Text  und Fotos Friedrich Klawiter
GROOT KERSTCIRCUS ZEELAND
Vlissingen, 26. Dezember 2011

www.kerstcircuszeeland.nl
In Vlissingen, einer kleinen niederländischen Hafenstadt zwischen Rotterdam und Antwerpen an der Westerschelde gelegen, veranstaltet Alberto Althoff den vierten "Groot Kerstcircus Zeeland".
Nahe der Fussgängerzone und direkt neben einem der Hafenbecken hat der Circus seinen Platz gefunden. Die rot-blauen Zeltanlagen mit denen der Circus Renaissance in dieser Saison auf Tournee war, wurden hier aufgebaut. Dicht drängen sich auf dem Gelände Wagen und Ställe um das Chapiteau.
Cremefarben mit dunkelroten Absetzungenpräsentiert sich das Material des Circus. Große Spannbänder mit nostalgischen Motiven wurden auf den Frontcontainern angebracht. Der Frontzaun wird von Lichterbögen gekrönt und ist mit zahlreichen Tannenbäumchen dekoriert. Ein schöner Oberlichtwagen kompletiert dieses nostalgische Ensemble.
Liebe zum gestalterischen Detail herrscht im Innern des Vorzeltes. Eine große, antike hölzerne Circusfassade nimmt den Blick der Eintretenden sofort gefangen. Sie ist vor dem Tunnel zum Chapiteau angeordnet. Eine Krippe mit lebensgroßen Figuren an der rechten Seite des Zeltes stellt den engen Bezug zum Sinn des Weihnachtsfestes her. Weihnachtsbäume, Schlitten und stattliche Weihnachtsmannfigur sowie zahlreiche Lichterketten ergänzen die Dekoration des Zeltes. Die Restauration findet ihren Platz in einem markanten Holzwagen. Weitere liebevoll gestaltete Verkaufsstände an der Eingangsseite ergänzen das Angebot an Erfrischungen und Leckereien.

Der breite Tunnel zum Chapiteau wurde mit edlem Stoff in rot-grünem Streifendesign ausgekleidet und entlang der Seiten liegende Polster vermitteln ein heimeliges Ambiente.
Im Chapiteau setzt sich der edle Look konsquent fort. Die Logenbrüstungen sind mit Stoffbezügen versehen und tragen verspielte kleine Kaffeehaus-Lämpchen. Ein kristallener Kronleuchter hängt in der Kuppel und ein Artisteneingang aus dunkelblauem Samt wurde weiter verfeinert. Dunkelrote Schabracken, deren elegante Falten von üppigen goldenen Quasten geformt werden, geben ihm Struktur.
Mit seinem „Circus Renaissance“ möchte Alberto Althoff konsequent nostalgischen Circus im Stil vergangener Zeiten präsentieren und in gleicher Art tritt man auch beim Kerstcircus Zeeland in Erscheinung. Folglich verrichten die Requisiteure ihre Arbeit in Clownskostümen und werden von  Kartharzyna Althoff entsprechend geschminkt.

Das Direktorenpaar umrundet rekommandierend die Manege und mit einem schwungvollen Charivari beginnt die Show. Die Artisten bieten kleine Kostproben ihres Könnens und Youssef, der „starke Mann“ des Circus speit Feuer. Dieses bunte Bild findet mit der Kraftjonglage von Youssef seinen Höhepunkt. Eine voluminöse Metallkugel wird im scheinbar ohne Anstrengung jongliert. Gekleidet im Stil von Athleten zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts beendet er den Auftritt mit der Balance eines Amboss auf seiner Stirn.
Beim diesjährigen Weihnachtscircus präsentierte Alberto Althoff ein an Tiernummern reiches Programm. Old Regnas ist mit seiner Hundekomödie seit vielen Jahren in den großen Manegen zu Gast. Auch in diesem Rahmen kommt er in seiner Rolle als älterer Kutscher, der von einem Hund genarrt wird sehr gut an.

Direkt im Anschluss präsentieren Jonny jun. und Jessica Casselly ein furioses „Pas de deux“. In aufwändigen, perfekt in diesen Rahmen passenden Kostümen wird Spitzenartistik auf den Kaltblütern ausgeführt. Vielfältige Ballettposen und akrobatische Übungen werden perfekt vorgetragen. Mit einem Salto von Jonnys Schultern auf den Pferderücken durch Jessica endet die Darbietung.
Die Papageienrevue des Duo Shmarlovski setzt den Reigen der Tiernummern fort. Aus einer Schatzkiste, die Nummer wird durchgängig im Piraten-Look gestaltet, werden zahlreiche Kleinpapageien aus der Familie der Agaporniden hervorgezaubert. Diese betätigen sich u. a. als Reckturner, hüpfen durch Reifen, laufen auf Kugeln, schaukeln, benutzen eine Rutschbahn. Die Aras treten als geschickte Akrobaten auf, hissen eine Flagge und abschließend demonstrieren sie ihre Flugkünste über dem weiten Circusrund.

