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Text und Fotos Friedrich Klawiter
WIENER CIRCUS
Maaseik, den 30. September 2022

https://wienercircus.com
Auf seiner alljährlichen Tour durch Flandern machte der Wiener Circus in Maaseik Station. Die aktuelle Show unterhält das sehr zahlreich erschienene Publikum bestens, bietet echten und guten Circus in einem heimeligen Ambiente.
Auf einer weitläufigen Grünfläche neben der örtlichen Sporthalle präsentierte sich der Circus in der abendlichen Herbstsonne in Bestform. Die Pandemie bedingt erzwungenen Tourneepausen in den beiden vergangenen Jahren wurden genutzt, das Erscheinungsbild des Circus nochmals aufzuwerten und dem teils historischen Material zu einem frischen Look zu verhelfen.
Der große Fassadenwagen, der seit Anbeginn die attraktive Front des Wiener Circus beherrscht, wurde neu gestaltet. Auf dem nun strahlend weiß lackierten Untergrund lachen vier großformatige Clownsfiguren den Besuchern entgegen. Erhabene verschnörkelte goldene Ornamente rahmen in Verbindung mit einem royal blauen Rand die Fassade ein. Gleichfalls neu ist der davor platzierte Zierzaun, dessen gedrehte Säulen goldene Löwenköpfe und schwungvolle Lichterbögen tragen.
Die Zugmaschinen und Transporte zeigen sich gleichfalls allesamt in neuer Optik. Blau und weiß, mit gelbem Band, sind die Fahrerkabinen lackiert und die Wagenkästen glänzen in weiß mit blauen Absetzungen. Die goldenen Ornamente finden sich auf den Seiten der Fahrzeuge, die alle mit dem Logo des Unternehmens beschriftet sind, wider.
Ein neues geräumiges, optisch dem Spielzelt angepasstes Foyerzelt nimmt nun den Verkaufswagen der Restauration sowie weitere Stände auf. Ein Foto-Background lädt zu stimmungsvollen Selfies ein.
Das Chapiteau von sechsundzwanzig Metern Durchmesser ist eine spezielle Konstruktion. Die Masten sind schwenkbar am Transportwagen montiert, so dass Zelt und Wagen eine Einheit bilden. In aufgebautem Zustand bildet der Wagen die große runde erhöhte Bühne, die hier als Spielstätte dient.
Kunstvoll verzierte Logen mit drei Stuhlreihen rahmen die Bühne ein und vier Tribünenwagen mit fest montierten Gradinreihen füllen den übrigen Raum.
Der große, reich verzierte Artisteneingang nimmt den hinteren Bereich des Zeltes ein.

Die Begrüßung des Publikums erfolgt, wie alle weiteren Ansagen auch, aus dem Off. Direktor Ricky Cannone und Leonardo de Vos füllen wechselweise die Rolle des Manegensprechers eloquent und in sympathischer Weise aus.
Die Spielfolge startet mit der einzigen Tier-Darbietung des Programms. Das Trio Chaves, die elfjährige Serena ist mittlerweile fest in den Ablauf der Darbietung ihrer Großeltern integriert, präsentiert zu den Klängen des „Anton aus Tirol“ eine muntere Hundemeute verschiedener Rassen. Eifrig und verspielt wird die umfangreiche Trickfolge geboten.
Tempojongleur Joshua Ukmar arbeitet vielseitige Routinen mit den verschiedenen Requisiten. Zuerst lässt er versiert einen Tennisschläger auf den Devil Sticks tanzen. Es folgen Touren mit bis zu sieben weißen Ringen. Die variantenreichen Routinen mit Keulen, sie bilden den Schwerpunkt des Auftritts, werden sicher und souverän vorgetragen.
Lowell Ukmar, der jüngere Bruder von Joshua, eröffnet den zweiten Programmteil mit gekonnten Evolutionen auf der Rola Rola. Seil springen und die Balance auf einem Ball sind einige der sehr sicher und gekonnt ausgeführten Figuren. Sechs metallene Bänkchen türmt er Artist unter seinen Füßen auf der Rola zu einem hohen Turm und abschließend bilden sechs Rollen den labilen Untergrund, auf dem die Balance sicher gehalten wird.

