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Text und Fotos Friedrich Klawiter
Sascha & Janine  Prehn
Noordwijkerhout, 18. August 2011

www.prehns-raubtiere.de
An einem kühlem regnerischenTag sind wir in Noordwijkerhout, nahe der niederländischen Küste, mit den jungen Tierlehrern Sascha und Janine Prehn zum Gespräch verabredet. Circus Renz-Berlin ist in dieser Saison die Heimat der beiden und ihrer vier Tiger - Sahib, Jill, Shiva und Sina.  Ihrem Wohlergehen gilt die ganze Aufmerksamkeit des raubtierverrückten jungen Ehepaares. Mit diesen Tieren haben sie ihren Lebenstraum, eine eigene Raubtiernummer aufzubauen, verwirklicht. 
Als siebenjähriger sah Sascha Prehn in seiner norddeutschen Heimatstadt Westerstede erstmals eine Raubtierdressur im Circus Williams-Althoff. Für ihn war sofort klar, dass er später Dompteur werden wolle. Dieser Berufswunsch blieb über die Jahre unverändert als Ziel bestehen und als sich mit siebzehn die Chance bot mit einem Circus mitzureisen, brach Sascha Prehn die Ausbildung zum Gas- und Wasserinstallateur („Ein großes Glück für die Kunden“) ab und ging mit auf Tournee. Zwei Jahre verbrachte er im Circus von Heinz und Michael Kaiser, den Söhnen von Otto Kaiser.
Hier lernt er „Circus“ von der Pike auf. Reklame machen und Tiere versorgen, Chapiteau auf- und abbauen bei jedem Wetter, Requisiteur – einfach alles, was an Arbeiten in einem Circus anfallen kann. Auch in der Vorstellung ist er schon präsent - hilft bei den Dressuren und wirkt z. B. in der Western-Show mit. Nach diesen lehrreichen Jahren wechselt er für vierundzwanzig Monate in den Tierpark „Jaderberg“ bei Varel.  Trotz interessanter Tätigkeit ließ sich auch hier das Verlangen selbst mit Raubtieren in der Manege zu arbeiten, noch nicht erfüllen.

Der nächste Schritt war dann im Jahr 2000, als Sascha Prehn mit Charles Knie und dessen Circus auf Tournee ging. Während drei Jahren ist er als Stallmeister für das Wohl der Pferde und Exoten des Circus verantwortlich. Auch wird er von Direktor Knie in die Dressurarbeit mit eingebunden.
Seine Arbeit im Tigerpark Dassow brachte ihn dann erstmals in direkten Kontakt mit Raubtieren und er steht auch schon mal mit im Zentralkäfig. Während dieser Zeit waren verschiedene Nummern des Tigerparks in den vorweihnachtlichen Dinershows in Hagenbecks alter Dressurhalle engagiert. Für diese Gelegenheit hatte Sascha Prehn eine Hühner-Revue dressiert und präsentierte sie im Outfit eines Kochs mit großem Erfolg dem Publikum.

Der Tigerpark Dassow brachte nicht nur den ersten Kontakt zu Raubtieren, hier lernte Sascha auch seine Frau kennen. Janine Prehn kommt gleichfalls „von privat“ und hatte bis zu ihrem dreiundzwanzigsten Lebensjahr noch nie einen Circus besucht. Die Welt der Manege, der Artisten und Dompteure war ihr bis dahin vollkommen unbekannt. Sie arbeitete als Restaurantfachfrau mit abgeschlossener Berufsausbildung, als sie der Wunsch nach beruflicher Veränderung  eine Tierpflegerausbildung machen ließ. Sie absolvierte im Tigerpark Dassow ein Praktikum.
In der Hagenbeck'schen Dressurhalle arbeiteten in der besagten Saison je zwanzig Tage René Farrell, Alex und hernach Martin Lacey mit ihren Gruppen und Janine entdeckte die Faszination der wundervollen Raubtiere.

Sascha Prehn beschreibt diese sechzig Tage als schön, interessant aber auch anstrengend. Jeden Tag fuhr man von Dassow nach Hamburg, bis es nach dem Finale der Show zurück ging war es gegen ein Uhr in der Nacht und am nächsten Morgen wartete früh die alltägliche Arbeit im Tigerpark.

In der Sommersaison reiste man erstmals mit dem Circus Herkules von Klaus Bachmann.  Janine Prehn agierte als Sprechstallmeisterin, und Sascha war für die circuseigenen Tiere verantwortlich und stand auch als Vertretung für Herrn Bachmann im roten Ring. Im Chapiteau des Circus Herkules fand die Trauung des Ehepaares Prehn statt. Der entsprechende Heiratsantrag war schon im Winter in der Hagenbeck-Manege von Janine positiv beantwortet worden.

Nach wie vor war es Sascha Prehns  intensiver Wunsch mit Raubtieren zu arbeiten und in Klaus Bachmann, der schon des Öfteren jungen Tierlehrern half ihre Pläne zu verwirklichen, fand er einen Befürworter und Unterstützer seines Vorhabens.
Nach einigem Überlegen wurde beschlossen eine Gruppe „Kleiner Katzen“ aufzubauen. Bald waren zwei junge Pumas gekauft, doch dann ergab sich das Problem, dass keine weiteren Tiere – Panther, Leoparden, Pumas, zu bekommen waren. Folglich erfuhr der Plan eine Änderung – die beiden Pumas tauschten den Platz mit drei jungen Tigern. So entstand eine neue Raubtiernummer, die in den beiden folgenden Jahren bei Herkules zu sehen war. Bei dieser Arbeit erhielt der junge Dompteur Tipps, Ratschläge und Hilfe von den Altmeistern der Raubtierdressur Henk Luycx, Kid O' Hara und Jens Heppner.

