Text und Fotos Friedrich Klawiter
TIMMY SPINDLER-BARELLI
Pirmasens, 11. April 2015

"Barelli - das war mein gelebter Traum und ein Circus zum träumen. Das ist mein Leben" lässt uns Timmy Spindler-Barelli mit Wehmut und einer Träne im Auge wissen und entgratet gleichzeitig weiter mit seiner Flex eine frisch gebrannte Schweißnaht. Dieser Spagat zwischen Showman und geballter Manpower um den Circus technisch am Laufen zu halten, ist für diesen Mann, der einer Kerze gleich an beiden Enden brennt und stets mit 110 % Einsatz, egal ob in der Manege oder beim Aufbau, Normalität und Alltag. Man kann auch sagen, ein Arbeitsleben am Limit- oder einfach ausgedrückt, ein wahres und echtes Circuskind.

Timmy erblickte 1979 als zweites von drei Kindern von Eschi und Rolina Spindler das Licht der Welt. Das in den Eltern lodernde Circus-Gen übertrug sich natürlich sofort auf Klein-Timmy und so kann sich er, der auf der Reise geboren ist und sein gesamtes Leben im Circus verbracht hat, eine Alternative erst gar nicht vorstellen zu  „Circus ist mein Leben“. Er erlebte von klein auf die rasante Entwicklung des Circus Barelli, der sich während seiner Kindheit über die Jahre hinweg zu einem der größten traditionellen Circus-Unternehmen Deutschlands entwickelte. Mit dem Erwerb des „Barelli-Palast“ wuchsen auch die Aufgaben des zwanzigjährigen Timmy, dem  als technischer Leiter die Aufgabe unterstand nicht nur einen der größten sondern auch einen der am prächtigsten ausgestatteten Circusse von Stadt zu Stadt zu transportieren und auf zu bauen. Auch sein Talent als Clown entwickelte sich in dieser Zeit immer weiter und trug maßgeblich zum Erfolg und Glanz der großen Barelli Shows bei. Aber alle Arbeit und auch Manegeneinsatz des jungen Mannes reichten nicht aus, der Mitte des letzten Jahrzehnts einsetzende rückläufige Entwicklung mit dem traurigen Ende 2011 zu entgehen. Letztendlich wurde der große Einsatz und die vielen Mühen der kompletten Familie Spindler nicht belohnt.
Großen Wert legt der junge Mann darauf, dass: "Unser Vater war immer der Kopf des Circus, der Macher und Lenker, der jede Situation meisterte“ war. Verschiedenste Widrigkeiten zwangen den Prinzipal zu einer Auszeit und die Anforderungen an die junge Generation und Mutter Rolina verstärkten sich noch einmal. Leider verschlechterte sich der Gesundheitszustand von Mutter Rolina rapide und mit ihrem allzu frühen Tod im vergangenen Herbst erlebten Timmy, seine Geschwister und Vater Eschi die, nach ihren eigenen Worten, größte Katastrophe in ihrem Leben und man kämpft darum die Lücke, die diese wunderbare und herzliche Frau in der Familie hinterlassen hat, irgendwie zu schließen. Es ist eine Wunde, die tief im Herzen aller Familienmitglieder Schmerzen bereitet.
Trotz allem, eine echte Circusfamilie gibt niemals auf und so werden die Aufgaben für Timmy Barelli seit der Gründung des neuen, nach Glanz strebenden Circus Carelli immer größer.

Musiker, Betriebsleiter, Regisseur, Zeltmeister, Chauffeur, Verladechef, Clown, Techniker, Mechaniker – die Liste der Aufgaben die Timmy Spindler-Barelli übernimmt ist umfangreich lässt sich fast nach Belieben ausweiten. Ohne sein handwerkliches Multitalent wäre technisch vieles nicht bezahlbar oder erst gar nicht machbar. Und die Antwort wenn man nach dem Erwerb der Fähigkeiten fragt, ist wie bei allen Circuskindern: "Das wurde mir in die Wiege gelegt".
So lange der muskelbepackte Körper des heute Sechsunddreißigjährigen noch keine Verschleißerscheinungen zeigte, konnte man ihn auch als Akrobaten erleben. U. a. machten Timmy und seine Schwester Ramona lange Zeit eine gute Figur an den Strapaten. Unvergessen die schwungvollen Auftritte des Duos als  „Glöckner von Notre Dame“. Noch früher wagte er risikoreiche Auftritte auf dem Todesrad, doch diese Karriere endete nach einem Absturz.. Die Comedy-Akrobatik der „Alten Kameraden“ waren ein fester und gern gesehener Bestandteil in Barelli-Programmen. Bis heute hat er sich seine Neugier auf Neues bewahrt. Z. B. arbeitet er seit einger Zeit als Dressurclown mit einem Esel.
Während mehrerer Saisons gehörten die „Bento Clowns“ zum Ensemble des Circus Barelli. Peter Bento sen., noch heute erinnert sich Timmy gerne an diese Zeit und nennt ihn einen „großväterlichen Freund“, sah das Talent des Jungen und weihte ihn in die Geheimnisse der Clownerie und des Trompetenspiels ein. Saxophon, Klarinette und Schlagzeug beherrscht Timmy ebenfalls und zur Zeit übt er sich im Spiel auf dem Xylophon. Die vielseitigen Auftritte als Clown in den Vorstellungen sind nur eine Facette in seinem Leben.
Regiearbeit, das zusammenstellen des Programms und die Auswahl der optimalen Musiken sind Aufgaben die gerne und mit Akribie ausgeführt werden. Ständig entwickelten sich die Shows weiter, wurde an Musik und Licht gefeilt und ausführlich mit dem Orchester geprobt.

