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Text und Fotos Friedrich Klawiter
Festi'val des Couleurs du Cirque de Vaucouleurs
Vaucouleurs, 03. Juni 2017

www.tourisme-vaucouleurs.fr
Zum fünfzehnten Mal fand in diesem Jahr das Circus Festival in Vaucouleurs statt. Die lothringische Kleinstadt, im Departement Meuse gelegen zählt nur rund zweitausend Einwohner und erlangte Bekanntheit durch die in der Nähe geborene französische Nationalheilige Jeanne d' Arc, deren „Karriere“ hier begann.
Veranstaltet wird das Festival von einem örtlichen Komitee, das die Durchführung der Veranstaltung stets einem traditionellen Circus anvertraut.
Die ersten Tage werden von den Circusschulen Lothringens gestaltet, während am Wochenende drei normale Vorstellungen und eine Gala mit Gourmet-Diner angeboten werden. Ausstellungen französischer Circusfreunde, eine Tauschbörse und eine Heilige Messe komplettieren die Veranstaltung.
Am Samstagvormittag wird, in Erinnerung an eine große Circustradition vergangener Zeiten, eine Parade durchgeführt. Über die Hauptstraße der Ortschaft bewegt sich der Zug, der von einem der Werbewagen des Circus angeführt wird. Eine örtliche Majorette-Formation, Trommlercorps, die Circusartisten, Clowns, Stelzenläufer, Jongleure, ein weiterer Werbewagen, die Direktion hoch zu Ross und zwei Lamas ziehen über den Wochenmarkt vorbei am Reiterstandbild von Jeanne d' Arc vor dem imposanten Rathaus.
Am Ende der Hauptstraße wendet der Zug und nach einem zweiten Durchlauf kehrt auf dem Markt und der Hauptstraße wieder die samstägliche Ruhe und Beschaulichkeit ein.
Auf dem Festivalgelände, einer großen Wiese am Rande der Ortschaft, steht der Circus Royal  von Direktor William Kerwich aufgebaut.
Ein großes weißes Vier-Masten-Chapiteau mit schneckenförmigem orange-blauen Dekor um die Masten, an denen die Plane bis zu den Spitzen empor reicht, leuchtet weithin in der Sonne. Ein Zierzaun aus Edelstahl mit Lichterbögen und einem elegant geschwungenen Portal bildet die Front des Circus, die vom Kassenwagen flankiert wird. Die strahlend weiß lackierten Sattelzüge und Anhänger sind entlang der Platzseiten im Carré aufgefahren. Breiten Raum nimmt die umfangreiche Menagerie des Circus ein. Pferden und Kamelen steht in ihren Ställen und Paddocks reichlich Raum zur Verfügung. Ein Bison und das Flußpferd dösen in ihren Freigehegen der Vorstellung entgegen. Ein großer Pool sowie ein Bassin im Wagen stehen dem Flußpferd zur Verfügung. Die beiden Raubtiergruppen sind auf einem Sattelauflieger und einem großen Anhänger mit Veranda und zusätzlichem Außengehege untergebracht.
Bei der Festival-Veranstaltung ergänzen zwei kleine Festzelte den Aufbau. Eine Ausstellung verschiedener, exzellent ausgeführter Circusmodelle, darunter der Originalgetreue Nachbau der Dressurhalle mit Raubtierwagen und Zentralkäfig von Mike Barray, werden hier präsentiert. Zahlreiche Circusplakate, historische Fotographien und  und zwanzig Aquarelle von Jean Adolphe komplettieren die Reihe der Exponate.
Acht Gradinreihen, der mittlere Block ist mit Schalensitzen bestückt, nehmen den größten Teil des Raumes des im Innern blauen Zeltes ein. Weiße Logen mit zwei Reihen Klappstühlen darin ergänzen das Sitzplatzangebot. Ein riesige, raumhohe Gardine aus rotem Samt bildet den Artisteneingang. Die gut bestückte Lichtanlage ist an einer Traverse zwischen dem vorderen Mastenpaar montiert und findet in einem starken Spot Ergänzung.

