeitweise sind auch die Elefanten hier, errichtet. Die meisten Transporte des Circus sind auf einem weiter entfernt liegenden Platz abgestellt. Das Programm startet mit einer Freiheitsdressur von vier Friesen. Ruhig und versiert präsentiert Bernhard Renz die klassisch aufgezäumten Pferde, die eine ansprechende Figurenfolge laufen. Als Finalnummer sehen wir den Direktor zum zweiten Mal in der Manege in Begleitung der beiden Elefanten. Bereitwillig absolvieren die beiden gewichtigen Damen ihr umfangreiches Programm, wobei das Verlangte die körperliche Leistungsfähigkeit der älteren Tiere gewiss nicht überstrapaziert. Bernhard Renz jun. dirigiert sechs Kamele in einer abwechslungsreichen Dressurfolge durch den roten Ring. Als Abschluss und Höhepunkt der Darbietung zeigen drei Tiere das flechten, wie wir es ansonsten nur aus equestrischen Nummern kennen. Die weiteren Auftritte mit tierischen Partnern gestaltet die Truppe Khadikov. In ihrer Zweitnummer zeigen zunächst der Truppenchef mit einem Partner eine doppelte Hohe Schule. In etwas hektisch wirkendem Reitstil wird der üblichen Choreographie folgend agiert. In ihrem großen Auftritt absolvieren die fünf Dschigitenreiter in hervorragender, perfekter Manier ihre Trickfolge. Ein wenig beeinträchtigt wird ihre Arbeit durch die Gegebenheiten des Platzes. Dieser ist komplett mit Verbundpflaster belegt, für alle Anker wurden einzelne Steine säuberlich herausgehoben, nur leider ist die Oberfläche nicht plan. Zwei muldenförmige Wasserrinnen queren die Manege. Nach Stürzen am Premierentag, so wurde uns mitgeteilt, wurden nun zur Sicherheit einige Tricks, so z. B. das unterqueren des Pferdeleibes im vollen Galopp für die weiteren Vorstellungen auf diesem Platz ausgelassen. Die beiden Töchter von Bernhard Renz, Lavinia und Sarina tragen ebenfalls ihren Teil zum Gelingen des Programms bei. Die neunzehnjährige Lavinia tanzt gekonnt auf dem Seil und arbeitet am Trapez. Zunächst werden am ruhenden Requisit zahlreiche Posen und Balancetricks gezeigt, dann folgen im vollen Schwung publikumswirksame, longengesichert vorgetragene Abfaller. Abschließend wird sie von ihrem Bruder am Vertikalseil voll ausgedreht. Effektvoll wird dieser Auftritt in weiten Passagen im Schwarzlicht gearbeitet. Nur leider ist die Artistin in der weiten Kuppel dadurch mitunter zu sehr in Dunkelheit gehüllt. Ihre „große Schwester“ führt als versierte Sprechstallmeisterin charmant durch das abwechslungsreiche Programm. In einer weiteren Luftnummer zeigt sie dann ihr Können am Ring. Schwungvoll und ohne jede Sicherung zeigt sie eine leistungsstarke erstklassige Kür. Leider wird diese, im eleganten schwarzen Kostüm in der zu schwach beleuchteten Kuppel nicht optimal präsentiert. Am Abend unseres Besuches erfuhr die Vorstellung eine besondere Ergänzung. Der örtliche Kinder- und Jugendcircus feierte ein Jubiläum und hatte aus diesem Anlass mit der Direktion vereinbart, einen Querschnitt aus seinem aktuellen Programm zeigen zu können. Sieben Pyramidenbauer, zwei Diabolojongleure, ein Fakir und ein Handstandartist zeigen durchaus beachtliche Tricks. Allein Präsentation und Ablauf der Auftritte machen sehr deutlich, dass artistisch-sportliches Training und das einstudieren von Tricks alleine nicht genügen eine Nummer zu gestalten. Die weiteren Darbietungen des diesjährigen Programms bei Renz-Berlin obliegen der ungarischen Artistenfamilie Jose. In zwei Reprisen agieren die Eltern als Clowns 'Funny und Mini'. Ohne Längen werden die kleinen Geschichten um einen Wassereimer - der sich dann doch nicht über der Loge entleert - und einen „unverrückbar“ in der Luft schwebenden Koffer erzählt. Originell der „Luftballon-aufblas-Wettbewerb“ mit drei Zuschauerinnen, da dies mit je einem Blasebalg der, auf einem Stuhl liegend, mit dem Hinterteil zu bearbeiten ist, geschieht. Des Weiteren produziert man sich auf der Rola. Als „betrunkener Matrose“ werden gängige Tricks des Genres gekonnt geboten. Selten zu sehen, dass ein Rola-Artist mit verbundenen Augen und zusammengebundenen Händen, also eingeschränkter Balanciermöglichkeit, sein Requisit bezwingt. Der Junior komplettiert das Trio Jose, dass mit Ringen und Keulen zu südamerikanischen Rhythmen seine Gruppenjonglage arbeitet. Passings und andere gemeinsame Muster wechseln mit Soloaktionen ab. In allen Auftritten beeindruckt der Senior mit auffallender Spielfreude und erstklassiger Arbeit. Solo präsentiert der Junior als 'Mister Springler' eine jugendlich verspielte Diabolojonglage. Miss Jeanette vervollständigt die Auftritte der Familie Jose mit ihrer Hula Hoop-Show. Auch diese Kür enthält Idee und Tricks die nicht überall und von Jedem gezeigt werden. Zum Finale finden sich alle Mitwirkenden sowie die beiden Elefanten in der Manege, die sich wohl gefüllt zeigt, ein. Die Zuschauer verbleiben bis ganz zum Schluss auf ihren Plätzen und zeigen sich mit dem Gebotenen sehr zufrieden. |