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Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRCUS SIJM
Bergen, 14. Juni 2014

www.circussijm.nl
In der sechsten Saison reist Alex Sijm nun mit seinem eigenen Circus in den Niederlanden. Zuvor hatte er viele Jahre mit seiner Eventagentur für verschiedene in Holland reisende Circusse Events und Tourneen gemanagt. Auch gehörte er zuvor lange Jahre zum Management des Circus Herman Renz.
Im nordholländischen Bergen war der schmucke Circus auf einer großen Wiese am Ortsrand aufgebaut. Drei unterschiedlich große Chapiteau leuchten an diesem Abend in ihren kräftigen Farben weithin im grün der Landschaft auf. Das gesamte Material des Circus ist einheitlich in kräftigem gelb und blau gehalten. Ein nostalgisch-romantischer Zaun bildet zusammen mit dem Kassenwagen die Front. Dieser wurde, wie auch die Zeltanhänger, speziell nach Maßgaben der Direktion gebaut, so dass die Wagen einerseits den Belangen des Circus entsprechen und anderseits auch den oftmals kleinen Plätzen und engen Zufahrten holländischer Kleinstädte Rechnung tragen. Alle Transporte sind so gebaut, dass sie auch mit einem Geländewagen rangiert werden können wenn der Raum für die normalen Zugmaschinen nicht ausreicht. Alle Standortwechsel werden jeweils in einer einzigen Fahrt im Konvoi bewältigt. Gerade einmal zwölf Personen gehören dem Unternehmen an und so muss ein jeder bei allen anstehenden Arbeiten mit anpacken.
Das kleinste der Chapiteaux, ein Einmaster, dient administrativen Zwecken bei der Haupteinnahmequelle des Circus, den zahlreichen Galas und fest gebuchten Anlässen. So gibt es in diesem Jahr z. B. nur noch fünf Vorstellungen im freien Verkauf. Im kleineren der beiden Zweimast-Zelte ist die Circusrestauration untergebracht und das größere dient als Spielstätte. Die blau-gelben Circuswagen, Transporter und Lkw's sind mitsamt den Wohnwagen rings um die Zelte abgestellt und im hinteren Platzbereich haben die Laufenten und die beiden Schweine des Circus neben den Tieren von Edi Laforte ihre Unterkunft.
Das Spielzelt ist im Innern in blau gehalten. Ein nostalgischer, liebevoll gestalteter Artisteneingang ist der Blickfang. Den größten Teil des Raumes nimmt das vierreihige Bankgradin ein. Zwei Reihen langer Bänke unmittelbar an der Piste stehen in erster Linie den kleinen Besuchern als Logen zur Verfügung.

Die Show ist in eine kleine Geschichte eingebettet und so nimmt ein „Tramp“ zu Beginn auf einer Bank, seine Habseligkeiten um sich versammelt, Platz. Er träumt vor sich hin und die anderen Ensemble-Mitglieder bevölkern, verschiedene Charaktere darstellend nach und nach den roten Ring. Chinesischer Löwe, rotierende Teller auf Handstäben, Clown, Handstandkünstler und chinesische Magie mit Gesichtsmasken sind die Elemente in diesem stimmungsvollen Charivari.
Direktor Alex Sijm begrüßte mit klangvollen Worten die Anwesenden und möchte die erste Attraktion ankündigen, er wird hierbei jedoch immer wieder „gestört“. Clown Joanes möchte dem Chef des Hauses unbedingt sein Können zeigen und in dessen Circus arbeiten. So entspinnt sich eine flott und gekonnt vorgetragene, eigenständige Version des Klassikers „abladen – aufladen“. Kaum haben Direktor und Clown einen Konsens gefunden, tritt Vanessa Labat ins Rampenlicht. Die sympathische Artistin begeistert mit ihrer erstklassigen Hula Hoop Darbietung. Mit großer Ausstrahlung und Präsenz erfolgen die vielfältigen und teilweise ausgefallenen Abläufe. Das ohnehin bereits umfangreiche Repertoire wurde nun mit weiteren neuen Figuren nochmals erweitert.
Direktor Alex Sijm übernimmt in der Show auch den Part des Manegensprechers. In angenehmer Weise vermittelt er dem Publikum allerlei Wissenswertes und kündet die mitwirkenden Artisten an. Mit sonorer Stimme moderiert er die Magic-Show der Electric Brothers – Jasper Bolechowski und Tomasz Prokopczuk. Die beiden Illusionisten leiten "Elektrizität" mit hoher Spannung durch den Körper von Jasper Bolechowski, so dass dieser durch bloßes berühren Neonröhren verschiedener Größen und Glühlampen aufleuchten lässt.
Yang Rui und Yanan Ran arbeiten eine trickstarke Hand-auf-Hand Darbietung. In erstklassiger Ausführung erfolgen die Aktionen, werden die unterschiedlichen Handstände und Kraftelemente ausgeführt. Die unmittelbare Nähe zum Geschehen in dem intimen Rahmen des kleinen Chapiteau steigert die Wirkung die Wirkung der einzelnen Darbietungen und lässt die Besucher intensiver teilhaben und die Stimmung auf den Rängen ist dichter.

