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Text und Fotos Friedrich Klawiter
14. FESTIVAL INTERNATIONAL DU CIRQUE DE NAMUR
Namur, 27. Oktober 2018

http://festival-cirque-namur.com
Die vierzehnte Ausgabe des von Impresario Emmanuel Horwood geschaffenen großen Circusevents findet derzeit statt. Wieder einmal sind die Zeltanlagen in Namur auf der „Esplanade du Citadelle“ hoch über der Stadt aufgebaut.
Zum zweiten Mal stellt Louis Knie jr. mit seinem Circus das technische Equipment für die Veranstaltungsreihe zur Verfügung.
Die in fünf Segmente gegliederte Fassade besteht aus riesigen blauen Bannern, die mit Abbildungen von Preisträgern vorangegangener Produktionen bedruckt sind und über dem Portal prangt das Logo des Events.
Das große weiße Chapiteau mit roten Applikationen nimmt den zentralen Raum ein und ist mittels eines Tunnels mit dem Vorzelt verbunden. Stallungen und großzügig bemessene Paddocks beanspruchen einen großen Teil des Platzes; die Transportfahrzeuge und Wohnwagen sind in langen Reihen rechts und links der Zeltanlagen aufgefahren.
Rot ist die vorherrschende Farbe im Innern der festlich gestalteten Zeltanlagen. Teppichboden, Seitenwände, Verkaufswagen und Stände im Foyerzelt sind in diesem Ton gehalten. In einer Vitrine sind die Siegertrophäen, individuell gestaltete kunstvolle Plastiken aus edlen Metallen ausgestellt.
Der riesige, raumhohe Artisteneingang, aus edlem roten Samt mit goldfarbenen Akzenten ist mit dem vorgebautem Musikerpodium der Blickfang im Spielzelt. Die Logen sind ebenfalls mit dem edlen Tuch bespannt und im Dekor perfekt abgestimmt. Den restlichen Raum nimmt ein zehnreihiges Klappsitzgradin ein.

Louis Knie jr. führte wiederum Regie und formte die eigens für das Festival engagierten Darbietungen zu einer exzellenten, mitreißenden Show mit einem sich stetig steigernden harmonischen Spannungsbogen. Mit einem hervorragenden Lichtdesign und ebensolcher musikalischen Begleitung, Maestro Alex Bozic und seine drei Musiker sorgen für den Sound, setzt er die Show in stimmungsvoller Atmosphäre erstklassig in Szene.
Emmanuel Horwood lies es sich nicht nehmen wiederum den Part des Manegensprechers zu übernehmen. Er führt als eloquenter „Monsieur Loyal“ gekonnt durchs Programm.
Steacy Giribaldi und ihre Evolutionen auf der Freistehenden Leiter sind gleich zu Beginn der Show zu erleben. Sicher und flott bewältigt sie die unterschiedlichen Balancen. Zum Höhepunkt des Auftritts wird auf der Leiter eine Strecke zurückgelegt, deren Tritte etwa die Größe einer Untertasse haben.
Clown Jimmy Folco ist der rote Faden der Show mit einigen Szenen seines umfangreichen Repertoires zu erleben. Mit einem Jungen aus dem Auditorium initiiert er einen Wettbewerb im Wasserspucken. Wenig später sehen wir den Clown als „stärksten Mann der Welt“. Im Habitus „alter Kameraden“ biegt er Eisen, sprengt Ketten und jongliert mit Eisenkugeln. Als kühner Indianerhäuptling muss er Federn lassen, wenn die Stallmeisterin versucht, eine Zeitung mit der Peitsche zu zerlegen. Im umfangreichsten Auftritt erleben wir Jimmy Folco - „ich bin der Bruder von Fellini“ - mit einer stringent ablaufenden eigenen Version der Filmszene.

