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Text und Fotos Friedrich Klawiter
ZIRKUS DES HORRORS
Köln, 18. Oktober 2014

http://zirkusdeshorrors.de
In vier Großstädten war der Zirkus des Horrors von Joachim und Roswitha Sperlich in diesem Jahr zu Gast und die letzte Station dieser Reise war die Millionenmetropole Köln. Hier war der Circus auf einem brachliegenden Gelände unweit der Köln Arena aufgebaut.
Die großen rot-gelb gestreiften Zeltanlagen, die ansonsten dem Karlsruher Weihnachtscircus Heimat geben, dienen nun dem Horror-Spektakel als Spielstätte. Ein hoher mit Spannbändern, sie zeigen das Plakatmotiv der Show, bestückter Zaun schließt das Gelände zur Straße hin ab. Frische Grabhügel mit hölzernen Kreuzen sind davor auf der linken Seite platziert, während rechts des Eingangs der große Kassenauflieger seinen Platz hat. Vorstellungen gibt der Zirkus des Horrors nur abends und schon lange vor der Einlasszeit hat sich eine Schlange von Grusel-Fans vor dem Portal formiert. In kleinen Gruppen geht es schließlich durch die schweren, aus rohem Holz gezimmerten Tore, hinter denen die Dunkelheit einer Gruft auf die Eintretenden wartet. Im fahlen Dämmerschein einiger flackernder Funzeln, untermalt von schaurigen Klängen heißt es nun, das „Labyrinth des Grauens“, in dem zahlreiche skurrile Gestalten ihr Unwesen treiben, zu bewältigen. Im Vorzelt angekommen, treten weitere Untote, Vampire und Zombies im fahlen Licht in Aktion. Spinnennetze, Skelette und riesige Spinnen schaffen ein unheimliches Ambiente. Entlang der Seiten des Zeltes sind die zahlreichen Holzbuden der Restauration aufgestellt und die Mitte des Raumes nimmt eine große Bar ein. Ein hoher roter, mit goldenen Borden verzierter, Samtvorhang verschließt den Zugang zum Tunnel, der gleichfalls mit Grusel-Deko ausstaffiert wurde. Im Chapiteau wurde das bekannte Gradin mit Einzelklappsitzen aufgebaut und die Logenkästen sind mit schwarzem Stoff überzogen. Eine erhöhte runde Bühne, in die Feuer- und Nebelmaschinen integriert sind, befindet sich an Stelle einer Manege im Zentrum des Zeltes.
Zehn Moving-Heads sind an zwei Traversen direkt unter der langen Zeltkuppel montiert, weitere auf dem Bühnenrand platziert. Dazu kommen zahlreiche Scheinwerfer an den Masten, Verfolger und über dem Artisteneingang sind Laser platziert. Dieses beeindruckende Equipment wird hervorragend eingesetzt und mit einem exzellenten Lichtdesign die Show perfekt in Szene gesetzt.

Im wabernden Nebel, untermalt von dumpf hämmernden Beats, zieht ein gehörnter Dämon eine Kutsche auf die Bühne. Der darin mitfahrende Totengräber öffnet den transportierten Sarg und „Nosferatu“, Giovanni Biasini verkörpert die Figur, tritt  sein „Opfer“ suchend auf die Szene. Die Rahmenhandlung der Show wurde vom Vorjahr übernommen und so windet sich Monika Sperlich als
„Camilla“, die von Nosferatu begehrt und verfolgt wird, bedrängt vom ekstatisch tanzenden Ballett auf einem Bett.
In einem kurzen Augenblick der Dunkelheit nimmt eine andere Artistin den Platz von „Camilla“ ein und arbeitet im Licht der nun wieder aufflammenden Scheinwerfer am Schwungseil. Routiniert erfolgen die wesentlichen Tricks des Genres und zahlreiche Abfaller sorgen für erste laute „Ah's“ und Oh's“ auf den Rängen.
Diabolo-Jongleur Georgio Hromadko agiert in sehr hohem Tempo. In einem wilden Wirbel reihen sich die Figuren in stetig steigendem Schwierigkeitsgrad aneinander und schließlich  werden vier Diabolos zur gleichen Zeit jongliert. Das Publikum bedenkt die ausgezeichnete Arbeit des Artisten jedoch mit weitaus weniger Beifall als zwei Showgesten – ablegen des Kilt der über der Hose getragen wird und ein Griff in den Schritt a la Michael Jackson – die mit wildem Gekreische der weiblichen Besucher und schrillen Pfiffen gefeiert werden.


Clown Malefizius, alias Milano Kaiser, wird zum ersten Auftritt im Rollstuhl auf die Bühne geschoben um alsbald seine Gehfähigkeit unter Beweis zu stellen. Zunächst traktiert er zur Gaudi des übrigen Publikums Logenbesucher mit einem „gebrauchten“ Tampon. Dann kommen lebende Kakerlaken zum Einsatz, was einige Damen die Flucht ums halbe Zelt antreten lässt. Ein requirierter
„Freiwilliger“ muss, mit Halsband und angelegter Leine, einen Hund mimen und wird nach Domina-Art „bestraft“. Zeigt der Mitspieler bis hierher schon wenig Bereitschaft und verweigert mehr oder weniger das Mitspiel, ergreift er bald darauf die Flucht von der Bühne als er am Messerbrett stehend die Augen verbunden bekommen soll. Der nächste Freiwillige nimmt nun den Platz ein und steht die Aktionen furchtlos durch.