Die tragende und stets präsente Figur der Show ist Clown Joanes. Wir sehen ihn mit einer Reihe seiner bekannten, aber auch mit neuen Szenen. Er präsentiert uns, unter Mithilfe zweier Zuschauer-Kinder einen sprunggewaltigen Floh. Nach der Pause verrichtet „Hausmeister“ Joanes die letzten Aufräumarbeiten in der Manege ehe er per Gong das Zeichen zur Fortsetzung des Programms gibt. In bekannter Weise präsentiert er die Balance mit einer Pfauenfeder und leitet die Laufenten des Circus zu ihren Runden entlang der Piste an, während Edy Laforte die beiden Schweine ihre Tricks ausführen lässt. Schließlich erscheint der Clown aus einer Fluchtkiste am Ende der Magic Show und arbeitet seine Balance auf der freistehenden Leiter, in deren Verlauf er mit sieben Bällen jongliert.
Die Magic Show von Jasper Bolechowski beinhaltet neben Zickzack- und Fluchtkisten eine interessante, selten zu sehende Manipulation deren Ausgangspunkt ein normaler „Zauberwürfel“ ist, der scheinbar beständig an Größe zunimmt.

Edi Lafortes hervorragende Kleintierrevue ist das Highlight vor der Pause. Enorme Trickstärke und Vielfalt zeichnen die Darbietung aus. Erstklassige Requisiten verstärken den Eindruck dieser Nummer nochmals. Aus der Vielzahl des Gezeigten seien hier angeführt die weiß-graue Hauskatze, die Sprungkraft und Balancegefühl zeigt, sowie die quirlige Meute Hunde, die mit großer Präzision ihre Tricks ausführt. Zahlreiche Sprungvarianten und laufen auf einer Walze sind genauso zu sehen, wie der Stand auf den Vorderpfoten auf des Vorführers Hand und das selbständige fahren mit einem Roller.
Die chinesische Artistin He Yuan bietet eine erstklassige Balance auf dem Hochrad. Während sie das Rad mit einem Fuß auf dem Pedal steuert, kickt sie mit dem anderen bis zu vier kleine Metallschalen zur gleichen Zeit hoch. Diese landen zielsicher nacheinander in einem weiteren, frei auf ihrem Kopf stehenden Schälchen. Dann wird der Schwierigkeitsgrad gesteigert. Mit dem Hochrad geht es, Longen gesichert auf eine große Kugel, die gegen seitliches wegrollen gesichert auf einer geformten Matte liegt, und wieder werden die Metallschalen hoch gekickt und sicher auf dem Kopf gefangen.

Die Finalnummer ist Yanan Ren und seinen Evolutionen auf dem Schlappseil vorbehalten. Hochkarätige Tricks werden mit beeindruckender Leichtigkeit und Sicherheit perfekt ausgeführt. Einarmer und Kopfstand ohne Vorteile gehören ebenso zum Repertoire, wie der Handstand auf dem weit ausschwingenden Seil. Spagat, Handstände auf einer Leiter und die Fahrt im Handstand über den schwankenden Draht sind weitere Highlights im Ablauf der Nummer.
Clown Joanes leitet mit temperamentvollem Spiel auf einer Posaune zum großen Finale über. Die Bank steht wieder in der Manege und der Tramp – Edy Laforte - nimmt darauf Platz. Nacheinander kommen die anderen Ensemble-Mitglieder herein, überreichen dem Tramp eine kleine Aufmerksamkeit und gruppieren sich um die Bank. Direktor Sijm stellt einen jeden vor und verabschiedet sein sichtlich begeistertes Publikum.
Der Circus Sijm ist ein kleines Unternehmen mit einem großen, professionellen, internationalen Programm. In einem intimen, feinen Rahmen wird in erstklassiger Weise eine geschickt zusammengestellte Show geboten, die ihre Besucher erreicht und in allerbester Weise unterhält.
Wenn sich die Gelegenheit einmal bietet - nichts wie hin.