Inzwischen hat die Gruppe Zuwachs bekommen, die nun vierzehn Monate alte Tigerin Sina kam dazu. Die kleine Schwester der drei anderen, diese sind nun fünf Jahren alt, kam als drei Monate altes Tigerbaby zu den Prehns und wurde anfangs von Janine im Camping aufgezogen.
Mit Löwen, so sagt uns Sascha Prehn, mag er nicht arbeiten. Als Rudeltiere sind sie ihm zu behäbig. Tiger, Leoparden und Pumas, in der Natur Einzelgänger und zum überleben auf ihr Können bei der Jagd angewiesen, seien viel intelligenter und geschickter. Für ihn sind sie die idealen Manegenpartner.
Die ideale Gruppengröße sieht Sascha Prehn bei sechs Tieren. Da wirkt die Pyramide harmonisch und auch andere Tricks sind runder. Allerdings würden zwei weitere Tiger das Equipement überfordern. Unter Beachtung der vorgeschriebenen Käfiggrößen lassen sich auf dem vorhandenen Auflieger nur fünf Abteile einrichten.
Janine betont ausdrücklich die sehr gute Haltung ihrer vier Großkatzen, die sie ermöglicht, dass sie trotz großen Altersunterschieds und verschiedener Charaktere friedlich und harmonisch zusammen leben. So können sie problemlos gemeinsam das geräumige Freigehege nutzen. In Kürze wird die heutige Außenanlage gegen eine neue rund einhundertvierzig Quadratmeter große Konstruktion ausgetauscht.

Nach zwei Jahren beim Circus Solero ist man nun in der dritten Saison in Holland unterwegs und wird auch im kommenden Jahr bei Renz-Berlin bleiben.
„Sehr gerne reisen wir hier in den Niederlanden. Die Menschen sind offen und freundlich und die Plätze für unsere Tiere ideal“, lässt uns Janine Prehn wissen. Die Circusplätze haben es der jungen Tierlehrerin angetan. „Hier gibt es kaum Asphalt- oder Pflasterplätze sondern fast immer natürliches Gelände. Da fühlen sich die Tiger wohl, da gibt es etwas zu entdecken, das ist belebend für ihre Sinne. Für die Tiere ist es viel angenehmer“.
Die Offenheit der Holländer, z. B. kennt man keine Zäune um einen Circusplatz, schafft auch Öffentlichkeit. So sind den ganzen Tag Passanten auf dem Gelände und auch während der Proben im Zelt. Jeder kann sich jederzeit von Haltung und Umgang mit den Tigern ein eigenes Bild machen. „Es kommt hin und wieder schon einmal vor, dass ein Fremder beinahe im Wohnwagen landet, aber problematisch sind nur diejenigen Gäste,
die die Sicherheitsabsperrungen an Tigerwagen und Freigehege nicht respektieren“.


Die Frage ob man sich auch Tätigkeiten, als die Arbeit mit Raubtieren vorstellen könne, beantwortet das Ehepaar spontan mit „Papageien-Revue“. „Mit dekorativen großen Aras und Kakadus eine attraktive Darbietung aufzubauen, dass wäre eine Alternative zu Raubkatzen“.
Gerne arbeitet Sascha Prehn mit seinen Tieren im Circus, ist sich aber auch bewusst, dass es für Raubtierdompteure nicht viele andere Möglichkeiten gibt. Vor diesem Hintergrund betrachtet er die Entwicklung, abnehmende Anzahl an Circussen einerseits und den Verzicht auf Raubtiere bei anderen Unternehmen mit einiger Skepsis. „Viele der Unternehmen, die Raubtierdressuren zeigen, haben eigene Gruppen, da werden die Möglichkeiten von Engagements überschaubar“.

Sascha Prehn betont „Die Zuschauer wollen Raubtiere im Circus sehen, dass ist an den Reaktionen und aus Gesprächen deutlich zu entnehmen. Raubtiere gehören für die überwiegende Mehrheit der Zuschauer zu den unverzichtbaren klassischen Darbietungen eines Circusprogramms“.
Natürlich sollte die Haltung alle Kriterien erfüllen, den Tieren muss es gut gehen, ergänzt Janine Prehn. Auch sollte die  tägliche Arbeit den Tieren Freude bereiten, die Sinne anregen und abwechslungsreich sein. So steht bei Ihnen nicht nur die übliche Routine auf dem Probenplan, sondern, wie wir uns selbst überzeugen konnten, wird stets auch Neues trainiert. Ein bis zwei neue Tricks, so die Intention, sollen jährlich von den Tigern erlernt werden.
Wir danken Janine und Sascha Prehn für das lange intensive Gespräch, für ihre Offenheit und die Bereitwilligkeit, mit der sie auf unsere Fragen eingegangen sind. Die Zeit verging wie im Fluge und nach Abschluss des Trainings ist es an der Zeit, sich für die Vorstellung vorzubereiten, in der die beiden Tierlehrer mit ihren Tigern als erste in Manege stehen... NNN