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Text und Fotos Friedrich Klawiter
12. BRUSSELS CIRCUS FESTIVAL
Brüssel, 04. Oktober 2018

https://bouglione.be
Bereits zum zwölften Mal stellt der Cirque Alexandre Bouglione sein letztes Gastspiel der Saison, wie stets in Belgiens Hauptstadt Brüssel, unter das Motto „Brussels Circus Festival“. Man behielt das bewährte Konzept bei und verstärkte das ohnehin gute Saisonprogramm mit weiteren Darbietungen.
Traditionell gastiert der Circus in unmittelbarer Nachbarschaft des Atomiums im Park von Laken. Auf einer weitläufigen Rasenfläche sind ein großes blau-gelb gestreiftes Chapiteau und als Vorzelt ein passendes Zwei-Masten-Zelt aufgebaut. Die langen Reihen der Circus-Fahrzeuge sind auf der angrenzenden Allee abgestellt.
Eine Reihe nostalgischer Circuswagen und der aufwändig gestaltete Kassenwagen bilden im Zusammenspiel mit einem eleganten, mit goldfarbenen  Raubtier- und Elefantenreliefen verzierten, Zaun den attraktiven Eingangsbereich. Ein im Vorjahr neu angeschafftes Vintage Werbefahrzeug ergänzt das Arrangement.
Das Innere des Vorzeltes atmet viel romantische Circus-Atmosphäre. Neue, in den Werkstätten des Circus entstandene Verkaufsstände, großformatige Abbildungen zahlreicher berühmter Artisten und Tierlehrer aus lange vergangenen Zeiten sorgen im Zusammenspiel mit viel, ornamentreich gestaltetem Zierrat für eine stimmungsvolles Ambiente. Ein im Hintergrund platzierter, sorgsam aufgearbeiteter Schindelwagen wurde zu einem Gesellschaftsraum gestaltet, den Besucher für private Events vor den Shows anmieten können.
Im Chapiteau stehen das extrem steil aufragende, neunreihige Bankgradin und die bekannten eleganten, aufwändig mit goldfarbenen Panther- und Elefantenfiguren verzierten, Logen für die Besucher bereit. Der hohe Artisteneingang aus dunkelblauem Samt nimmt den hinteren Bereich des Zeltes ein.
Mit einem exzellenten Lichtdesign wird die Show in idealer Weise in Szene gesetzt.

Im höchst stimmigen Opening der Show begrüßt "Monsieur Loyal" Pierre Paillé ein Gradseigneur der Manege, charmant das Publikum. Wie stets präsentiert er sich als souveräner und eloquenter Manegensprecher. Nachdem er, gemeinsam mit Clown Rony die mitwirkenden Artisten aus der Dunkelheit "erscheinen" ließ, eröffnet das Ensemble mit einem Charivari die Show.
Clown Rony und der Direktionsnachwuchs benötigen ein Taxi und prompt rollt Gaspar Monteiro mit seiner "Esmeralda" in die Manege. Doch kaum haben die Passagiere Platz genommen, zickt das Gefährt herum. Türen und Trittbretter fallen ab, Gummihühner fliegen aus dem Motorraum und der Versuch den Motor mit einer Kurbel zu starten lässt das eigenwillige Auto mit den Scheinwerfern nicken. Beim abschleppen mit einem Seil scheint das Auto mit lautem Knall auseinander zu bersten.
Antonin und Helena Rapolli präsentieren sich als rasante Tempo-Jongleure. Variantenreiche Routinen mit Keulen bestimmen den ersten Teil des Acts. Temporeich und gekonnt agieren beide Partner mit den Requisiten. Die folgende Passagen der Fußballjonglage - mit bis zu fünf Bällen - sehen ausschließlich Antonin Rapolli in Aktion. Zum effektvollen Abschluss des Auftritts jongliert das Duo im Zwei-Mann-Hoch noch einmal mit Keulen.
Im zweiten Teil der Show sehen Helena Rapolli mit ihrer Slinky-Darbietung. Die genretypischen Abläufe lassen in erster Linie die jungen Zuschauer rätseln, wie die „kopflose Gestalt“ „funktioniert“.

