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Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRCUS ZAVATTA FILS
Bar le Duc, 13. Juni 2009
"Circus Zavatta Söhne", unter diesem Namen reist die Familie Cagniac mit einem attraktiven mittelgroßen Circus durch Frankreich. Beim Besuch des Festivals von Vaucouleurs erfuhren wir von französischen Circusfreunden, dass besagter Circus nur etwa vierzig Kilometer entfernt gastiert. Was lag also näher, als die 'besten Ehefrauen von allen' zu überzeugen, dass die Gelegenheit nie wieder so günstig sein werde, diesen Circus zu erleben. In einem Vorort, am Rande eines Gewerbegebietes, war der Cirque Zavatta Fils zu finden. In einem kleinen Freizeitgelände, zwischen Tennis- und Kleinfeld-Bolzplatz fanden die Zelte und Wohnwagen Platz. Etliche Fahrzeuge mussten an den Straßenrändern abgestellt werden.
Als erstes fällt die hervorragende moderne Fassade ins Auge. Seit ungefähr drei Jahren verwendet man diesen, noch immer fabrikneu wirkenden Auflieger mit seiner opulenten Airbrush-Bemalung. Interessant, ungewöhnlich und sehr wirkungsvoll, wie mit den großen klappbaren Elementen die Tiefe des Durchgangs in der Fassade vergrößert wird. Die geringe Bodenfreiheit des Aufliegers sorgt für erhöhten Nutzungskomfort der Besucher und sehr gelungen wirkt die Integration der beiden Kassenschalter in den Durchgangsbereich.

Das gelb-rote Chapiteau, von etwa vierunddreißig Meter Durchmesser, trägt zwei kleine runde Kuppeln, je eine zwischen einem Mastenpaar. Auf ein Vorzelt wurde verzichtet, die Restauration fand mit im Spielzelt Platz. Drei moderne Ställe bieten dem reichhaltigen Tierbestand in geräumigen Einzelboxen Unterkunft. Neben den Tigern der aktuellen Dressurgruppe sind zwei weiße Babytiger, weitere sollten in den nächsten Tagen eintreffen, vorhanden. Sie sollen zu einer weiteren Attraktion ausgebildet werden.
Der Besuch des Zoos ist gratis, wie die Anschläge vor der Kasse verkünden und zahlreiche Interessierte nehmen dieses  Angebot an.
In den Logen finden sich feine Polsterstühle, sie bilden einen deutlichen Kontrast zu den schlichten Holzbänken, natürlich ohne Rückenbretter, des Gradins. Ein moderner dreiteiliger Artisteneingang komplettiert die Inneneinrichtung. Die Musik kommt aus der Konserve, bevorzugt werden schnelle aktuelle Stücke und die erstklassige Tonanlage lässt auch große Lautstärken sauber klingen. Ein Schlagzeug, die Herren Cagniac wechseln sich daran ab, unterstützt in weiten Teilen die Aktivitäten in der Manege. Eine üppig und modern bestückte Lichtanlage sorgt zudem für einen guten Verkauf der äußerst unterhaltsamen kurzweiligen Show, die mit enormen Tempo abläuft.