Die Stars der Veranstaltung sind seit vielen Jahren Sergio, einst „Monsieur Loyal“ beim Festival in Monte-Carlo, und Regina Bouglione. Mit ihrer gemeinsamen Moderation verleihen sie dem Festival Flair, Glamour und bringen einen Hauch Pariser Chic in die französische Provinz.
Dritter im Bund ist Gregory Bellini, dessen Comedy den roten Faden der Show bildet. Zumeist wird er als großer Magier von Sergio annonciert, jedoch entpuppen sich seine Aktionen durchweg als fauler Zauber. Zunächst wandert ein Ei unsichtbar von einem Hut unter einen Anderen. Allerdings wird der Schwindel offenbart, doch endet die Szene in einer unerwarteten Wendung. Wenig später wandern vier (Plastik) Eier auf wundersame Weise auf einem Tablett von Löffeln in Eierbecher. Bellini möchte auf einer Posaune musizieren, doch durch seine Tolpatschigkeit nehmen Notenständer und Blatt sowie das Instrument Schaden, woraufhin der Comedian flugs aus Kunststoffrohren, Muffen, Trichter, Schlauch und Gardena-System-Verbindern Ersatz schafft. Im letzten und umfangreichsten Auftritt präsentiert sich „The Great Bellini“ mit klassischer Zauberei – Tücher, Blumensträuße und ein kleiner Vogelkorb mit „Täubchen“ erscheinen aus den, wie sich später herausstellt, enormen Tiefen eines Zylinderhuts. Weitere Gegenstände werden manipuliert und verrät der mit Grandezza im Stil der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts agierende Künstler scheinbar durch ein Missgeschick den Trick. Schließlich erscheint ein Stoffkaninchen aus dem Zylinder und mit diesem soll der Sensationstrick „Lapin Canon“ - also der Hase als Kanonenkugel – ausgeführt werden.

Den artistischen Teil der Show gestalten die Schwestern Amandine und Casandra Kerwich. Die beiden jungen Frauen sind zu Beginn der Show mit einer parallel gearbeiteten Antipoden-Darbietung zu erleben. Verschiedene Röhren und ein großes Kreuz werden geschickt mit den Füßen manipuliert, ehe zum Höhepunkt des Auftritts Rollen mit je vier Fackeln an jedem Ende effektvoll auf den Füßen rotieren.
Casandra präsentiert wenig später die Luftnummer der Show. Am Ringtrapez bietet sie gekonnt eine umfassende Abfolge der gängigen Tricks des Genres.
Amandine beherrscht das Spiel mit den Hula Hoop Ringen. Temperamentvoll lässt sie die Reifen um Körper und Extremitäten kreisen und schließlich rotieren zwanzig Ringe um ihre Taille.
Spiderman sorgt mit seinem Erscheinen in erster Linie bei den kleinen Besuchern für Begeisterung. Die Aktionen seines kurzen Auftritts finden überwiegend in der Manege und weniger in der Luft statt.
Ein örtliches jugendliches Jongleur Duo wird vom Publikum mit herzlichem Beifall bedacht. Die beiden Jungs beherrschen ihre Routinen mit Tennisbällen und Keulen sicher. Die abschließenden Touren werden mit Diabolos absolviert.

Mit drei Dressurdarbietungen ist die Direktion des Circus im Programm vertreten.
Vor der Pause präsentiert Juniorchef Roudolf die Exoten des Hauses. Zunächst laufen vier Kamele in einer schwungvollen Präsentation vielseitige Figuren. Ihnen folgen im Zusammenspiel zwei Lamas und ein Pony. Zwei männliche afrikanische Strauße sind die nächsten imposanten Akteure in der Manege.
Dann hat der Star des Circus – Flußpferd Bully seinen großen Auftritt. Gemächlich schreitet es entlang der Piste, dann nimmt der Vorführer seinen Platz auf dem breiten Rücken des Tieres ein und reitet einige Runden. Die Futterabnahme aus der Hand, ein Baguette verschwindet mühelos in zwei Portionen in dem weit aufgerissenen Maul, auf einem Podest inmitten des roten Rings gehört gleichfalls zum Gezeigten.
Nach der Pause präsentiert Direktor William Kerwich seine gemischte Raubtiergruppe. Ein männlicher und vier weibliche Löwen sind zusammen mit einem normalfarbenen und einem weißen Tiger zu erleben. Eine prächtige Pyramide, viele Sprünge, Teppich und Hochsitzer gehören zum Repertoire. Ein eindrucksvoller Hochsitzer des weißen Tigers im Schein des Spots beschließt den Auftritt.
Final-Darbietung ist die Freiheitsdressur mit sechs Lipizzanern, die gleichfalls von Direktor William Kerwich souverän vorgeführt wird. Flüssig und gekonnt werden unterschiedlichen Figuren ausgeführt. Eine Kapriole, ohne Einsatz von Zügeln und einige Da Capo Steiger sind die Höhepunkte des Auftritts.
Das stimmige Finale wird von Gregory Bellini eingeleitet, der aus seinen Händen „Schnee“ hernieder rieseln lässt. Die Mitwirkenden nehmen ihre Positionen in der Manege ein und Sergio obliegt die Verabschiedung des Publikums, dass mit langanhaltendem, lebhaftem Beifall seine Zufriedenheit mit dem Gebotenen bekundet.