Die große Leidenschaft des Timmy Spindler-Barelli ist die Circustechnik. Als versierter Zeltmeister trägt er die Verantwortung für den Aufbau der Zeltstadt und deren Abnahme durch die zuständigen Behörden.
Mit Hingabe und Können widmet er sich den verschiedensten Arbeiten in den Circuswerkstätten, hält das Material in Schuss und fertigt neues an. So entstanden in den letzten Wochen neue Logen, ein Duschcontainer für die Mitarbeiter wurde ausgebaut und ein neuer Werkstatt-Auflieger geschaffen. Zur Zeit entsteht ein neuer Auflieger für den Tiertransport.
Die permanente Verbesserung, Erneuerung und Komplettierung des Materials und Fuhrparks ist dem Circusbessenen nicht nur Aufgabe sondern eine Herzensangelegenheit.

Derzeit setzt der erfahrene Circusmann, mit Unterstützung der ganzen Familie, alles daran, dem Unternehmen wieder zu altem Glanz und Größe zu verhelfen. „Es geht langsam voran, doch das ist ok. Wir wollen nicht die gleichen Fehler noch einmal machen. Lieber langsam und dafür richtig lautet unsere Devise“. Man ist sich bewusst, dass man noch ganz am Anfang eines sehr langen Weges steht, „aber jeder noch so lange Marsch beginnt mit dem ersten Schritt“.
Mit zwanzig Jahren, so lässt er uns wissen, hatte er eine klare Vorstellung wie
„sein“ Circus aussehen soll. „Schöner, gut gemachter klassischer Circus soll es sein. Roncalli hat mich mit seinem Erscheinungsbild stets fasziniert und inspiriert. Allerdings gehören für mich Tiere zum Circus. Ob mit oder ohne Tiere – das muss Jeder selbst wissen, doch sollte man soviel Fairness aufbringen und sich nicht mit Äußerungen auf Kosten der Anderen profilieren wollen“. Als weiteres Unternehmen mit Vorbildfunktion nennt Timmy ohne zu zögern FlicFlac. Obwohl oder gerade weil dieser Circus so ganz anders daher kommt, übt er eine starke Anziehungskraft auf ihn aus. „Mir ist bewusst wie gegensätzlich diese beiden Vorbilder sind, doch gerade dies übt den Reiz auf mich aus und ich versuche  unterschiedliche Elemente zu adaptieren um etwas Eigenes zu schaffen“.
Charles Knie sei der erfolgreichste Circus der letzten Jahre, „dort macht man alles richtig. Werbung, Technik, Programmgestaltung – alles passt zusammen und von der Art ein Geschäft zu führen kann man nur lernen“.

Bei all seinem unermüdlichen Kampf für seinen Circus steht Timmy Barelli nicht allein da, sondern hat mit Salima Folco eine genauso circusbesessene Partnerin an seiner Seite. 2001 war die Familie Folco u. a. mit ihren Elefanten im Circus Barelli engagiert. Die beiden jungen Leute kamen sich näher und nach Ende des Engagements blieb Salima im Circus der Spindlers und wurde schließlich Timmys Frau. Zusammen investieren die beiden seither ihre gesamte Kraft, ihren Elan und ihren gesamten Besitz in den Circus. Ihre privaten Ansprüche sind gering und ihre Lebensweise sehr bescheiden. So kann man den Juniorchef jederzeit für schöne Zugmaschinen begeistern, während er noch nie einen Pkw sein eigen nannte. Eine aufwändige Armbanduhr als Geburtstagsgeschenk fand keine Beachtung, ganz im Gegensatz zu z. B. Werkzeug oder Zeltzubehör. „Urlaub“ ist ein unbekanntes Fremdwort. Zur Entspannung und Stressabbau spielt und kuschelt Salima mit ihrem Boxerhund „Achilles“. Timmy gönnt sich hin und wieder einen Saunabesuch als Freizeitvergnügen. Großen Spaß, und auch hier zeigt sich wieder Talent und Können, findet Timmy wenn er für sich, seine Familie oder Freunde am Herd steht und wirklich Hervorragendes und kreativ gestaltete Mahlzeiten bruzzelt. Aus eigener Erfahrung können wir sagen: "Timmy bei Dir schmeckt es hervorragend".

Zu Weihnachten 2013 hat Timmy Spindler mit seiner Frau erstmals einen eigenen Circus, ohne Hilfe und Mitarbeit der Familie auf die Beine gestellt. In Oberhausen wurde „Timothy' s Crazy X-Mas Circus“ initiiert. „Wirtschaftlich war das Projekt ein großes Desaster, aber ich bin froh das Wagnis eingegangen zu sein. Es war ein höchst lehrreiches Unterfangen, das mir eine Reihe Erkenntnisse brachte und mir bei künftigen Unternehmungen hilft“. So sehr dieser Weihnachtscircus wirtschaftlich fehlschlug, so ausgezeichnet kam er bei den (viel zu wenigen) Zuschauern an.

Für die Zukunft wünscht sich Timmy Spindler-Barelli natürlich dass er seinen geliebten Circus wieder in die Erfolgsspur bringt und der Name eines Tages wieder groß und hell vom Chapiteau herab strahlt. Daran arbeitet er mit aller Kraft und mit Hilfe seiner Frau und Familie. Wir bedanken uns für das ausführliche Gespräch, zu dem sich Timmy Spindler die nötige Zeit nahm.





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