Auf einem fahrbar ausgerüsteten, phantasisch verdreckten Klosett thronend leitet der Clown die Pause ein.
Im zweiten Entree verkostet er (künstlichen) Urin und lässt auch  Logenbesucher daran teilhaben. Dann soll dem „freiwilligen Spender“ der Flüssigkeit Blut abgezapft werden. Kopf und Hände des Delinquenten werden vom „Doktor“ und einer Assistentin in einem Schandbock fixiert und seine Hose herunter gezogen. Zum Glück darf die Unterhose an ihrem Platz verbleiben und bald ist die "lustige" Prozedur überstanden.

In beiden Programmteilen hat die norwegische Freak-Companie „Pain Solution“ ihren großen Auftritt. Sehen wir ansonsten ganz normale Circusnummern, die lediglich nur durch ihre „Verpackung“ Horror transportieren, fließt bei der Freakshow das Blut in Strömen und der Horror ist im Gradin allgegenwärtig, wie an den Gesichern zu erkennen ist.
Ein Truppenmitglied hat zu Beginn seines Auftritts fünf lange Nadeln in der Stirn stecken. Die gut zehn Zentimeter langen Metallspieße durchdringen die Haut auf ganzer Höhe seiner Stirn und ragen unten weit über seine Augen. Vollkommen ruhig und gelassen sticht sich der Freak nacheinander weitere fünf dieser Nadeln dicht nebeneinander durch den linken Unterarm. Nun wird es blutig, da die Nadeln nacheinander aus der Stirn gezogen und durch die Wangen und Mundhöhle geführt werden. Die letzte Nadel durchbohrt die Haut vor dem Kehlkopf.
Im zweiten Programmteil schwebt ein anderes Truppenmitglied, nur an seiner Haut aufgehangen, durch die Kuppel. Zwei chromblitzende Fleischerhaken werden durch die Haut über den Schulterblättern gebohrt und daran Schnüre, die in einer Art Kleiderbügel zusammenlaufen, befestigt. Mittels eines Flaschenzuges hievt man den Ausführenden empor. Alsbald schwingt der Künstler lange Minuten, nur an den Fleischerhaken hängend, weit durch den Raum. Fünf Mal, so erfuhren wir, ist diese Prozedur in Folge möglich, dann muss der Artist für drei Wochen pausieren damit die Haut wieder verheilt und nicht durch die Belastung reißt.

Das Entsetzen ob des blutigen Auftritts steht den meisten Besuchern noch ins Gesicht geschrieben, da radelt Clown Malefizius auf einem gammeligen „Gelati-Karren“ auf die Bühne. Nach einigen Späßchen entsteigt diesem John Cylla und präsentiert seine trickreiche Kontorsionsnummer. Der dunkelhäutige Artist beweist enorme Körperbeherrschung und bietet, zu ebener Erde arbeitend, auch Abläufe die andernorts nicht zu sehen sind. In einem zweiten Auftritt steht er auf dem Drehteller eines Metallgestells und seine Beine werden fest an diesem fixiert. Dann wird der Teller langsam gedreht und schließlich sind Beine und Oberkörper und etwa einhundertachtzig Grad zu einander verdreht.
Sonny Quaiser und Virgilia Riedesel arbeiten zu Beginn des zweiten Teils eine starke Darbietung an den Strapaten. Kraftvoll ausgeführte Tricks sehen beide Partner als Porteure und weite Flüge nutzen den gesamten Raum der weiten Kuppel.
Monika Sperlich mit ihrer bekannten Hula-Hoop Darbietung und ihr Bruder René mit seinen beiden attraktiven Handstanddarbietungen, Flaschenstuhl und Equilibristik auf der Spitze einer hohen Pyramide, sind unverändert im Programm zu erleben.
Das Todesrad von Maik und Sandro Sperlich ist nun vor der Pause platziert. Ein großartiges Lichtdesgin begleitet die Darbietung und Feuersäulen schießen aus dem Bühnenboden, die Laser-Show perfektioniert die Inszenierung. Perfekt wie nirgends andernorts  präsentiert, bieten die Cousins einen mitreißenden Auftritt. Temporeich werden Sprünge in den Kesseln, Seilspringen, doppelter Blindlauf auf der Außenbahn, Aufschwünge an einem Arm und weitere Tricks geboten. Die beiden cool agierenden Artisten begeistern die Zuschauer mit ihrem umfangreichen Repertoire und einer großen Show in perfekter Aufmachung.

Spektakuläre Motorrad- und Feuerartistik bietet die Finalnummer. Mit schweren Maschinen donnern die Sperlich Brüder auf die Bühne und Milano Kaiser jagt mit seinem Quad herein. Fredy Peters bietet mit seinem Motorrad riskante Sprünge quer durchs Zelt. Aus dem Vorzelt heraus nimmt er Anlauf und von einer steilen Rampe vor der Bühne führen die Sprünge, die den Artisten über dem Motorrad schweben sehen, hoch durch die Kuppel bis zur Landerampe am Artisteneingang. Während er mit seiner Maschine zum Startplatz zurückkehrt arbeitet Milano Kaiser seine Feuershow und lässt gewaltige Flammensäulen aus seinem Mund aufsteigen.
Zum Finale wird "Camilla" auf einem bereitstehenden Großillusions-Apparat "aufgespießt" und zu Nosferatus Opfer und damit endgültig gleichfalls zu einer Untoten.
Lang anhaltender starker Applaus des bis auf den letzten Platz besetzten Auditoriums zeigt, das es Joachim Sperlich und seinem Team gelungen ist, den Erwartungen des Publikums an eine artistische Horror-Show bestens zu entsprechen.