Die Auguste Leonel Chaves und Leonardo de Vos verbreiten mit ihren gekonnt gespielten Reprisen Heiterkeit. In dieser Spielzeit lassen sie vier Herren auf vier Stühlen Platz nehmen, und balancieren eine Flasche auf einem Besenstiel. „Musizieren verboten“ heißt es einmal mehr und ein weiteres Musikabspielgerät landet in der Tonne.... Zudem spielt Leonardo de Vos den „Circus Renz Marsch“ live auf dem Xylophon. In der Clownsformation „Los Claudios“ sind die beiden gleichfalls zu erleben. Heißt es im ersten Entree „ein Teller und ein Ei“, werden wenig später mit zahlreichen Gags etliche Luftballons vorzeitig zerstört, ehe es endlich zum finalen Pistolenschuss auf den empor gehaltenen Ballon kommt. Mit temperamentvollem gemeinsamen musizieren klingt das Entrée harmonisch aus.
Gleichfalls der Sparte Heiterkeit entstammen die tanzenden Teller von „Koch“ Giody. Temperamentvoll werden die gängigen Abläufe des Genres dargeboten.

Zwei unterschiedliche Antipoden-Darbietungen präsentiert Tamara Khurchdova über und auf der Bühne des Wiener Circus. Zunächst sehen wir ihren bestens bekannten Act bei dem sie kleine, leuchtend orange bzw. grüne Teppiche temporeich über Hände und Füße wandern lässt. Mehrfach lässt sich die Artistin, völlig ungesichert – rücklings in einem Hüftgurt hängend, bzw. mit einem Fuß in einer offenen Schlaufe – während der Jonglage hoch in die Kuppel ziehen. Im zweiten Teil der Show sehen wir ihre neue, romantisch gestaltete Darbietung. Zwei große hinterleuchtete Schirme, die auf eine Achse montiert sind, werden virtuos manipuliert. Auf einem flachen Tisch, ohne Rückenkissen oder Ähnlichem, liegend lässt die versierte Artistin bis zu fünf große Ringe um ihre Füße kreisen. Den Höhepunkt des Auftritts bildet ein lange gehaltener Kopfstand ohne Vorteil, während die Schirme auf den Füßen rotieren und in einer Hand ein kleiner beleuchteter Schirm ruht und in der anderen aus einem „Buch“ Seifenblasen aufsteigen.

Die Fakirshow des Duo „Gipsy Fantasy“ zieht mit ihren abwechslungsreichen Feuerspielen die Zuschauer in ihren Bann. Zahlreiche Fackeln werden von beiden Akteuren im Mund gelöscht und mit im Mund gehaltener Flamme neu entfacht. Die Partnerin präsentiert einen gekonnt ausgeführten Scherbenlauf und abschließend stösst der Fakir zahlreiche mächtige, meterhohe Feuersäulen mit dem Mund aus.
Die mitreißenden Aktionen von „Laserman“ sind vor dem Finale zu erleben. Perfekt werden die bunten Lichtstrahlen im Zusammenspiel mit der Musik manipuliert. Viele begeisterte Ausrufe legen ein beredtes Zeugnis ab, das dieses Element des modernen Circus beim Publikum großen Anklang findet.
Zum Finale sind alle Mitwirkenden noch einmal auf der Bühne beisammen und bunte Luftballons fliegen ins Publikum. Direktor Ricky Cannone stellt sein Ensemble vor und traditionell  verabschieden Artisten und Direktion das begeisterte Publikum am Ausgang persönlich. Von einem guten und abwechslungsreichen Programm bestens unterhalten tritt das sehr zahlreich erschienene Publikum zufriedengestellt den Heimweg an.
Ein Besuch dieses liebenswerten Unternehmens sollten alle, die gerne gute Circuskunst erleben nicht versäumen.