Die starken Darbietungen des Duo Romance kommen auch in diesem Rahmen bestens beim Publikum an. Zunächst erzählen die beiden sympathischen Artisten eine Love-Story an den Strapaten, hoch in der Kuppel des Chapiteau. Eine Reihe hervorragend ausgeführter, teils riskanter - und völlig ungesichert ausgeführter - Tricks - lässt das sinnliche Spiel beim Publikum bestens ankommen.
Am Chinesischen Mast tanzt das Paar einen fulminanten Tango. Die kraftvoll gearbeiteten Tricks werden in einem erstklassigen Ablauf zu perfekt abgestimmter Begleitmusik geboten.
Gleichfalls mit zwei starken Darbietungen ist das Duo Costache in der Show vertreten. Im ersten Teil des Programms sehen wir ihre Perch-Darbietung. Die verschiedenen hohen Stangen werden vom Porteur auf dem Kinn, der Stirn und der Schulter balanciert. Während die Partnerin eine Handstandwaage auf der Spitze einer Perch ausführt, erklimmt der Untermann eine Leiter. Effektvoll endet der Auftritt mit Loopings, die mit einem Fahrrad in einem Gestell auf einer Schulterperch gedreht werden. Direkt nach der Pause sehen wir die hervorragende Nummer des Duos am stehenden Trapez. Vielfältige Partnertricks werden mit einer Prise Humor gewürzt geboten. Ohne Vorteil und unter Verzicht auf jedwede Absicherung werden die meisten Figuren von einem und auch beiden Partnerin im Zahnhang absolviert.

Besondere Höhepunkte des Show bilden die Pferde-Darbietungen von Meisterdresseur Louis Knie jr. Vor der Pause erleben wir eine temperamentvolle „Ungarische Post“, in der Sara Berousek als verwegene Stehendreiterin auf einem prächtigen Friesengespann die Manege umrundet. Nach den ersten Runden, in denen ein Araberschimmel mehrfach unter der Reiterin hinweg das Gespann passiert, nimmt sie die Zügel des ersten Voraus-Pferdes auf. Mehr und mehr Pferde kommen hinzu und schließlich hält die junge Frau zwölf Zügel in der Hand während sie um die Manege prescht.
Eine Hohe Schule am langen Zügel markiert den Beginn der Pferdedressuren, die Louis Knie jr. in exzellenter Manier präsentiert. Gekonnt und ungeheuer souverän agiert der erfahrene Circusmann und Dresseur stilbewusst im eleganten schwarzen Frack. Die ersten Touren absolvieren sechs weiße Araberhengste, die ohne Einsatz von Chambrière und Gerte nur mittels Fingerzeigen und Stimme von Louis Knie jr. dirigiert werden. Beim Fächerlauf zu sechs verlässt er gar den roten Ring und die Pferde agieren größtenteils selbständig. Sechs junge braune Araberhengste ergänzen die Formation zum Zwölfer-Zug, der in erstklassiger Weise vielfältige Lauffiguren absolviert. Nun formiert der Meisterdresseur einundzwanzig Pferde zu einem großen Karussell, das auf drei Zirkeln die Manege umrundet. Eine große Anzahl unterschiedlicher Steiger bildet den furiosen Abschluss dieser herausragenden Freiheitsdressur, die in Perfektion und spielerisch leicht wirkend vorgetragen wird. Chapeau.
Als dritte Tier-Darbietung ist Vlad Olandar mit seiner bestens bekannten Arbeit mit acht schneeweißen Hauskatzen zu erleben.

Zwei Luft-Darbietungen komplettieren die formidable Spielfolge.
Am Schwungtrapez präsentiert Kaely Michels Gualtieri ihr Können. Die sympathische Artistin bietet – longengesichert – eine umfangreiche Abfolge hochkarätiger Tricks des Genres. Zahlreiche Abfaller, Salto und Pirouetten reihen sich in hohem Tempo aneinander und lassen das Publikum begeistert mitgehen.
Als finale Darbietung ist die Troupe Danguir auf dem Hochseil zu erleben. Über Schrägseile erreichen zwei der acht Truppenmitglieder das Hochseil. Schrittkombinationen, Seil springen, doppeltes Zwei-Mann-Hoch und überspringen von zwei Partnerinnen gehören zum Trickrepertoire. Die spektakuläre Siebener-Pyramide, die ansonsten den Höhepunkt des Auftritts bildet, kann für einige Tage nur in einer rudimentären Variante mit sechs Personen gezeigt werden, da wegen nicht erteilter Visa für drei marokkanische Truppenmitglieder unmittelbar vor der Premiere Ersatz in den Truppenverbund integriert werden musste.
Mit einem großen und schwungvoll präsentierten Finale klingt dieses hochkarätig besetzte und höchst unterhaltsam präsentierte Festival-Programm aus. Mit Standing Ovations feiert das Publikum die Artisten und taten ihre Begeisterung kund. Traditionsgemäß bilden die Artisten im Vorzelt ein Spalier und viele Gäste nutzen die Gelegenheit zu einem gemeinsamen Foto mit ihrem Favoriten auf einen der Preise, die bei diesem Festival per Besuchervotum vergeben werden.