Juniorchef Nicolas Bouglione bietet mit seiner verspielten Hundemeute eine von zwei Tier-Darbietungen der Show. Die sechs schwarz-weißen Vierbeiner unterschiedlicher Größen und Rassen tollen ausgelassen umher und bieten die unterschiedlichsten Sprungvarianten gekonnt dar.
„Laser-Woman“ Ofelia Nistorov-Bouglione zaubert mit den bunten Lichtstrahlen vielfältige Muster. Geschickt werden die Strahlen variantenreicher Weise manipuliert und immer wieder ändern sich Farben und Muster des Lichtes.

Immer wieder aufs Neue fasziniert Reinaldo Monteiro mit seinem fulminanten Auftritt auf der Rola-Rola. Souverän und spielerisch leicht wirkend erfolgen die anspruchsvollen Balancen auf dem hohen Piedestal. Der Spitzentrick, die Balance auf sieben Unterlagen unter der Rola, lässt das Publikum gebannt den Atem anhalten.
Hervorragende Clownerie bieten Rony und Pierre Paillé. In exzellenter Weise übernimmt der Sprecher den seriösen Part und lenkt die Aktionen des tolpatschigen und übermütigen August in die richtigen Bahnen. Zunächst versuchen sich die beiden Komödianten als Kunstschützen – mit zweifelhaftem Erfolg.

Ein Stapel Kartons, die der August in der Manege platziert, erregt das Missfallen des „Monsieur Loyal“ und im Stil von „musizieren verboten“ versuchen die beiden Parteien ihren Kopf durchzusetzen.
Schließlich erleben wir das Duo mit seiner Variante des „Spukschloss“. Gekonnt dargeboten, mit hervorragenden Requisiten und ebensolcher Ausleuchtung ideal in Szene gesetzt, erfüllen sie den Klassiker mit Leben und lassen das Publikum fasziniert mitgehen.

Die „Ethiopian Princesses“ beweisen ihre außergewöhnliche Körperbeherrschung mit einem erstklassigen Kontorsions-Act. Geschmeidig bringen sie ihre Körper und Gliedmaßen in die extremsten Positionen und zahlreiche Handstände fügen sich gekonnt in den Ablauf ein. Die zierlichen jungen Frauen bilden etliche Pyramiden und machen den erforderlichen enormen Kraftaufwand durch die leicht wirkenden Abläufe beinahe vergessen.
Einen Schuss Exotik bringen die Papageien von Dari Jahn in die Bouglione-Manege. Fünf farbenprächtige Aras und ein weißer Kakadu zeigen sich als echte Showtalente. Die Aras überbringen einer Besucherin eine Rose, tanzen und turnen auf ihren Sitzen und ziehen ihre Bahnen durch die hohe Zeltkuppel, während der Kakadu durch Ringe, die Zuschauerkinder emporhalten, hindurch fliegt.
Für Nervenkitzel in der Show sorgten die Fahrten im „Globe of Death“. Die beiden Fahrer aus Portugal zeigten eine Reihe der genreüblichen Stunts. In der Zwischenzeit wurde die Darbietung vom „Splitting Globe“ des Team Nogeira abgelöst.
Eine faszinierende, außergewöhnliche Darbietung am Vertikalseil arbeitet das rumänische „Duo Endless Love“. Die Partnertricks mit riskanten Abfallern werden ohne Vorteil ausgeführt und nutzen mit weiten Flügen den Raum in der Kuppel. Besonders spektakulär sind die Passagen in der Porteur sich nur im Zahnhang an Requisit hält und die Partnerin an seinen Füßen hängt.

Im flott inszenierten Finale, mit Einzelvorhängen für alle Mitwirkenden, verabschiedet sich das Ensemble vom äußerst zufriedenen Publikum.
Der Cirque Alexandre Bouglione, der größte in Belgien reisende Circus, bietet stets ein sehenswertes Programm, das in einem erstklassigen Ambiente in hervorragender Weise präsentiert wird.