Jeanne Durand-Raucher präsentiert ihre originell gestaltete Handstandequilibristik nun mit zusätzlicher optischer Aufwertung. Vier der Requisiteure nehmen, mit Musikinstrumenten ausgestattet, auf einem beleuchteten flachen Podium vor der Gardine Platz und vermitteln perfekt die Illusion eines mittelalterlichen Markttreibens. Die kraftvollen und variantenreichen Handstände der Artistin werden in flotter Abfolge mit flüssigen Übergängen gearbeitet.
Im zweiten Teil sehen wir die sympathische Französin am Ringtrapez. Auch diese Darbietung ist geprägt durch ein eigene Handschrift und die gängigen Tricks des Genres werden sicher und elegant vorgetragen.

Klassische Clownerie auf hohem Niveau bietet das Duo Harizanov in seinen Auftritten.Rosa und Harry Harizanov überzeugen mit pointiertem Spiel und stimmigen Aussehen. Besonders die virtuose Musikalität, das beherrschen einer großen Anzahl unterschiedlichsten Instrumente von Harry Harizanov, ist beeindruckend. Nicht nur während seiner Entrees,auch beim Einlass und im Finale wird dies deutlich.

Ferry Torres präsentiert seine große Reptilienshow in moderner Ausfmachung. Die Schlangen- und Krokodilkisten sind mit Tarnnetzen bedeckt und der sympathische Artist tritt ganz in schwarzes Leder gekleidet auf. Einen Leguan, den er zu Beginn der Darbietung auf der Hand hält, dürfen die Logenbesucher anfassen. Es werden zahlreiche Würgeschlangen unterschiedlicher Größen und Zeichnung in der Manege platziert. Die größte von ihnen ist ein gewaltiges Tier, wie wir es schon sehr lange nicht mehr zu Gesicht bekamen. Zwei Krokodile kriechen ein wenig umher, dann platziert der Dompteur eines auf seinem Körper, derweil er in der Manege auf dem Rücken liegt. Immer wieder sorgen derartige Nummmern für ein großes "ah" und "oh" im Publikum
Leo Navas, sympathischer Südamerikaner durch und durch, demonstriert seine Muskelkraft am Chinesischen Mast. Immer wieder flirtet der feurige Latino mit weiblichen Logengästen, so lange, bis seine „Freundin“ im Haupteingang erscheint und ihm während des Auftritts eine heftige Szene macht – ein netter Regieeinfall.


Bernhard Casselly präsentiert seinen ausgezeichneten Exotenzug. Je zwei Steppenkamele, Araberpferde und Zebras zeigen gemeinsam ihr Repertoire und in einigen Passagen wird die afrikanische Elefantenkuh „Ramboline“ in den Ablauf der Nummer integriert. Vollkommen harmonisch, ruhig und perfekt werden die anspruchsvollen Abläufe gezeigt. Auch die oftmals scheuen und nervösen Zebras fügen sich während der gesamten Darbietung willig in den Ablauf ein.
Eine interessante Jonglagenummer hat sich David Sosman erarbeitet. Eine ca. fünf Meter lange und einen Meter breite Plattform wird zu beiden Schmalseiten von einer mehr als einen Meter hohen Wand begrenzt. Auf diesem Gestell agiert der Jongleur mit kleinen Bällen in unterschiedlichster Weise. Die meisten Muster werden als Bodenjonglage, natürlich auch unter Einbeziehung der beiden „Wände“ ausgeführt. Zum Höhepunkt seines Auftritts beherrscht er neun Bälle.

Zum zweiten Mal sehen wir Bernhard Casselly, der nun die afrikanische Elefantenkuh ihr gesamtes Repertoire vortragen lässt. Neben Laufarbeit und Akrobatik auf dem Tonneau beherrscht sie den heutzutage fast nicht mehr zu sehenden „Flaschenlauf“. In zügiger Ausführung und sicherer Balance meistert der Elefant die attraktive Übung.
Das folgende Finale wird von Katharcyna Althoff stets aufs Neue hervorragend choreographiert. Die Artisten kommen nacheinander in die Manege und schmücken mit großen roten Kugeln einen Weihnachtsbaum. Noch einmal werden sie namentlich genannt und nehmen den langanhaltenden Applaus entgegen. Harry Harizanov verharrt als Letzter im roten Ring und mit einer letzten Melodie werden die Zuschauer in den Winterabend entlassen.
Ein umfangreiches klassisches Circusprogramm, dass keine Wünsche offenlässt, wird beim begeisterten Publikum in bester Erinnerung bleiben.
optimiert