Direktor Renato-Arsene Cagniac ist ein souveräner 'Monsieur Loyal', der die Show erstklassig präsentiert. Elegant in der Erscheinung und eloquent in seinen Ausführungen steht er den namhaften französischen Manegensprechern in nichts nach.
Wie so oft in unserem Nachbarland beginnt das Programm mit einer Raubtierdressur. Yannik Cagniac, ältester Sohn des Chefs, präsentiert drei Tiger in einer gefälligen Trickfolge. Flott ist der Zentralkäfig entfernt und die zwölfjährige Sabrina, sie ist die jüngste der drei Geschwister, zeigt eine beachtliche Kür am Vertikalseil. Im weiteren Verlauf der Vorstellung sehen wir sie mit einer Hula Hoop-Darbietung, die im genreüblichen Rahmen abläuft.
Die Brüder Yannik und Jessy Cagniac überraschen mit einer flott präsentierten Jonglage. Ringe und Keulen werden sowohl solo, als auch gemeinsam in hohem Tempo variantenreich und sicher bewegt.
Oftmals sind Pferdenummern in unserem Nachbarland nicht so der Hit, haben nur einen geringen Stellenwert und werden mehr oder weniger als 'Füller' gearbeitet. Anders sieht es hier bei Zavatta Fils aus. Jessy Cagniac reitet eine ansprechende 'Hohe Schule'. Sein Pferd zeigt sich gut ausgebildet, geht die geforderten Lektionen flüssig und nimmt die Hilfen des Reiters gut an. Auch die Freiheitsdressuren werden von dem jungen Mann präsentiert. Zuerst erfreut ein Groß-und-Klein, Friese und schwarzes Pony, das Publikum. Dann folgen vier Araber, je zweimal weiß und braun. Alle Pferde beherrschen ihre Lauffiguren souverän und folgen ohne zögern der ruhigen Peitschenführung ihres Dresseurs. Ein Gruppensteiger der Araber beschließt diese schöne Arbeit.
Ein weiteres Mal steht Jessy Cagniac im Mittelpunkt einer Dressurfolge. Über die Manege wird eine kleine Kuppel aus vier Bahnen weißen Stoffes gespannt. Zwei Haremsdamen in prächtigen Kostümen, die passende Musik – so wird orientalische Stimmung erzeugt und das Exotentableau eingeleitet. Aus dem Trockeneisnebel kommen drei super gepflegte weiße Dromedare in die Manege und bieten eine erstklassige Laufarbeit mit vielfältigen Figuren. Ihnen folgt ein Watussi, dann ein Kamel. Vier Lamas zeigen ihr Können und abschließend präsentieren sich zwei Zebras und beenden den orientalischen Block genauso attraktiv, wie er begann.
Clown Chico, dass ist Samuel – der Bruder von Arsene Cagniac. Gemeinsam sind die Brüder in jedem Programmteil mit einem Entree zu sehen. Clown Chico ist eine freundlich-sympathische Figur, die beim Publikum sofort Anklang findet. Entsprechend bereitwillig gehen die Zuschauer mit. Samuels Ehefrau Elena komplettiert die Auftritte der Familie. Mit viel Schwung, Kraft und Können trägt sie ihre Kür am Ringtrapez vor.

Das Ensemble der Artisten des Cirque Zavatta Fils setzt sich nicht nur aus Familienmitgliedern zusammen. Auch vier Artisten, eine junge Frau und drei Männer, aus Ungarn sind mit sehr beachtlichen Leistungen zu sehen. Als „Duo Vertikal“ bietet ein Paar eine erstklassige Perchnummer. Der Kopf der Stange lässt sich nach Bedarf wechseln, so dass sie für alle Tricks Verwendung finden kann. Als Höhepunkt zeigt die junge Frau einen Kopfstand mit dreihundertsechzig Grad Drehung.
Christian zeigt kraftvolle Tricks an den Strapaten. Desgleichen kann er mit weiten eleganten Flügen durch die Kuppel aufwarten. In einem weiteren Auftritt begeistern Christian & Didi, er ist der Porteur der Perchdarbietung, mit einer perfekten Hand-auf-Hand Akrobatik. Vollkommen selbstverständlich, spielerisch leicht wirkend, werden auch kraftraubende anspruchsvolle Figuren mit großer Sicherheit ausgeführt. Kein zucken, zittern, kein nachdrücken beeinträchtigt die Wirkung ihrer Arbeit, in der keine Schwierigkeit ausgelassen wird. Einzig ihr Outfit, militärische Tarnkleidung und Stiefel, wirkt ein wenig fremd in einem klassischen Circus.
Als Finalnummer sehen wir die Artisten ein weiteres Mal. 'Jumpy Juniors' nennen sich Didi, die junge Frau und der vierte Partner nun und sie produzieren sich am Schleuderbrett. In moderner Aufmachung präsentieren sie eine Vielzahl verschiedener Sprünge. In der besuchten Vorstellung hatte die junge Frau nicht ihren stärksten Tag, zeigte ein paar Unsicherheiten und stand die Sprünge erst im zweiten Versuch.
Das Finale ist recht knapp gehalten, noch einmal ein kurzes vorstellen der Mitwirkenden und schon verabschiedet Direktor Cagniac ein überaus zufriedenes Publikum. Es ist ein kurzweiliges, sehr unterhaltsames klassisches Circusprogramm, dass in moderner Aufmachung daherkommt. Bemerkenswert, dass – außer dem üblichen Restaurationsangebot – keinerlei zusätzliche Verkaufsaktivitäten entwickelt werden.