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Text und Fotos Friedrich Klawiter
CHRISTMAS CIRCUS WIESBADEN
Wiesbaden, 26. Dezember 2016

www.christmas-circus-wiesbaden.de
Ein neuer Weihnachtscircus, der „Christmas Circus Wiesbaden“ feierte seine Weltpremiere in der hessischen Landeshauptstadt. Die Macher, Journalist und Circusfreund Sven Rindfleisch - mit Ehefrau, Artistin Alesya Gulevich - sowie Heiner Terbuyken, ein ehemaliger Manager im Modebereich, erfüllten sich hier ihre lange gehegten Kindheitsträume. Nach dem Motto „klotzen, nicht kleckern“ lancierten die Newcomer ihr Unternehmen, und "bescherten" den Bürgern in der Heimatstadt der Familie Rindfleisch eine zweite Weihnachtscircus-Produktion.
Da der alt eingesessene Festplatz aus bekannten Gründen nicht zur Verfügung stand, musste man auf einem Gelände im Stadtteil Amöneburg den Circus aufgebauen.
Das gewaltige weiße Acht-Masten Chapiteau mit dezenten blauen Applikationen, aus dem Hause Storms-Bento beherrschte den Platz. Die Front des Circus bildete ein farblich passender Oberlicht-Kassenwagen, der von einem romantischen Holzzaun mit Lichtbögen flankiert wurde. Ein hoher, komplett mit Werbe-Spannbändern verschiedener Firmen versehener Zaun, verwehrte den Einblick auf den nur einseitig zugänglichen Platz.
Unter einem hohen weißen Vordach hindurch, hier empfing der sympathische Werbeclown Lubino freundlich die Besucher und bot Programmhefte feil, führte der Weg in den Zeltbau. Ein großzügiger Foyerbereich empfing die Gäste. Zahlreiche Weihnachtsmarktbuden, in denen die bestens sortierte Circusrestauration untergebracht ist, strukturieren den mit einem Kunststoffboden ausgelegten Raum. Ansprechende Dekoration schafft das notwendige Weihnachts-Feeling.
Seitens der Veranstalter setzte man nicht nur auf die normalen Vorstellungsbesucher als Zielgruppe, sondern sprach auch Firmen und Vereine usw an, ihre Weihnachtsfeier/Gala mit Catering im Circus durchzuführen. Hierfür stand ein speziell abgetrennter Event-Bereich zur Verfügung. Hier bedeckte blauer Teppich den Boden, weiße Segel kaschierten die enorme Höhe des Zeltes und edel eingedeckte Tische sorgen für ein festliches Ambiente. Dem entsprechend war es nur logisch, das man einen entsprechend frühen Beginn der Spielzeit, Premiere war am 09. Dezember, ansetzte.
Eine raumhohe schwarze Stoffbahn trennte Vorzelt und Showbereich. Rote, mit Polsterstühlen ausgestattete Logen und ein, hinter einem breiten Gang, zehnreihiges Schalensitzgradin sind für die Besucher aufgebaut.
Ein großer, aufwändig aus Holz gebauter und kunstvoll bemalter Artisteneingang, er diente in seinem ersten Leben als Filmkulisse schließt den rückwärtigen Zeltteil in ganzer Breite ab.
Auf der Empore hat das ausgezeichnet aufspielende Orchester „Petru Haruta & Co." aus Moldawien seinen Platz. Die sechs Musiker schaffen mit volltönenden, sehr gut abgestimmten Arrangements einen exzellenten, die Show hervorragend tragenden Klangteppich.
Die Beleuchtungsanlage ist an vier Traversen zwischen den Masten installiert und mittels ihres virtuosen Einsatzes werden die auftretenden Artisten gekonnt in Szene gesetzt.

Die Show, die viele hochkarätige Darbietungen und Monte-Carlo Preisträger in den roten Ring brachte, war in flottem Ablauf und ohne Längen als traditionelles Nummernprogramm choreografiert. Leider büßte sie einen Teil ihres Charmes und ihrer Publikumswirksamkeit durch die deutlich zu großen Zeltanlagen, die keine rechte Stimmung aufkommen lassen wollten, ein. Der Eindruck des zu großen Zeltes wurde durch die sehr leeren Ränge, Veranstalter Sven Rindfleisch sprach offen von einem "miserablen Geschäftsverlauf", noch verstärkt.
Zu Beginn werden die allgemein üblichen Verhaltensregeln verlesen und mit launigen Worten Alesya Gulevich, die von den Equivokee Clowns auf Händen in die Manege getragen wird, als hübsche, "aber leider sehr schlecht deutsch sprechende" Sprechstallmeisterin vorgestellt. Kaum hat sie die ersten Worte an die Besucher gerichtet, erscheint Heiner Terbuyken auf der Szene und verlangt nach dem Mikrophon, da die Begrüßung Sache des Direktors sei.
Die Hohe Schule des Trio Stipka eröffnet den bunten Reigen. Während Daniel und Denisa auf zwei prächtigen Hengsten gekonnt und variantenreich die verschiedenen Lektionen reiten, begleitet Eliane die Aktionen der Pferde tänzerisch.
In einem zweiten Auftritt sehen wir Eliane Stipka-Biasini mit der selten gezeigten Disziplin Hula Hoop zu Pferd. Zunächst tanzt die grazile Artistin mit einem mächtigen Ross im Stil einer Ballerina durch die Manege. Dann lässt die Panneau-Reiterin in unterschiedlichster Weise die Reifen um ihren Körper rotieren.

