Text und Fotos Friedrich Klawiter |
CIRCUS ROYAL Wald, 09. Juni 2013 www.circusroyal.ch |
Fünfzig Jahre Circus Royal, dass heißt fünfzig Jahre königlicher Circus in der Schweiz. 1963 tourte Bruno Gasser erstmals mit seinem neu gegründeten Unternehmen durch die Alpenrepublik. Heute ist es sein ältester Sohn Peter, der gemeinsam mit seinem Lebenspartner Oliver Skreinig das Unternehmen erfolgreich durch alle Höhen und Tiefen steuert. In der Gemeinde Wald, im Kanton Zürich, gab der Circus Royal an drei Gastspieltagen normale Vorstellungen und an zwei weiteren Tagen wurde Gala-Veranstaltungenanlässlich eines runden Geburtstags eines großen örtlichen Unternehmens durchgeführt. Das Chapiteau, Vorzelt und Stall waren auf einer leicht abschüssigen, vom starken Regen der letzten Zeit total aufgeweichten, Wiese direkt neben dem Werksgelände aufgebaut. Ein breiter, massiv aus Balken und Holzplatten gezimmerter Steg führte von der Straße durch den nostalgischen Frontzaun bis ins Vorzelt. Die zahlreichen Wagen, Sattelauflieger, Zugmaschinen, Wohnwagen und Campings des Circus waren auf den befestigten Freiflächen des Firmengeländes abgestellt. Im Vorzelt finden, neben mehreren Ständen, der große Verkaufswagen der Restauration und der gemütlich eingerichtete Caféwagen Platz. Das Chapiteau-Innere zeigt sich gegenüber den vergangenen Jahren unverändert. Das steil aufragende, neunreihige Gradin ist komplett mit Einzelstühlen bestückt. Der edel wirkende dreiteilige Artisteneingang aus rotem Samt und die hohe und breite Piste in den Farben rot und weiß vervollständigen das Bild. Während des Einlasses und der Pause erklingen bekannte Hits aus Circusfilmen früherer Jahre. Die musikalische Begleitung des Programms erfolgt in einem Mix von CD und zwei Live-Musikern. Das diesjährige Jubiläumsprogramm setzt auf die drei Säulen des klassischen Circus – die hauseigenen Dressurgruppen, ein sympathisches Clowns-Duo und eine große Artisten-Truppe vom kubanischen Staatscircus. Die Kubaner gestalten denn auch gleich das temperamentvoll gestaltete Opening mit einer manegefüllenden Ballettszene a la „Karneval in Rio“. Direktor Oliver Skreinig, im eleganten roten Frack, begrüßt das zahlreich erschienene Publikum. Wenig später sehen wir Skreinig als Vorführer des großen Exotenzuges. Drei Watussi-Rinder umrunden gemächlich die Manege und steigen auf Tonneaus. Ein Esel läuft seine Figuren um die Rinder und drei Emus tun es ihm gleich. Abschließend zeigen sich Lamas als geschickte Barrierenspringer. Mit seiner klassischen Clownerie trägt das Duo Salvini zum Gelingen der Show bei. Zunächst sehen wir Gino Salvini, der einen sehr sympathischen Typus von August verkörpert, mit seinen verschiedenen Reprisen. Als Dirigent organisiert er den Applaus des Publikums, Popcorn ergießt sich über einen Logenbesucher und mittels Trillerpfeife nervt er den Regisseur. Eine imaginäre Fliege wird gejagt, gefangen und, letztlich erfolglos, unter einem voluminösen „Stein“ begraben. Im großen Entree agiert seine Partnerin, in einem phantasievoll gestalteten, prächtigen Kostüm, als Weißclown. Gemeinsam bringt man die „Kochschule“ mit allerlei Gags, Tellermanipulation und Magic erfreut das Duo sein Publikum und umfangreiches gekonntes musizieren rundet den gelungenen Auftritt ab. Der artistischen Teil des Programms liegt in diesem Jahr ausschließlich in den Händen der Mitglieder der Truppe Havanna vom kubanischen Staatscircus Circuba. Je zwei Damen und Herren sind in einer schwungvollen Gruppenjonglage zu erleben. Ringe und Keulen sind die verwendeten Utensilien, mit denen die verschiedenen Muster in stetig wechselnden Formationen ausgeführt werden. Abschließend fängt ein Truppenmitglied, nach dem üblichen „Fehler“ im ersten Versuch, die vielen in immer schnellerer Folge von seinen Kollegen geworfenen Ringe und stülpt sie über seinen Kopf. Zwei junge Frauen präsentieren eine außergewöhnliche Zopfhang-Darbietung. Zunächst werden die gewohnten Abläufe, z. B. ein Luftballett mit Bändern, des