Ein drittes Mal erleben wir die sympathischen Artisten, nun mit ihrem erstklassigen Pas de Deux. Besonderen Drive erhielt die Darbietung in diesem Rahmen durch den Live-Gesang von Aura Guerrero-Cardinali. Routiniert und sicher wie stets führen Eliane und Daniel Stipka die anspruchsvollen Tricks aus. Der freie Stand auf dem Kopf des Partners von Eliane, auf den kanternden Pferden, bildet den eindrucksvollen Höhepunkt des Auftritts.
Die polnische Luftartistin Inka Kalachevska präsentiert an den Strapaten eine kraftvoll vorgetragene Trickfolge. Eindrucksvoll werden anspruchsvollen Haltetricks und weiten Flüge dargeboten. Ein freihändiger Spagat zeugt von hohem Balancegefühl und bildet den idealen Abschluss des Auftritts.

Die Equivokee Clowns begeistern mit großem Können und sympathischem Auftreten. Die drei Ukrainer verkörpern liebevoll ausgearbeitete unterschiedliche Charaktere und vereinen artistisches Können ideal mit kreativen und skurrilen Gags.
Sie überraschen mit immer wieder neuen Wendung in einer veritablen Gruppenjonglage und gewinnen dem altbekannten Seil springen mit Zuschauerbeteiligung neue Seiten ab.
Verblüffend und stimmig ihre „Magic Show“, in der mancher Trick einen anderen Verlauf nimmt, als es zunächst den Anschein hat.
Großartig ihr Spiel mit Papierflugzeugen, mit dem sie die Herzen des Publikums im Sturm erobern. Mit pointiertem straffem Spiel und gekonnter Comedy reißen sie ihr Publikum förmlich von den Sitzen.

Die „Golden Stars“, vier Akrobaten aus der Ukraine bieten trickstarke Handvoltigen und Handstandequilibristik. Viele anspruchs- und effektvolle Abläufe werden gekonnt ausgeführt. Nur der Regie-Gag, die AKrobaten im Tutu im Stil eines Fastnachts-Herrenballetts auftreten zu lassen, tat dem Auftritt Abbruch und kam, wie man uns bestätigte, nur bei den Gästen der Weihnachtsfeiern an.

Einen Höhepunkt des Programms bietet vor der Pause das Duo Guerrero mit seiner unvergleichlichen Darbietung auf dem Hochseil. Mit Gitarrenspiel und Live-Gesang beginnen Werner und Aura Guerrero ihren Auftritt in der Manege. Nacheinander erreichen die beiden erfahrenen Artisten über ein Schrägseil ihren Arbeitsplatz in luftiger Höhe. Werner springt über seine auf dem Seil sitzende Frau und verkauft sein Seil springen als hochriskant. Aura zeigt einen Spagat und den freien Stand auf einem Stuhl. Einmalig der Spezialtrick des Duos, zu dem Werner auf dem Seil auf die Schultern seiner Frau steigt, von dieser eine Strecke getragen wird und mit einem Sprung auf das Seil zurückkehrt. Beim Abgang über das Schrägseil steht Aura auf den Schultern ihres Mannes und untermalt die Aktionen einmal mehr mit gekonntem Live-Gesang.
In einer weiteren Luftnummer erleben wir „monalaura“. Die beiden jungen Hamburgerinnen Mona Tesch und Laura Borkowski erhielten im vergangenen November beim European Youth Circus Festival Auszeichnungen für ihre Arbeit an den Tuchstrapaten. Ihr ruhig ablaufender Act beinhaltet eine Reihe elegant ausgeführter und publikumswirksamer Partnertricks.

Svetlana Krachinova bringt eine liebevoll gestaltete Darbietung mit Frettchen zu Gesicht. In einem folkloristisch gestalteten Ablauf leitet sie die wusseligen Klein-Raubtiere zu allerlei Aktionen. Das bunte Treiben beinhaltet die Balance über eine Planke, überwinden verschiedener Hürden, Slalomlauf und aufrollen eines Teppichs. Abschließend gilt es für die Frettchen Äpfel eine Leiter hinauf in eine Stellage zu transportieren.
John Burke tritt mit seinen beiden Seelöwen im Stil der Blues Brothers auf. In einem zum Caprio umgebauten Trabi, gestylt als Streifenwagen aus den USA, kommen die Akteure in den roten Ring. Die geöffneten Türen des Wagens sind zugleich die Postamente für die beiden Robben. Außer den üblichen, gekonnt ausgeführten Balancen und akrobatischen Tricks zeigen sich die Meeressäuger im Zusammenspiel mit ihrem Dresseur, der auch mit erstklassigem Live-Gesang zu überzeugen versteht, als talentierte Schauspieler.
Die Final-Dabietung der Truppe Yefimov auf dem Fasttrack gearbeitet. Mit Nikolausmützen auf dem Kopf und freiem Oberkörper zeigen die sechs jungen Männer eine Vielzahl Sprungkombinationen. Saltos und Pirouetten werden in rascher Folge schwungvoll ausgeführt und lassen das Publikum mitgehen.
Das stimmungsvoll gestaltete Finale wird von Aura Guerrero-Cardinali mit Live Gesang eingeleitet. Die Artisten kommen mit Wunderkerzen in die Manege und werden von Alesya Gulevich, die während der Show als äußerst charmante und versierte Sprechstallmeisterin in Erscheinung trat, noch einmal vorgestellt, wo hingegen Heiner Terbuyken in der Rolle des Direktors eher suboptimal besetzt scheint.
Diese wirklich sehenswerte Show hätte viel mehr Publikum verdient gehabt und wurde in der von uns besuchten Vorstellung von den Anwesenden mit viel Applaus und Standing Ovations bedacht. Abschließend stellt sich noch eine spannende
Frage: Fortsetzung folgt?