Genres geboten. In den folgenden akrobatischen Sequenzen findet die Oberfrau an Tuchstrapaten Halt und trägt an ihrem Zopf die Partnerin direkt oder an weiteren Requisiten trägt. Diese zeigt u. a. eine Zopfhang-Pirouette, Zehenhang im Ring und wirbelt in einer Tuchstrapate aus großer Höhe in die Manege herunter. Eine weitere Luftnummer wird von einem Paar an den Strapatentüchern gestaltet. Sie erzählen die uralte und immer wieder neue Geschichte vom werben der Geschlechter um einander. Kräftezehrende Haltetricks wechseln mit poetisch anmutenden weiten Flügen durch die Kuppel. Die Tricks werden sowohl solo, als auch im Duett gearbeitet und vom Publikum mit lebhaftem Beifall honoriert. Zwei Haflinger-Pferde zeigen im Zusammenspiel mit zwei Steppenkamelen unter der souveränen Peitschenführung von Urs Strasser ihr erlerntes Können. Vielfältige Lauffiguren, darunter auch ein gegenläufiger Fächer, und Positionswechsel werden in erstklassiger Manier ausgeführt. Die umfangreiche Präsentation bietet die gesamte Palette möglicher Abläufe. Wenig später präsentiert Urs Strasser sechs Kamele in einer temperamentvoll vorgetragenen Darbietung. Auch diese Dressurfolge zeichnet sich durch ein höchst umfangreiches Repertoire aus. Willig folgen die Trampeltiere den Hilfen des Dresseurs und lassen die verschiedenen Figuren in flottem Ablauf aufeinander folgen. Rasante Schleuderbrett-Artistik bieten die Kubaner zu acht vor der Pause. Die abwechslungsreiche erstklassige Nummer sorgt für Furore. Zu den Highlights zählt ein gestreckt gesprungener mehrfacher Salto, der auf einer Matte mit sicherem Stand gelandet wird. Salto mit Landung im Spagat zum Drei-Mann-Hoch, Salto ohne Vorteil zum Drei-Mann-Hoch und Salto zum stangengestützten Vier-Mann-Hoch sind weitere herausragende Leistungen der Truppe. Ein dreifacher Salto mit Landung im Sessel in etwa zweieinhalb Metern Höhe offenbart die Gefährlichkeit des Genres, da der erste Versuch durch ungünstiges Timing auf der Kante der Lehne endete. Mit Akrobatik am doppelten chinesischen Mast startet der zweite Programmteil. In vielfältiger Weise werden die Masten erklommen, Kraft und Geschicklichkeit durch die Artisten unter Beweis gestellt. Scheinbar spielerisch leicht ausgeführte Halteposen der gesamten Truppe runden die Darbietung in idealer Weise ab. Zum Programmabschluss präsentieren sich die Artisten aus der Karibik am Russischen Barren. Ungewöhnlich der Beginn der Nummer, in den ein kleines Trampolin integriert ist und Sprünge über Kreuz ermöglicht. Die verschiedenen Kombinationen von Saltos und Pirouetten werden allesamt elegant ausgeführt und sicher auf der Fiberglasstange gestanden. Ein Platzwechsel zweier Artisten auf zwei Barren beschließt die attraktive Trickfolge. Das temperamentvoll gestaltete Finale vermittelt noch einmal südamerikanische Lebensfreude. Ausgelassen tanzen die Mitwirkenden im roten Ring und Direktor Oliver Skreinig verabschiedet ein zufriedenes Publikum im „Circus Ihrer Heimat“. Die Sprungseil-Darbietung der Kubaner wurde in den Finalablauf integriert und bringt noch einmal feine Artistik zu Gesicht. Vielerlei Variationen der Formation und mehrere rotierende Seile zur gleichen Zeit werden genauso selbstverständlich geboten, wie Salto und springen im Zwei-Mann-hoch. Ein Truppenmitglied nimmt gar drei Partnerinnen Huckepack und springt Seil. Clown Gino Salvini, im Outfit einer rassigen südländischen Schönheit versucht sich genauso in dieser Disziplin, wie Oliver Skreinig einen Versuch wagt. Nachdem sich der Trubel gelegt hat und die Artisten unter dem Konfettiregen die Manege verlassen haben, bietet Clown Gino zusammen mit zwei Requisiteuren im Gangnam-Style tanzend noch eine letzte Zugabe. Schwungvoll und unterhaltsam kommt die Show des Circus Royal, derweil sich sein Geburtstag zum fünfzigsten Mal jährt, daher. Mit lang anhaltendem Beifall dankt das zahlreich erschienene Publikum für ein gutes klassisches Programm, in dem in diesem Jahr Truppenakrobatik im Vordergrund steht. |